Schwer verliebt: Roman (German Edition)
sind auch schon die Sanitäter da und schieben uns beide beiseite. Eigentlich bin ich erleichtert, weil ich denke, dass jetzt alles in Ordnung kommt.
Aber das zeigt bloß, wie wenig ich weiß.
15
»Little White Lie«
Von Heather Wells
Wissen Sie, was passiert, wenn jemand während eines drittklassigen College-Basketballspiels, das von New York One übertragen wird, beinahe ermordet wird?
Alle spielen weiter.
Genau.
Natürlich wurden Polizisten an allen Ausgängen postiert, aber sie beendeten das Spiel – das die Stiefmütterchen im Übrigen vierundzwanzig zu vierzig verloren, allerdings nicht wegen Manuel. Das hat ihnen nämlich keiner erzählt. Nein, sie haben es einfach nur nicht gebracht. Und nach dem Spiel hielten die Bullen am Ausgang alle Zuschauer an und ließen sich Hände, Füße und den Inhalt der Taschen zeigen, sodass sie sie auf Blut und Waffen überprüfen konnten.
Aber sie sagten niemandem, nach was sie suchten.
Sie fanden auch nichts Belastendes. Sie konnten noch nicht mal die Männer mit Basketballmasken zum Verhör da behalten, weil so gut wie alle männlichen Besucher solche Masken trugen.
Es lag ja auch auf der Hand, für mich jedenfalls, dass die Typen, die Manuel niedergestochen hatten, schon längst über alle Berge waren. Ich meine, ich bezweifle sehr, dass sie sich das Spiel noch zu Ende angeschaut haben. Wahrscheinlich waren sie schon draußen, noch bevor die Polizei eintraf.
Sie waren bei der demütigenden Niederlage der Stiefmütterchen gar nicht mehr dabei.
Ich im Übrigen eigentlich auch nicht. Denn kaum hatten die Sanitäter Manuel mit seinem herzkranken Onkel in den Krankenwagen geschafft und waren davongefahren – der Notarzt sagte, er habe viel Blut verloren und einige innere Verletzungen, da jedoch kein lebenswichtiges Organ getroffen worden sei, würde er wahrscheinlich durchkommen –, brachten sie mich ins Präsidium, wo ich mit Detective Canavan Verbrecherfotos anschauen musste, obwohl ich ihm laut und deutlich erklärte, dass ich wegen der Masken die Gesichter gar nicht gesehen hatte.
»Was war mit ihrer Kleidung?«, will er wissen.
»Ich habe es Ihnen doch schon gesagt«, erwidere ich zum mindestens dreißigsten Mal. »Sie trugen ganz gewöhnliche, alltägliche Sachen. Jeans. Flanellhemden. Nichts Besonderes.«
»Und Sie haben nicht gehört, dass sie irgendetwas zum Opfer gesagt haben?«
Es irritiert mich, dass Detective Canavan Manuel ständig als Opfer bezeichnet. Dabei weiß er ganz genau, dass er einen Namen hat und wie er heißt.
Vielleicht ist es ja wie mit Sarahs Galgenhumor, und er distanziert sich dadurch von solchen Gewaltakten.
Ich würde mich auch gerne davon distanzieren. Jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich das Blut. Es war nicht rot, wie das Blut im Fernsehen. Es war dunkelbraun, so wie die Knie meiner Jeans jetzt sind.
»Sie haben nichts gesagt«, erwidere ich. »Sie haben nur auf ihn eingestochen.«
»Was wollte er da an den Getränkeautomaten?«, will Detective Canavan wissen.
»Woher soll ich das wissen?« Ich zucke mit den Schultern. »Vielleicht hatte er Durst. Die Schlange am Kiosk war echt lang.«
»Was wollten Sie denn da?«
»Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Ich musste zur Toilette, und in der anderen Damentoilette war es mir zu voll.«
Als Detective Canavan im Sportkomplex eintraf – natürlich hatten wir ihn angerufen, um ihm zu erzählen, dass Manuel erklärt hatte, er habe Lindsay einen Schlüssel gegeben –, hatte ich vorgeschlagen, er sollte das Spiel abbrechen und jede einzelne anwesende Person verhören, vor allem Coach Andrews, der anscheinend viel tiefer in die Sache verwickelt war, als ich ursprünglich angenommen hatte.
Aber Präsident Allington, der leider über den Vorfall informiert werden musste, da so viele Polizisten im Gebäude umherschwirrten, war absolut dagegen. Er meinte, gleich würde das Spiel weiter auf New York One übertragen, und außerdem habe das College genug schlechte Publicity für eine Woche gehabt. Das Letzte, was die Schule brauchen könne, seien Reporter, die überall herumschwirrten
und Fragen zu einem Verbrechen stellten, das seiner Meinung nach überhaupt nichts mit Lindsays Tod zu tun habe, obwohl ich ihm erzählte, was Manuel gesagt hatte.
Präsident Allington versicherte uns auch, dass New York One uns durchaus verklagen könnte, wenn das Spiel jetzt abgebrochen würde, weil sie dann eine Million Dollar an Werbung verlieren würden.
Ich
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