Schwere Wetter
mir nicht
ganz sicher, ob er in meinem Büro war, als ich telefonierte. Das kann aber
sein.« Dann nannte sie einen Namen.
Lüder war
zufrieden. Das war ein Ankerstein in seinem Puzzle. Nun würden auch die
restlichen Teile leichter einzufügen sein, auch wenn es schwerfallen würde,
Beweise für seine Theorie zu erbringen.
»Haben Sie eine
Handynummer von Herrn Rottenberg?«
Frau Engel nickte
und nannte sie Lüder.
Auf dem Rückweg
zum Polizeizentrum Eichhof versuchte er, Dirk Rottenberg zu erreichen. Er
hinterließ eine Nachricht auf der Mobilbox. Wenige Minuten später rief
Rottenberg zurück.
»Dirk Rottenberg.
Sie hatten mich angerufen«, meldete sich der Uniassistent etwas atemlos.
»Wir haben uns am
Dienstag bei Waldow getroffen. Sie wirkten sehr erschrocken.«
»Ich war
überrascht, Sie dort anzutreffen«, gab Rottenberg zu.
»Anschließend
sollten Sie Ihren Prof am ZOB abholen. Warum ist
das nicht geschehen?«
»Ich hatte einen
zwingenden persönlichen Grund«, wich Rottenberg aus.
»Der interessiert
mich.«
»Ich war in
Lütjenburg.«
»Das ist mir
bekannt. Und zwar in der Straße Steinjord.«
Lüder spürte, wie
es Rottenburg die Sprache verschlug. »Woher wissen Sie das?«, fragte er nach
einer Weile.
»Auch die Polizei
bedient sich zuweilen moderner Technik. Ich möchte von Ihnen wissen, was Sie in
Lütjenburg gemacht haben, um es mit meinen vorliegenden Erkenntnissen
abzugleichen. Das würde den Wahrheitsgehalt Ihrer Aussagen untermauern.« Lüder
verschwieg die Überwachung per GPS -Verfolger. Er
nahm sich auch die Freiheit, von »Erkenntnissen« zu sprechen, obwohl er über
keine Informationen verfügte.
»Am Steinjord
wohnt die Mutter meiner Freundin. Antje Conradi.«
»Die Mutter der
jungen Dame, der ich durch Zufall in Ihrem Büro begegnet bin, als Sie ihr
praktische Tipps für die Hausarbeit erteilten?«
»Neeein«,
stammelte Rottenberg. »Bianca, also meine Freundin, studiert in Mannheim Volkswirtschaft.
Wir sind schon länger befreundet, und ich kenne ihre Mutter seit Langem. Antje
rief mich morgens an und sagte, bei ihr sei nachts eingebrochen worden. Man
hätte nichts gestohlen, weil Antje wach geworden war und die Einbrecher
womöglich verschreckt hatte. Trotzdem war sie schockiert und beunruhigt.«
Lüder wusste um
das Phänomen, dass der immaterielle Schaden bei einem Einbruch oft viel größer
war als der Wert des Diebesguts. Der Gedanke, im eigenen Heim nicht mehr sicher
zu sein, wirkte lange nach und verunsicherte die Opfer.
»Bianca hat mir
erzählt, dass ihre Mutter in Panik geraten war und sich nicht wieder einkriegen
konnte.«
»Und hat Sie
gebeten, auf Frau Conradi einzuwirken und sie zu beruhigen«, übersetzte Lüder.
»Genau so war das.
Deshalb konnte ich den Prof nicht abholen und habe mich am Morgen für den
Dienstag abgemeldet.«
»Sie hatten aber
noch Zeit, vor der Fahrt nach Lütjenburg Dolf Waldow aufzusuchen«, wandte Lüder
ein.
»Antje Conradi
hatte mich gebeten, erst um die Mittagszeit zu ihr zu kommen. Sie wollte
morgens noch ihren Arzt aufsuchen.«
Das klang
plausibel, auch wenn dieses Alibi noch zu überprüfen wäre. Wenn man von
Rottenbergs Auftrag, Professor Eglschwiler am ZOB abzuholen, Kenntnis erhalten hatte, war es ein geschickter Plan, Rottenberg
durch einen fingierten Einbruch nach Lütjenburg zu locken.
»Wer weiß um Ihre
Freundschaft mit Bianca Conradi und Ihren Draht zur Mutter in Lütjenburg?«
Rottenberg lachte
heiser auf. »Die halbe Uni. Man hat schon darüber gespottet, dass ich an den
Wochenenden zu Antje Conradi gefahren bin, um den Garten zu machen, und
behauptet, ich würde unter der Fuchtel meiner Schwiegermutter stehen.«
»Tun Sie das?«
»Nein«, bestritt
Rottenberg entschieden, aber es klang nicht überzeugend.
Im Büro nahm Lüder
einen Stapel Papier zur Hand und begann erneut, das Beziehungsgeflecht der
beteiligten Personen aufzuzeichnen. Wer kannte wen? Wer hatte mit wem
gesprochen? Gemeinsame Interessen? Welche Menschen arbeiteten zusammen? Gab es
Neid auf den Erfolg des anderen? Bestanden Abhängigkeiten?
Lüder ergänzte
seine für Dritte unübersichtliche Grafik um Bewertungen, wie sie
Ratingagenturen erteilten. Er vergab Sterne für Expertenwissen. Kleine Kreise
kennzeichneten Insiderwissen. Mahmud al-Rahman war nach Lüders Einschätzung
sowohl Experte als auch Insider, während Malmström um die Projektinhalte
wusste, aber sicher nicht Fachmann genug war, um die Programmierung
Weitere Kostenlose Bücher