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Schwere Wetter

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Lenkrad nach rechts gerissen und diesen Wagen
hier in Höhe des linken Hinterrads touchiert. Das überholende Fahrzeug war
schneller. Außerdem hat Wullenweber gebremst. Vermutlich hat er sich beim
Aufprall erschreckt, instinktiv das Bremspedal durchgetreten und gleichzeitig
nach rechts gelenkt. Das konnten wir anhand der Spurenlage am Unfallort
nachweisen. Der zweite Wagen ist am Variant entlanggeschrammt und hat ihn
regelrecht abgedrängt. Ich kann es nicht beweisen, und gerichtsfest wäre meine
Vermutung auch nicht, aber ich glaube, der Unfallgegner ist nicht zufällig in
den Variant gefahren. Er hat ihn absichtlich gerammt.«
    Lüder versuchte,
sich die Autobahn zwischen Kiel und Rendsburg vorzustellen. Siedschlag beugte
sich zum Variant hinab und fuhr mit der Hand an der linken Fahrzeugseite
entlang. »Hier zieht sich die Spur des anderen entlang. Deutlich ist zu
erkennen, dass der zweite Wagen höher gelegen ist. Ich tippe auf einen
Geländewagen.«
    »Hat man Spuren
gefunden?«, fragte Lüder.
    »Ja«, bestätigte
der Ingenieur. »Wir konnten Lackspuren sicherstellen. Außerdem ist der rechte
vordere Scheinwerfer zersprungen. Auch davon haben wir Glassplitter gefunden.«
    »Wissen Sie schon,
um was für einen Wagentyp es sich handelt?«
    Siedschlag wiegte
den Kopf. »Wenn es ein deutsches Fabrikat war, ist es relativ einfach zu
klären. Viele Autolacke werden in einer Fabrik in Münster gefertigt. Der
Hersteller schickt uns von allen dort produzierten Autolacken Proben und die
Formel der Zusammensetzung. Die sind im Labor des BKA ,
aber auch bei uns hinterlegt. So können wir bei Delikten, bei denen ein Auto
beteiligt war, relativ schnell das Fabrikat ermitteln. Das ist bei
ausländischen Fabrikaten ein wenig schwieriger, aber nicht unmöglich, sofern es
sich nicht um einen Exoten handelt. Aber was ist in einem Autoland wie unserem
exotisch?«
    Die beiden Männer
umrundeten das Autowrack. Die Vorderpartie war auf der Fahrerseite fast bis zur
Windschutzscheibe eingedrückt.
    »Wullenweber ist
von der Autobahn abgekommen. Es kann sein, dass er nach rechts gelenkt hat, um
dem Unfallgegner auszuweichen. Zunächst hat er die Grasnarbe durchpflügt. Das
ist vor Ort rekonstruiert worden. Anschließend ist er mit der linken
Vorderseite gegen einen Baum geprallt. Wir haben die Motorhaube abgelöst. Sie
stand wie eine Ziehharmonika in die Höhe. Die Airbags haben zuverlässig
reagiert, aber bei einem solchen Aufprall nutzt auch eine stabile Fahrgastzelle
nicht viel. Die Aufprallenergie war einfach zu groß. Wir haben das Auto auch
auf technische Mängel untersucht. Da war alles in Ordnung. Bremsen, Lenkung.
Stoßdämpfer. Der Variant war schon etwas älter, aber technisch okay. Tja.
Solche Fälle haben wir selten. Man glaubt immer, so etwas kommt nur in
amerikanischen Krimis vor.«
    Amerika! Dustin
McCormick war Amerikaner, zumindest war das der bisherige Ermittlungsstand. Und
jetzt eine Methode, von der Siedschlag sagte, sie würde ihn an Amerika
erinnern. McCormick interessierte sich auffallend für die Sicherheit der Daten,
und Marc Wullenweber war Mitarbeiter im Unabhängigen Landeszentrum für
Datenschutz.
    Lüder schüttelte
den Kopf und wurde dabei von Siedschlag mit einem neugierigen Blick beobachtet.
Das konnte kein Zufall sein. Auch wenn es keine Anhaltspunkte gab oder gar Beweise,
so glaubte Lüder, dass ein Zusammenhang zwischen den beiden Morden bestand.
Dass Marc Wullenweber auf eine sehr eigenwillige Art ermordet worden war,
bezweifelte er nicht.
    »Haben Sie etwas
zum bisherigen Ermittlungsstand gehört?«, fragte Lüder.
    Siedschlag zuckte
mit den Schultern. »Bedaure, aber ich bin Techniker. Über solche Dinge werde
ich nicht informiert.«
     
    Lüder kehrte in
sein Büro zurück. Es dauerte eine Weile, bis er den zuständigen Sachbearbeiter
ausfindig gemacht hatte, der den Unfallhergang bearbeitete.
    »Wir gehen von
Vorsatz aus«, erklärte Oberkommissar Böttcher vom Autobahnrevier Neumünster.
»Der ganze Ablauf, wie wir ihn haben rekonstruieren können, deutet darauf hin,
dass Marc Wullenweber absichtlich gerammt und von der Autobahn gedrängt wurde.«
    »Nun ist die A 210
nicht mit dem Frankfurter Kreuz vergleichbar, aber am helllichten Tag um …«
    »Viertel vor zehn
morgens«, half Böttcher.
    »Da ist man auch
zwischen Kiel und Rendsburg nicht allein unterwegs«, fuhr Lüder fort.
    »Daran arbeiten
wir«, bestätigte Böttcher. »Vorausfahrende Fahrzeuge haben sich nicht als
Zeugen gemeldet.

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