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Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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zu.
    Sie fuhren weiter. Etwa alle zehn Minuten hielten Bussard und Martha an und tauschten mit dem Basislager lakonische Meldungen aus, besprachen sich mit Greg und Carol im Strandbuggy oder übermittelten Peter und Joanne, die mit dem Radarbus unterwegs waren, eine kurze Bemerkung. Der ganze Funkverkehr spielte sich in Kürzeln, Insider-Witzen und Fachausdrücken ab. Hin und wieder kritzelte Martha etwas mit Wachsstift auf die Windschutzscheibe. Als Alex' Armbanduhr abermals piepste, nahm sie sie ihm ab, stellte sie energisch um und gab sie ihm zurück.
    Nach einer guten Stunde holte Bussard einen langen Streifen Dörrfleisch hervor und nagte eifrig daran herum. Martha machte sich über ein kleines Säckchen mit gesalzenen Sonnenblumenkernen her und spuckte die ausgekauten Hülsen durchs halboffene Fenster. Alex hatte einen starken Magen - er konnte während der Fahrt Text von einem Laptop ablesen, ohne daß er Kopfschmerzen bekam oder daß ihm übel wurde -, doch als er das mitansehen mußte, schlug er Laptop und Augen zu und versuchte, ein wenig zu schlafen.
    Eine Weile döste er, dann fiel er unerwartet rasch und heftig in einen tiefen, heilsamen Schlaf. Auf einmal entstieg den Tiefen seines Kreislaufs soviel REM-Schlaf, wie sonst während eines ganzen Monats unter Narkose nicht, und übernahm die Kontrolle über seine Lungenlappen. Glitzerndes Traumlametta wirbelte vor seinem inneren Auge vorbei, hyperaktive Visionen von Licht und Luft und Schwerelosigkeit…
    Alex erwachte jäh und bemerkte, daß der Wagen angehalten hatte.
    Er setzte sich langsam in seiner Bubblepak-Koje auf, dann kletterte er durch die offene Hecktür in den flirrenden, blendenden vormittäglichen Sonnenschein hinaus. Die Trouper waren vom Highway abgebogen und hatten sich über eine wenig befahrene Sandpiste bis zur Kuppe eines flachen Hügels vorgearbeitet. Der Hügel bestand aus Kalkstein, wie es für diese Gegend typisch war; ein buschbewachsener Höcker in der Landschaft, der vergeblich versucht hatte, ein Tafelberg zu werden.
    Jedenfalls gab es auf dem Hügel einen Sendemast von beträchtlicher Höhe, mit eigenen keramikverankerten Solarzellen zur Stromversorgung und eines kleinen, fensterlosen Gebäudes, einer Art Schutzhütte, ebenfalls aus Keramik. Bussard und Martha hatten am Dach des Wagens ein Tuch aus blauem Stoff befestigt. Das andere Ende spannten sie als Sonnenschutz über zwei Stöcke.
    »Was gibt's?« fragte Alex.
    Bussard hatte sich eine lange, spitz zulaufende schwarze Kappe auf die kahl werdende Birne gesetzt; der Schirm der Kappe ruhte auf dem überdimensionalen Nasensteg einer insektenhaften Sonnenbrille. »Nun«, meinte er herablassend, »wir machen mit Geduld und Spucke einen Relaisdrachen klar, booten das Datenrelais und versuchen damit diesen Node anzuzapfen… und wenn alles klappt, starten wir ein paar Ornithopter.«
    »Du kannst weiterschlafen, wenn du möchtest«, sagte Martha.
    »Nein, ist schon okay«, antwortete Alex und rieb sich die Augen. Er beneidete Bussard um die Sonnenbrille. Hier draußen war sie überlebensnotwendig.
    Alex schüttelte die Steifheit aus seinem Rücken, beschattete die Augen mit der rechten Hand und betrachtete die Landschaft. Früher war es wohl mal Weideland gewesen; nicht sonderlich üppig, aber eine Gegend, die ein karges Auskommen bot, wenn man genug davon besaß. Man sah noch das Muster der verrosteten und irgendwann zusammengebrochenen Stacheldrahtzäune, alte, wie mit dem Skalpell gezogene Schnitte durch die grüne Weite aus wild wuchernder Grannenhirse, Moskitogras, Gramagras und Unkraut. Seit den Massenevakuierungen und dem Wegsterben des Viehs wuchs auf einem Großteil des aufgegebenen Weidelands Mesquit.
    Hier wirkte der Mesquit jedoch eigenartig tot: die Bäume waren braun, blattlos und verkrümmt, und von den dünnen Zweigen schälte sich verrottete graue Rinde. Seltsamer noch: durch den toten Mesquit-Wald führte eine breite Schneise, eine Reihe geschwungener Bögen wie von einem gewaltigen Hufeisen. Der leblose Wald war von ausgefransten, überlappenden großen Cs verunstaltet, manche davon einen halben Kilometer im Durchmesser. Es sah aus, als hätte jemand einen Robotbulldozer auf der Weide abgesetzt, um das tote Holz beiseitezuräumen, und als seien beim Bulldozer ein paar größere Softwarefehler aufgetreten.
    »Wieso sind die Mesquitbäume hier eigentlich alle abgestorben?« fragte er. »Sieht aus wie Herbizid.«
    Martha schüttelte den Kopf. »Falsch, Mann. Die

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