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Schwere Wetter

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Uhr an der Wand,
»zehn Minuten.« Sie rollte mit den Augen. »Solche Patienten haben wir gern. War
ständig am Nörgeln, und zwischendurch telefonierte er unentwegt.«
    »Hat Professor
Eglschwiler gesagt, wohin er fährt?«
    »Ich bin mir nicht
sicher, meine aber, dass er zur Uni wollte. Gehören Sie zu ihm?«, fragte sie.
    »Ich bin genauso
hinter ihm her wie Sie und würde mich freuen, wenn er einmal ein paar Minuten
stillsitzen würde.«
    »Das mögen Sie
sagen.« Sie schenkte Lüder einen koketten Augenaufschlag. »Viel Erfolg«,
wünschte sie ihm und verschwand in einem der Krankenzimmer.
     
    Lüder beschloss,
die etwa eineinhalb Kilometer bis zum Institut für Informatik zu Fuß zu gehen.
Erfahrungsgemäß waren Parkplätze rund um die Alma Mater rar.
    Er durchquerte
einen kleinen Park, fand eine der seltenen Gelegenheiten, bürgerliche Kieler
Wohnquartiere mit einer Prise Muße zu betrachten, und wurde bald darauf von der
Lebendigkeit der Holtenauer Straße eingefangen. Die Olshausenstraße, in die er
abbog, zeigte nicht weniger Verkehr und Hektik, führte aber bis zum Areal der
Universität.
    Er wandte sich an
die ihm schon bekannte Mitarbeiterin, die ihn ins Vorzimmer des Professors führte.
Dort regierte eine resolut auftretende Frau mit hochgesteckten Haaren.
Vermutlich tat Lüder ihr unrecht, wenn er annahm, sie habe die Pensionsgrenze
schon lange überschritten.
    »Ich möchte gern
mit Professor Eglschwiler sprechen.«
    »Haben Sie einen
Termin?«, fragte sie barsch.
    »War das eine
rhetorische Frage? So wie Sie hier auftreten, kennen Sie alle Termine des
Profs.«
    Ihr Rückgrat
straffte sich. »Wer sind Sie überhaupt?« Sie maß ihn mit einem giftigen Blick.
    »Michael? Gabriel?
Raphael? Uriel? Suchen Sie es sich aus.«
    »Ich habe keine
Zeit für Spielchen. Und der Herr Professor schon gar nicht.«
    »Ich habe Ihnen
die Namen der vier Erzengel genannt. Ich war heute als Schutzengel für Herrn
Eglschwiler tätig.«
    »Dann wissen Sie,
was da passiert ist?«
    Lüder nickte.
»Schon. Hat er«, dabei zeigte er auf die geschlossene Zwischentür, »nichts
erzählt?«
    »Der Herr
Professor hat nie Zeit, schon gar nicht für ein paar private Worte.«
    Lüder deutete auf
die Tür. »Wollen Sie mich anmelden, Frau …?«
    »Engel«, sagte
sie.
    »Und dann kennen
Sie die Erzengel nicht? Das sind doch – sozusagen – Verwandte von Ihnen. Also!
Was ist?«
    Frau Engel griff
zum Telefon.
    Lüder hörte, wie
Eglschwiler sie förmlich anbellte: »Ja!«
    »Sie haben Besuch.
Hier ist Herr …« Sie sah Lüder fragend an.
    Der breitete die
Arme weit aus und simulierte Flugbewegungen. »Schutzengel«, sagte er.
    »Der Herr, mit dem
Sie heute Morgen zu tun hatten«, übersetzte Frau Engel Lüders Auskunft.
    Prof. Eglschwiler
schien Lüders Besuch genehmigt zu haben. Frau Engel stand auf, öffnete die
Zwischentür und sagte: »Bitte.«
    Der Raum erwies
sich als erstaunlich nüchtern eingerichtet. Einfache, aber zweckmäßige Möbel;
der Schreibtisch in Normgröße war kunststoffbeschichtet, der kleine
Besprechungstisch mit drei einfachen Stühlen ebenfalls. Statt der
Hightech-Ausstattung, die Lüder erwartet hatte, standen lediglich ein Note- und
ein Netbook auf der Arbeitsfläche.
    Eglschwiler trug
ein Pflaster, das quer über die Nase geklebt war. Die aufgeplatzte Lippe und
die anderen Schürfwunden waren gereinigt, aber nicht weiter ärztlich versorgt
worden.
    »Ich habe mich
noch gar nicht bei Ihnen bedankt«, sagte der Professor, »obwohl ich nicht
verstehe, weshalb man mich auserkoren hat. Wenn die Öffentlichkeit wüsste, wie
schmählich Professoren bezahlt werden, schiede Lösegelderpressung auch als
Motiv aus.«
    »Ihr Kopf«, sagte
Lüder und zog sich einen Besucherstuhl an den Schreibtisch heran, nachdem
Eglschwiler genickt hatte.
    Der Professor
versuchte ein Lächeln. Es misslang. Offenbar hinderten ihn die Abschürfungen
daran, das Gesicht zu verziehen.
    »So schön bin ich
auch nicht. Und der Inhalt des Kopfes … Damit kann niemand etwas anfangen.«
    »Was verbirgt sich
hinter Ihrer Stirn, das so verlockend ist, dass man Sie mit Gewalt in Beschlag
nehmen wollte?«
    »Das sind lauter
Bits und Bytes, die unsortiert und unstrukturiert für niemanden von Interesse
sind. Ich glaube, man hat es auf meine Unterlagen abgesehen.«
    »Sie trugen aber
keine Aktentasche, als ich Ihnen am ZOB begegnet
bin.«
    »Aktentasche.«
Erneut versuchte Eglschwiler ein Lächeln. Auch dieser Versuch endete
schmerzlich. »Das

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