Schwere Wetter
Sendung.«
»Yeah, die Bundesregierung hat die Wetterverbindungen in alten Raketensilos untergebracht«, sagte der eine Schachspieler. »Praktisch unzerstörbar.«
»Wo sind wir eigentlich?« fragte der Scharlachrote Rächer, auf die SESAME-Karte blickend. Red zeigte mit dem Finger darauf. »Also«, sagte der Rächer, »ich kann über uns keine Bewölkung erkennen. Ich glaube, es ist klar.«
Auf einmal vernahm man vor der Tür mehrere heftige Explosionen - eigentlich Explosionen innerhalb des Bunkers. Leo zuckte zusammen, dann grinste er plötzlich. »Habt ihr das gehört, Leute! Das waren unsere Detonationssignale!«
»Knapp«, meinte der Schachspieler und zupfte an der Unterlippe. Er war ziemlich blaß geworden. »Verdammt knapp.«
»Wie haben die bloß das Signal durchgebracht?« fragte der andere Schachspieler.
»Mit einer automatisch gestarteten Flugdrohne, möchte ich wetten«, überlegte Red. »Haben wahrscheinlich die ganze Gegend plattgemacht. Wenn eine Drohne unbehelligt über uns drüberfliegen kann, dann müßte das eigentlich bedeuten, daß wir hier sicher rauskönnen.«
»Scheiß auf die Theorie, ich probier's aus«, erklärte der Scharlachrote Rächer. Er ging hinaus.
Als er kurz darauf zurückkam, hinterließen seine eleganten Lederschuhe frische Blutflecken auf dem dicken Teppich des Bunkers. »Die Sonne scheint!«
»Du machst Witze.«
»Keineswegs, Mann! Es ist naß draußen, und alles ist vollkommen plattgemacht, aber der Himmel ist blau, und die Sonne scheint, und der Himmel ist wolkenlos, und ich hau ab, Leute.« Er ging in die Küche und zog einen glänzenden Reisekoffer aus Keramik vom Kühlschrank herunter.
»Weit wirst du zu Fuß nicht kommen«, sagte der Schachspieler.
Der Scharlachrote Rächer funkelte ihn an. »Für wie blöd hältst du mich eigentlich, Gramps? Ich hab's nicht weit. Ich weiß genau, wo ich hin will und was ich tue, und du kommst nicht vor in meinen Plänen. Macht's gut, Leute. Auf Nimmerwiedersehen.« Er öffnete die Tür, stolzierte hinaus und ließ die Tür hinter sich weit offen.
»Recht hat er«, meinte Leo. »Es ist eine gute Idee, daß wir uns so rasch wie möglich aufteilen.«
»Bringst du uns mit dem Personentransporter raus?«
»Nein«, sagte Leo. »Es ist besser, nach Plan A vorzugehen. Ihr geht zu Fuß, und ich demoliere die Anlage. Die Wagen, den Panzer, die Räder, den Bunker, alles.«
»Die Leichen«, bemerkte Rosina.
»Ja, klar, ich werde sie in den Panzer legen, bevor ich ihn in die Luft jage.«
»Ich helfe dir, Leo«, sagte der zweite Schachspieler. »Soviel bin ich dir nach alledem schuldig.«
»Ist gut. Die Zeit ist knapp, Leute, also fangen wir an.«
Leo und seine fünf verbliebenen Freund gingen in die Diele. Die Frau und der Asiate lagen tot auf dem schräg abfallenden Boden, der Teppich war blutgetränkt. Die Wände waren von den Schrapnellsplittern der acht detonierten Armbänder wie mit Pockennarben übersät. Es stank nach verschmortem Plastik. Rosina, der eine Schachspieler und Red, der Funker, zwängten sich umständlich an den Leichen vorbei, ohne sie anzuschauen.
Jane hielt sich im Hintergrund. Der Anblick der Toten machte ihr gar nicht soviel aus. Sie hatte schon schlimmer zugerichtete Leichen gesehen. Eher widerten sie die Lebenden an.
»Eine schmierige Angelegenheit«, meinte der andere Schachspieler betrübt.
Leo zögerte. »Ich glaube, wir sollten dafür besser Gummihandschuhe und medizinisches Papier verwenden. Da ist eine Menge Körperflüssigkeit ausgetreten.«
»Dafür haben wir keine Zeit, Leo. Außerdem waren das zwei von uns; die sind sauber!«
»Ich weiß nicht. Bei Ruby bin ich mir da nicht so sicher«, meinte Leo nachdenklich. »Ruby ist genau der Typ, der auf Retroviren steht.«
Jane durchquerte die Diele. Sie zwängte sich an den beiden vorbei. Ihre Schritte schmatzten auf dem feuchten Teppich. Sie zitterte.
»Jane!« rief Leo.
Sie begann zu laufen.
»Jane!«
Sie rannte aus dem Garagentor. Es war windstill. Die Sonne schien. Die Welt roch wie frischgepflügter Boden. Der Himmel war wolkenlos. Sie lief um ihr Leben.
Alex hockte in einem Baum und knabberte an einem Laib Brot. Das Brot war nicht mehr frisch, denn das zerstörte Haus, aus dem er es hatte, war seit mindestens zwei Tagen verlassen gewesen. In dem Haus hatten ein Mann und seine Frau, die Mutter, des Mannes und die beiden Kinder der Eheleute gewohnt, beide mit einem Pferdegebiß. Zusammen mit einem Haufen religiösen Krams;
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