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Schwere Wetter

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Gruppe schon öffentlich aufgefallen?«
    Lüder erntete für
seine Frage einen fast mitleidig wirkenden Blick.
    »Mich wundert,
dass Sie noch nie von ihnen gehört haben. Sagt Ihnen der Chaos-Computer-Club
etwas?«
    Lüder nickte.
    »Der hat sich aus
der, nennen wir es einmal salopp ›Schmuddelecke‹ heraus etabliert und ist heute
nahezu gesellschaftsfähig. Es ist keine Seltenheit, dass die Warnungen des
Chaos-Computer-Clubs, oftmals berechtigt, zu Veränderungen geführt haben. Der
Rat mancher Hacker wird heute gern von Unternehmen übernommen, die ihre Daten
schützen wollen.«
    »Wer einen
sicheren Einbruchschutz haben möchte«, warf Lüder ein, »der befragt einen
Meisterdieb.«
    »Genau«,
pflichtete Frau von Rittershagen bei. »So weit ist ›personality protecting‹
aber noch nicht. Da gibt es noch viele Dinge, die sich in der – sagen wir mal –
Grauzone abspielen. Beim Mikrozensus, den der Bürger ›Volksbefragung‹ nannte,
hat die Gruppe offen zum gesetzwidrigen Boykott aufgerufen und gefordert, die
Fragen bewusst falsch zu beantworten. Man mag seine eigene Meinung zur
Berechtigung des Mikrozensus haben, aber es gibt ein Gesetz. Und an dem
orientieren wir unsere Arbeit.«
    »Können Sie mir
einen Kontakt zu ›personality protecting‹ vermitteln?«, fragte Lüder.
    Frau von
Rittershagen schüttelte den Kopf. »Es gibt keine Verbindungen zwischen uns und
solchen Organisationen. Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen.« Sie neigte den
Kopf zur Seite und legte die Spitze des Zeigefingers gegen den Nasenflügel.
»Wie sicher sind Sie im Umgang mit Ihrem Computer?«
    »Ich kann alles,
was heutzutage erforderlich ist.«
    »Haben Sie
Kinder?«
    »Ja.«
    »Glauben Sie, dass
die Ihnen überlegen sind hinsichtlich der Handhabung des Computers und des
Netzwerks?«
    Lüder lachte. »Das
würde ich nie zugeben.«
    »Meine Tochter
studiert evangelische Theologie. Sie möchte Pastorin werden. Mit diesem
Studienfach befindet man sich nicht inmitten des Zentrums der
Informationstechnologie. Wenn ich privat ein diffiziles Computerproblem hätte,
würde ich mich an Ulf Besenreither wenden.«
    »Der ist Ihnen
behilflich?«, fragte Lüder.
    Sophie von
Rittershagen schenkte ihm ein charmantes Lächeln. »Ich würde davon ausgehen.
Noch bin ich dem jungen Mann nicht persönlich begegnet.«
    Beim Abschied
versicherte die aparte Frau, Lüder dürfe sie jederzeit ansprechen, falls er
noch weitere Fragen hätte.
    »Das darf auch
gern bei einem Kaffee außerhalb der Dienstzeit sein«, ergänzte Frau von
Rittershagen mit einem koketten Augenaufschlag.
     
    Im
Landeskriminalamt verschaffte sich Lüder Informationen über den Unfall mit
Fahrerflucht, bei dem der Mitarbeiter des Datenschutzbeauftragten tödlich
verletzt wurde.
    »Das Auto steht
noch hier am Eichhof«, erklärte ihm Joost Siedschlag von der Kriminaltechnik.
»Das Beste ist, Sie kommen mal kurz rüber. Dann kann ich Ihnen zeigen, was wir
herausgefunden haben.«
    Siedschlag war
Zivilangestellter der Polizei. Lüder wusste, dass der Enddreißiger mit dem
schütteren blonden Haar ein Ingenieurstudium absolviert hatte. Er trug einen
blauen Werkstattkittel, begrüßte Lüder freundlich und führte ihn zu den
Überresten eines Autowracks.
    »Ganz so schlimm
hat es nicht ausgesehen«, erklärte Siedschlag. »Ist es nicht erstaunlich, aus
wie vielen Einzelteilen ein Variant besteht?«
    Lüder betrachtete
nachdenklich den Blechhaufen. Nur mit Phantasie konnte man die Automarke
erkennen. An der linken Fahrzeugseite zog sich eine lange Schramme entlang, die
bis zum vorderen Radkasten führte. Deutlich waren die Spuren eines anderen
Autos zu sehen. Es musste gegen Wullenwebers Variant gestoßen sein. Selbst
Lüder konnte erkennen, dass die beiden Fahrzeuge unterschiedliche
Geschwindigkeiten gefahren sein mussten. Da der Variant auf der linken Seite
beschädigt war, musste er die rechte Fahrspur benutzt haben. Der Unfallgegner
hatte ihn links überholt. Entweder war Wullenweber von seiner Fahrspur auf den
Überholfahrstreifen gewech- selt, oder der Kontrahent hatte ihn abgedrängt.
    Siedschlag schien
Lüders Gedanken zu ahnen.
    »Es gibt bisher
nur eine vorläufige Einschätzung des eingeschalteten Gutachters. Er hier«,
dabei zeigte der Ingenieur auf das Wrack, »ist rechts gefahren. Der andere kam
von hinten und ist seitlich in den Variant hinein. Wir haben etwa zweihundert
Meter vor dem Fundort des Variant Glasscherben gefunden. Der andere hat
Wullenweber überholt, dann das

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