Schwere Wetter
hätte.
Noch etwas fiel
Lüder ein. Sylvana Wullenweber hatte davon gesprochen, dass ihr Mann Dustin
McCormick getroffen hatte. Jetzt verstand Lüder auch, welche Fragen die beiden
Mordopfer zusammengeführt hatten.
Im Radio hatte
Lüder » NDR Info« eingeschaltet. Der Sender war
für seinen investigativen Journalismus bekannt. Zwischen den viertelstündlichen
Nachrichtenblöcken war ein Interview mit dem Datenschutzbeauftragten
eingeblendet. Der über die Landesgrenzen hinaus bekannte Mann warnte vor dem
Missbrauch der Daten, vor der Teilnahme an Bonusprogrammen und freizügiger Adressweitergabe.
Der Staat, so forderte der Datenschutzbeauftragte, müsse die Medienkompetenz
gerade der jüngeren Generation fördern.
Das ist, dachte
Lüder, als würde man den Wachhund beauftragen, auf die Leberwurst zu achten, da
sich der Staat selbst als einer der eifrigsten Datensammler betätigte. Wie in
unserem Fall, fügte Lüder in Gedanken an. Und die Amerikaner sehen dabei sogar
über die Grenzen ihres Territoriums hinweg und haben unter dem Vorwand der
Terrorbekämpfung Zugriff auf Millionen von Kontobewegungen, die über das SWIFT -System laufen.
Nach den
Erfahrungen bei der letzten Fahrt nach Rendsburg vermied Lüder es, den Tunnel
zu benutzen. Er fuhr Richtung Flensburg, nahm die erste Abfahrt hinterm Kanal
und durchquerte Büdelsdorf. Vom Kreisverkehr am Ortseingang konnte man das
futuristische Gebäude der »securus consulting« erkennen.
Der Beamte von der
Operativen Technik, der Jens Tödters Weg über die GPS -Ortung
verfolgte, hatte ihm berichtet, dass der Systementwickler ebenfalls weiter in
die Stadt gefahren war. Er hatte das Parkhaus am Schiffbrückenplatz
angesteuert. Lüder folgte Tödter und fand den A3 mit dem Itzehoer Kennzeichen
zwischen anderen Fahrzeugen. Lüder stellte den BMW auf einem anderen Parkdeck ab.
Als er auf die
Straße trat, schlug er den Kragen seiner Jacke hoch. Schon seit Tagen regnete
es ununterbrochen. Heute fiel ein feiner Nieselregen, der von einem
unangenehmen kalten Wind begleitet wurde. Entsprechend wenig Passanten waren
unterwegs.
Die gern von
Kindern zum Spielen genutzten Skulpturen auf dem Platz waren heute ebenso
verwaist wie der Brunnen mit den drei Säulen, in denen das Wasser von Schale zu
Schale abwärtsplätscherte. Selbst in der Hohen Straße, dem Kern der
Fußgängerzone, waren nur wenige Menschen unterwegs. Nur in der geschützten
Altstadt-Passage war eine Handvoll Leute anzutreffen, die munter schwatzend
eine Mahlzeit oder ihren Kaffee einnahmen.
Wenig später stand
Lüder am Tresen in Dr. Wus Praxis der älteren Frau gegenüber.
»Ich möchte mit
Dr. Wu sprechen«, sagte er bestimmt.
»Das geht nicht.
Erstens haben Sie keinen Termin. Außerdem ist der Herr Doktor ausgebucht.«
»Das gilt nicht
für mich.«
»Hören Sie mal«,
empörte sich die Frau mit dem Dutt. »Was erlauben Sie sich.«
»Alles«, erwiderte
Lüder. Er hatte nicht die Absicht, mit der Praxishelferin Diskussionen zu
führen.
»Sie sind schon
der Zweite, der sich so unmöglich aufführt.«
»Ist der andere
bei Dr. Wu?«, fragte Lüder.
»Ja, schon. Aber –«
»Dann muss ich
dringend dazustoßen. Die Herren erwarten mich zwar nicht, aber ich gehöre in
die Runde.«
»Sie können doch
nicht …«, sagte die Frau. Sie hatte sich jetzt einen keifenden Tonfall
zugelegt.
Lüder machte zwei
Schritte auf die Tür des Behandlungszimmers zu, als sich die gegenüberliegende
Tür öffnete und für einen Herzschlag ein Gesicht erschien. Lüder hatte den Mann
erkannt. Der wollte die Tür wieder schließen, hatte aber registriert, dass
Lüder ihn bemerkt hatte.
Blitzschnell riss
er die Tür auf und hechtete an Lüder vorbei. Der versuchte, den Flüchtenden zu
packen, erwischte aber nur den Blouson. Sein Kontrahent schaffte es, sich zu
befreien. Auch Lüders zweiter Versuch ging ins Leere. Mit einem Satz hatte der
Mann die Tür erreicht und flüchtete ins Treppenhaus. Er hatte vielleicht zwei
Meter Vorsprung.
Mit Riesensprüngen
nahm er mehrere Stufen, stützte sich am Treppengeländer ab und schwang sich auf
dem Absatz um die Neunzig-Grad-Kurve. Lüder tat es ihm nach.
Am Fuß der Treppe
wandte sich der Mann nach links, stürmte durch die Ansammlung von Tischen des
Restaurants mit dem Angebot an asiatischen Speisen, griff nach einem Stuhl, um
ihn Lüder in den Weg zu werfen. Lüder gelang es, über das Hindernis
hinwegzuspringen.
Der Mann wandte
sich nach links und rannte durch den mit
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