Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band
anders überlegt, andere machten ihr von Anfang an Schwierigkeiten.«
»Inwiefern?«
»Sie erhoben Einwände gegen die Kosten, die sie zur Förderung des Vorschlags eingeplant hatte, und sagten, man solle dem durch die Initiative gegründeten Institut eine Chance geben.« Kurtag runzelte die Stirn. »Wissenschaft ist nicht billig. Welche lohnende Bestrebung ist billig?«
»Hat sie jemals mit Ihnen über persönliche Ängste gesprochen?« Als Kurtag nicht zu verstehen schien, formulierte Barnes seine Frage präziser. »Hatte sie vor irgendjemandem oder irgendetwas besonders Angst?«
»Sie hat nie irgendwas zu mir gesagt … außer dass sie sich verraten fühlte.«
»Verraten?«
»Von ihren Kollegen.«
»Von welchen?«
»Ich erinnere mich nicht. Ich ordne Daten, führe Experimente
durch, schreibe Berichte, Detective. Mit der eigentlichen Einflussnahme auf Parlamentarier habe ich nichts zu tun.« Sie legte eine Pause ein. »Es gab eine Abgeordnete … Elaine Soundso.«
»Eileen Ferunzio.«
»Genau die. Davida war wütend auf sie. Offenbar hatte Davida kürzlich eines von ihren Gesetzen befürwortet, und als Eileen nicht das Gleiche für sie tun wollte, fühlte sie sich verraten und verkauft. Aber es gab nie auch nur den geringsten Hinweis darauf, dass Eileen gefährlich wäre. Das ist absurd.«
Da war Barnes nicht so sicher. »Wir haben gehört, Davida hätte Drohbriefe bekommen.«
»Drohbriefe?« Alice dachte darüber nach. »Ach, von diesem Irren in Orange County? Sie schien darüber eher amüsiert als beängstigt zu sein.«
»Erinnern Sie sich an den Namen des Irren?«
»Harry Soundso.«
»Harry Modell?«
»Ja.« Die Wissenschaftlerin machte einen ärgerlichen Eindruck. »Wenn Sie das alles schon wissen, warum vergeuden Sie dann meine Zeit?«
»Ich weiß ein paar Dinge, aber nicht alles. Also nahm sie Modells Drohungen nicht ernst?«
»Meiner Ansicht nach nicht. Sie erwähnte irgendwas in der Art, dass sie gewisse Dinge über ihn wüsste und dass all seine Drohungen nur Getöse seien.«
»Was für Dinge?«
»Das hat sie nicht ausgeführt.«
»Dinge, die sich für eine Erpressung eignen?«
»Oh, bitte, warum sollte sie Zeit damit verschwenden, einen Verlierer wie ihn zu erpressen?«
Barnes ließ nicht locker. »Kamen keine Drohbriefe mehr, nachdem Davida diese ›Dinge‹ erwähnt hatte?«
»Das weiß ich wirklich nicht. Es war kein Thema bei unseren Treffen.«
»Wie oft hat sie Harry Modell erwähnt?«
Sie machte eine ausladende Armbewegung. »Vielleicht zwei-, dreimal.«
»Wann hat sie ihn zum letzten Mal erwähnt?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, Detective.«
»Vor einer Woche? Vor einem Monat?«
»Vielleicht vor einem Monat, aber ich könnte es nicht beschwören. Sie machen wirklich zu viel Aufhebens um ihn. Ist das alles? Ich bin ohnehin schon genug abgelenkt. Ich muss wirklich wieder zurück an die Arbeit.«
»Bitte, Dr. Kurtag, gedulden Sie sich noch einen Moment. Hat Davida je mit Ihnen über Minette Padgett geredet?«
Alice schien sich unbehaglich zu fühlen. »Glauben Sie, dass Minette sie umgebracht hat?«
Die Unverblümtheit von Kurtags Frage verblüffte Barnes. »Was denken Sie?«
»Ich denke, dass ich nicht über Minette sprechen möchte, falls Sie nicht glauben, dass sie etwas mit Davidas Tod zu tun hatte.«
Barnes ging darauf nicht ein. »Minette hatte eine Affäre … mit einem Mann. Wusste Davida das?«
Kurtags Blick wurde schärfer. »Davida hat nicht so gro ßen Wert auf ihr Privatleben gelegt. Sie hatte wichtigere Dinge, die sie umtrieben.«
»Was soll das heißen? Sie wusste Bescheid, aber es war ihr egal?«
Keine Antwort.
»Hatte sie vor, Minette den Laufpass zu geben?«, fragte Barnes. »Hatte sie selber eine Affäre?«
Alice Kurtags Augen wanderten zur Decke. »Es wäre hilfreich, wenn Sie nicht mehr als eine Frage auf einmal stellen würden.«
»Also gut«, sagte Barnes. »Wusste Davida von Minettes Affäre?«
»Sie spielte darauf an - Minette hält sich für raffiniert, aber das ist sie nicht. Davida schien es jedenfalls nichts auszumachen, Detective. Sie war Minettes Gejammer ein bisschen leid.«
»Wollte sie mit Minette Schluss machen?«
»Davon hat sie nie etwas gesagt.«
»Wissen Sie, ob Davida mit jemand anderem ein Verhältnis hatte?«
»Nein, weiß ich nicht. Offen gestanden kann ich mir nicht vorstellen, wann sie dazu Zeit gehabt haben sollte.«
»Es tut mir leid, Sie das fragen zu müssen, Dr. Kurtag, aber wo waren Sie gestern
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