Schwer verliebt: Roman (German Edition)
heute«, erwidert sie klagend. »Sie essen alle in Water Hall .« Sie spricht den Namen aus, als sei er giftig.
Water Hall, das Studentenwohnheim auf der anderen Seite des Parks und unser schärfster Rivale, ist kürzlich renoviert worden und hat jetzt einen eigenen Pool im Keller. Nachdem die Presse und auch die Studenten angefangen hatten, Fisher Hall als Todestrakt zu bezeichnen, bekam ich zahlreiche Anrufe von Eltern, die verlangten, dass ihre Kinder nach Water Hall verlegt werden sollten. Die stellvertretende Wohnheimleiterin dort bildet sich ein, das hätte alles nur mit ihr zu tun.
Ich habe ihr aber eins ausgewischt, als wir in den Winterferien während einer Personalfortbildung eine Vertrauensübung machen mussten. Wir mussten uns rückwärts vertrauensvoll in die Arme des Partners fallen lassen, und dabei habe ich sie zufällig nicht festgehalten.
»Na ja«, beruhige ich Magda jetzt, »das ist doch normal. Sie haben Angst. Wenn die Polizei erst einmal den Mörder gefasst hat, kommen sie schon wieder zurück.«
»Wenn die Polizei den Mörder fasst«, sagt Magda düster.
»Sie werden ihn schon kriegen«, versichere ich ihr. Um sie aufzuheitern, füge ich hinzu: »Rate mal, mit wem ich gestern zu Abend gegessen habe.«
Magdas Gesicht hellt sich auf. »Mit Cooper? Hat er dich endlich gefragt?«
Jetzt verdüstert sich mein Gesichtsausdruck. »Nein. Mit meinem Dad. Sie haben ihn aus dem Gefängnis entlassen, und er ist hier, in der Stadt.«
»Dein Dad ist aus dem Knast?« Pete kommt mit einer leeren Kaffeetasse in der Hand vorbei. Wahrscheinlich will er sich noch einen Kaffee holen. »Im Ernst?«
»Im Ernst«, erwidere ich.
»Ach was.« Pete hat seinen Kaffee anscheinend vergessen und mustert mich fasziniert. »Worüber habt ihr geredet?«
Ich zucke mit den Schultern. Dieser blöde Mark und sein ansteckendes Schulterzucken. »Ich weiß nicht«, sage ich. »Über ihn. Über mich. Über Mom. Von allem ein bisschen.«
Magda ist genauso fasziniert. Sie beugt sich vor und sagt: »Ich habe mal ein Buch gelesen, wo der Mann ins Gefängnis muss, und als er herauskommt, ist er… du weißt schon. Wie dein Chef, Tom. Weil er so lange nicht mit einer Frau zusammen war.«
Ich ziehe die Augenbrauen hoch. »Ich bin ziemlich sicher, dass mein Dad nicht schwul geworden ist, Magda«, erwidere ich. »Wenn du das meinst.«
Enttäuscht lehnt sich Magda wieder auf ihrem Stuhl zurück. »Oh.«
»Was will er?«, fragt Pete.
Ich starre ihn an. »Er will gar nichts.«
»Der Mann kommt direkt aus dem Gefängnis«, sagt Pete ungläubig, »behauptet, er will nichts von dir und du glaubst ihm? Was ist denn mit dir los?«
»Na ja«, erwidere ich zögernd, »er hat gesagt, er bräuchte
nur einen Platz, wo er ein paar Tage wohnen kann, bis er wieder Fuß gefasst hat.«
Pete bellt ein Ich habe es dir doch gesagt- Lachen.
»Und wenn schon!«, sage ich. »Er ist immerhin mein Vater und hat mich die ersten zehn Jahre großgezogen.«
»Ja, genau«, meint Pete zynisch. »Und jetzt will er an deinem Ruhm und deinem Vermögen teilhaben.«
»Was für ein Vermögen?«, sage ich. »Er weiß doch ganz genau, dass seine Exfrau mir mein ganzes Geld gestohlen hat.«
Kichernd macht sich Pete auf den Weg zum Kaffeeautomaten.
»Er will einfach nur die Beziehung zu der Tochter, die er kaum kennt, wieder aufbauen«, rufe ich ihm hinterher, aber er lacht nur noch mehr.
»Ist schon gut, Liebes«, sagt Magda und tätschelt mir die Hand. »Achte gar nicht auf ihn. Ich finde es schön, dass dein Daddy wieder da ist.«
»Danke«, sage ich empört. »Das ist es ja auch.«
»Natürlich. Und was hat Cooper gesagt, als du ihn gefragt hast, ob dein Daddy einziehen könnte?«
»Na ja«, sage ich und weiche Magdas Blick aus. »Bis jetzt hat er noch gar nichts dazu gesagt, weil ich ihn noch nicht gefragt habe.«
»Oh«, sagt Magda.
»Ich habe Cooper einfach noch nicht gesehen«, füge ich rasch hinzu. »Er ist mit einem Fall beschäftigt, sobald ich ihn erwische, frage ich ihn natürlich. Er wird schon nichts dagegen haben. Mein Dad will nämlich wirklich sein Leben völlig umkrempeln.«
»Ja, natürlich«, sagt Magda.
»Nein, Magda, ich meine das ernst.«
»Ja, ich weiß, Liebes«, sagt Magda, aber ihr Lächeln erreicht ihre Augen nicht. Eigentlich genauso wie bei Dad.
Aber bei ihr hat das sicher nichts mit dem zu tun, was ich ihr gerade erzählt habe. Es hat ganz bestimmt nur etwas mit Lindsay zu tun.
Und Pete … Ach, soll er doch lachen.
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