Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band
der Sarg in den Leichenwagen
geschoben, und eine Wählerschaft, die Davida geliebt hatte, entbot ihr ihren letzten Abschied. Der Gottesdienst am Grab sollte eine kleine und private Angelegenheit sein.
Amanda schaute auf ihre Armbanduhr, als sie und Barnes das Auditorium verließen. Sie schlossen sich der riesigen schwarzen Menschenwoge an, die sich zu den Ausgängen bewegte. Es war kurz nach drei. »Findet dein Abendessen von Mann zu Mann immer noch um halb sechs statt?«
»Soweit ich weiß.«
»Hast du Newell hier gesehen?«
»Ich habe nach ihm Ausschau gehalten und konnte ihn nirgendwo entdecken«, antwortete Barnes. »Wir haben noch ein bisschen Zeit totzuschlagen. Was hältst du von einer Tasse Kaffee?«
»Warum nicht?«
Sie ging ein Stück vor ihm her, bahnte sich einen Weg durch die Menge. Höflich, aber immer noch sauer.
Außerhalb des Auditoriums holte Barnes sie ein. »Ich habe Newell heute Morgen angerufen. Du bist zum Abendessen eingeladen.«
»Warum der Meinungsumschwung?«
»Weil du dabei sein solltest. Nach dem Essen schnappe ich mir Donnie, und du widmest dich Jill Newell, ganz wie du gesagt hast.«
Mehrere Schritte sagte keiner der beiden Detectives ein Wort.
»Du weißt, dass ich ein Einzelgänger bin, Amanda«, sagte Barnes. »Ich arbeite gut mit Partnern, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Das ist mir ein bisschen unangenehm, aber nicht zu unangenehm. Ich bin nun mal so, wie ich bin. Aber das heißt nicht, dass ich es nicht in Ordnung bringen kann, wenn jemand mich auf meine Fehler hinweist.«
Sie gingen schweigend noch ein paar Schritte.
»Hast du Newell gesagt, dass ich auf jeden Fall komme?«
»Ich habe gesagt, vielleicht kämst du. Ich wüsste nicht, ob du was anderes vorhast.«
»Jetzt nicht mehr.«
»Dann rufe ich Donnie an und sage ihm, du kommst.«
»Wie wär’s, wenn ich Jill anrufe und sie frage, ob es okay ist, wenn ich zum Abendessen komme? Und wenn sie ja sagt, danke ich ihr persönlich und frage sie, ob ich irgendwas mitbringen soll.«
»Von Frau zu Frau«, sagte Barnes.
»Von Mensch zu Mensch.«
Als Hauptstadt Kaliforniens war Sacramento ein feiner Gastgeber für seine Politiker. Es hatte exklusive Restaurants, mehrere Kunstmuseen, freundlicherweise von der Crocker Bank zur Verfügung gestellt, Konzertsäle, ein paar Theater und die ARCO-Arena mit ihrem NBA-Team, den Kings, den Beinahe-Champions. Aber wie die meisten Städte hatte sie multiple Identitäten.
Im Fall Sacramentos hieß das eine Goldgräber-Vergangenheit und eine landwirtschaftliche Gegenwart. Wenn die Kings es bis in die Endrunde schafften, kamen die Fans mit Kuhglocken bewaffnet zu den Spielen.
Barnes war in einer halbländlichen Gemeinde fünfundzwanzig stille Kilometer, von der Kuppel des Capitols entfernt aufgewachsen, wo er wie die meisten seiner Schulkameraden lernte, wie man mit einem Gewehr schießt und seine Fäuste gebraucht. Die bevorzugte Musik war Country für den Massengeschmack und Bluegrass für diejenigen, die es mit Gitarre und Fiedel ernst meinten. Dass er einen schwulen Bruder hatte und in Berkeley lebte, hatte Barnes’ Perspektive verändert, ihren Ursprung aber nie völlig ausradiert. Wie Amanda festgestellt hatte, fiel er manchmal
in die Cowboy-Rolle zurück. Manchmal zu seinem Nachteil.
Aber dies war keine dieser Gelegenheiten. Während er an dem großen Kiefernholz-Esstisch der Newells saß, seinen Cowboy-Schlips um den Hals, eine weiche Wrangler und gut eingelaufene Stiefel an den Füßen trug, fühlte er sich ganz zu Hause.
Das Haus im Stil einer Ranch stand auf vier mit Eichen und Eukalyptusbäumen bewachsenen Hektar in einer halb landwirtschaftlichen Umgebung mit Scheunen und Koppeln. Die Sitzmöbel waren ein Lederensemble aus einem Kettenladen bis hin zu zwei bequemen Fernsehsesseln mit zwei Becherhaltern gegenüber von einem Flachbildschirm mit einem Durchmesser von einem Meter fünfzig. Soweit das Auge reichte, stammte die Kunst von den Newell-Kindern. Das Tischgespräch bestand weitgehend aus den Bitten der Kinder an die Erwachsenen, doch das Essen weiterzureichen. Jeder lobte Jills Kochkünste, was nicht übertrieben war. Jill schien die Aufmerksamkeit nicht sehr zu genießen. Sie war schon immer eine schüchterne Frau gewesen.
Während des Essens riskierte Barnes mehrere Seitenblicke auf Amanda, die zurückhaltend aß und das Benehmen der drei Kinder mit Komplimenten bedachte.
Nach Barnes’ Ansicht war Don daran unschuldig, denn er war locker und zu
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