Schwere Wetter
nach. Lüder sah ihm an, dass Eglschwiler
sorgfältig an seiner Antwort feilte. »Möglich«, sagte er schließlich
salomonisch.
»Wie vertraut sind
Sie mit Dirk Rottenberg?«
»Ist das ernst
gemeint? Rottenberg ist einer meiner Assistenten. Natürlich hat er Zugang zu
meinen Forschungsergebnissen. Ach, was sage ich. Die Arbeit an den
Universitäten ist Teamwork. Die Zeit der Alleinunterhalter gehört schon lange
der Vergangenheit an. Die Arbeit lastet auf vielen Schultern. Ich sehe es als
meine primäre Aufgabe an, alles zu koordinieren, die Richtung vorzugeben und zu
konsolidieren.«
Ähnliche Worte
hatte Lüder schon mehrfach gehört. Das Vorgehen bei »global data framework«
schien der universitären Arbeit zu ähneln. Das war nicht verwunderlich,
schließlich gab es viele personelle Verflechtungen.
»Wer wusste, dass
Sie heute um dreizehn Uhr mit dem Kielius vom Hamburger Flughafen in Kiel
eintreffen sollten?«
»Das war doch kein
Staatsgeheimnis«, wiegelte Eglschwiler ab. »Frau Engel. Und Rottenberg. Der
sollte mich abholen. Eigentlich war es geplant, dass er nach Fuhlsbüttel kommt.
Dann hätten wir die Fahrt nutzen können. Aber irgendetwas ist
dazwischengekommen.«
Abrupt stand der
Professor auf und öffnete die Tür.
»Frau Engel. Warum
ist Rottenberg nicht zum ZOB gekommen?«
Lüder sah die
Assistentin nicht, hörte aber ihre Stimme.
»Entschuldigung,
Herr Professor. Daran habe ich nicht gedacht. Herr Rottenberg hat sich heute
Morgen abgemeldet.«
»Was heißt
abgemeldet? Ist er krank?«
»Das weiß ich
nicht. So klang es nicht. Er hat einfach nur gesagt, er kommt heute nicht.«
»Wo gibt's 'n so
was?« Eine Spur Zorn schwang bei Eglschwiler mit. »Hier kann nicht jeder
machen, was er möchte. Akademische Freiheit interpretiere ich anders.«
Das klang
merkwürdig. Ausgerechnet an dem Tag, an dem Rottenberg seinem Professor »einen Lift geben sollte«, wie Angelsachsen es umschrieben,
meldete sich der Assistent ab. Hatte er etwas von der geplanten Entführung
gewusst? Schließlich war Lüder Dirk Rottenberg auch bei Dolf Waldow begegnet.
Der Professor
begleitete Lüder aus seinem Arbeitszimmer hinaus.
»Wer wusste noch
von Prof. Eglschwilers Rückkehr?«, wandte Lüder sich an Frau Engel.
»Ziemlich viele.
Schließlich wollten einige etwas vom Professor.«
»Die waren aber
nicht mit ihm am Kieler ZOB verabredet«, wandte
Lüder ein.
»Nein.« Frau Engel
begriff. »Die genaue Ankunft kannten nur Herr Rottenberg und ich.«
»Haben Sie mit
jemandem darüber gesprochen? Irgendwo ein Wort fallen lassen?«
Sie schüttelte
energisch den Kopf. »Nein. Das interessierte doch auch niemanden. Die wollten
nur wissen, wann er wieder hier ist. Zu welchem Zeitpunkt er in Kiel eintrifft
und ob mit Bahn, Bus oder Auto … Danach hat keiner gefragt. Und ich habe es
nicht erzählt.«
Nachdenklich
verließ Lüder das Institut für Informatik und kehrte zu seinem BMW zurück, den er bei der Uniklinik geparkt hatte.
Er hatte im Zuge
seiner Ermittlungen viele Informationen zusammengetragen, überlegte er auf dem
Weg zum Parkplatz. Dennoch schienen die Puzzlestücke nicht zueinanderzupassen.
Als Motiv schälte sich heraus, dass jemand ein technologisches Geheimnis
bewahren wollte, andere auf der Jagd danach waren. Aber wer stand auf welcher
Seite?
Beweise hatte Lüder
keine, aber Dustin McCormick und das merkwürdige Auftreten des Amerikaners,
sein angebliches Interesse am Informatikstudium in Kiel und das professionelle
Vorgehen bei der Beseitigung der Spuren ließen Lüder vermuten, dass McCormick
im offiziellen Auftrag amerikanischer Behörden unterwegs war. Im Bemühen, alle
Spuren, die zur wahren Identität des Amerikaners führen könnten, zu verwischen,
war man aber am Ziel vorbeigeschossen, weil man McCormick in unglaubwürdiger
Weise agieren ließ. Auch das Ambiente, in dem er sich bewegte, das zu große
Auto passten nicht zu einem Studenten.
Lüder war sich
sicher, dass der Amerikaner für einen Nachrichtendienst tätig war. Lüder tippte
auf die CIA . Die amerikanische Behörde musste
etwas herausgefunden haben, was im Dreieck zwischen der Kieler Uni, der
»securus consulting« und der »global data framework« angesiedelt war. Man hatte
McCormick enttarnt und ihn auf symbolträchtige Weise durch ein nachgeahmtes
Waterboarding ermordet. Das würde auch das merkwürdige Verhalten des
Generalkonsulats erklären.
Lüder fragte sich,
ob mit dieser Methode »Rache« für angebliche Übergriffe
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