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Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Schwarzmarkthändlern begegnet war. Allerdings hatten die Trouper den steinernen Blick von Leuten, die an den Tod und ans Töten bis zum Überdruß gewöhnt waren; sie waren Jäger, Rancher, Schlächter. Leute, die einen Kick suchten. Euthanasie-Fans.
    Alex zog die neuen Schuhe an - die Plastiksohlen waren die gleichen wie tags zuvor, bloß besser an seine Fußform angepaßt, mit einem verklebten Oberteil aus Papier, einer Papierzunge und mehreren verstärkten Löchern für die Schnürsenkel. Wenn man nicht allzu genau hinsah, waren Carol Coopers Erzeugnisse beinahe richtige Kleidungsstücke.
    Alex wankte blinzelnd durchs Lager und spähte ins Latrinenzelt. Die sanitären Einrichtungen der Truppe hätten nicht einfacher sein können; zwei Meter tief in den steinigen Boden getriebene Löcher, darüber ein kleiner Campinghocker ohne Sitzfläche zum Draufsitzen. Nach längerem Bemühen stand Alex auf, rückte den Scheißhocker wieder zurecht und hielt Ausschau nach dem Aerodromtruck.
    Bussards und Marthas Telepräsenz-Jagdlaster war ein langer, weißer, ausladender Hardtop, der mit allen möglichen Antennen gespickt war. Am Dach war eine Radarantenne befestigt, geschützt mit einer schneeweißen Plastikhaube. Bussard gab gerade den Batterien mit Strom aus den Solarzellen die letzte Portion; Martha Madronich hatte die Doppeltür am Heck geöffnet und verstaute einen zusammengefalteten Ornithopter in einem Wandregal.
    »Gibt's hier irgendwo Wasser?« fragte Alex.
    Martha kam aus dem Laster heraus und reichte Alex eine Feldflasche aus Plastik und einen Pappbecher. Martha humpelte leicht, und zum erstenmal bemerkte Alex, daß sie einen künstlichen Fuß hatte, eine weiche, fleischfarbene Prothese mit zierlichen kleinen Gelenken an Knöcheln und Zehen, die in einem schwarzen Ballettschuh steckte.
    Sorgsam darauf bedacht, mit dem Pappbecher nicht gegen Marthas möglicherweise ansteckende Feldflasche zu stoßen, schenkte Alex sich Wasser ein und stürzte es gierig hinunter. »Nicht so viel«, ermahnte sie ihn.
    Er reichte ihr die Feldflasche zurück, und sie gab ihm ein Gericht aus zerkleinertem Wildbret und Maismehl. »Frühstück.« Alex mampfte das Hackfleisch aus gebackenem Rehherz, Rehleber und Teig, wobei er langsam den Laster umkreiste. Vorne hatte der Laster zwei Schalensitze, vom Stoffdach baumelten mit Klettverschlüssen befestigte Kopfhörer und Schutzbrillen herunter, außerdem war am Armaturenbrett ein eindrucksvolles Arsenal von technischen Geräten festgeschraubt, darunter Funkgerät, Radar, ein Hochfrequenzempfänger und Telefon.
    »Wo sitze ich?« fragte er.
    Martha deutete auf ein winziges Plätzchen, das sie auf der Ladefläche freigeräumt hatte, ein höhlenartiger Winkel inmitten verstauter Ausrüstungsgegenstände: Matchbeutel, zwei Werkzeugkästen aus Plastik, drei Bündel festgezurrter Spieren.
    »Ja, klar«, meinte Alex. »Richtig luxuriös.«
    Martha schniefte und fuhr sich mit den mageren Händen durchs schwarzgefärbte Haar. »Wir geben dir eine Unterlage aus Bubblepak, du wirst schon klarkommen. Die harte Tour ist nicht unser Ding. Wir von der Telepräsenz halten uns lieber dicht beim Highway.«
    »Wenn wir an dem Düppelbeutel ziehen, mußt du beiseiterücken«, warnte ihn Bussard.
    Alex brummte etwas. Bussard rollte eine flache BubblepakUnterlage aus, schloß sie an eine faustgroße batteriebetriebene Luftpumpe an und blies sie, begleitet von Zischen und Knistern, auf.
    Martha stopfte das Bubblepak fürsorglich in das Loch, dann kletterte sie rückwärts aus dem Wagen. Alex' billiges Uhrenarmband gab ein lautes Stundensignal von sich.
    »Bist du denn nicht kalibriert?« fragte sie.
    »Bedaure, nein.« Alex hob die Hand. »Ich wußte nicht, wie man die Uhr einstellt. Außerdem ist es ja sowieso kein richtiges Trouper-Armband wie eures, sondern der billige Ersatz eines Möchtegern-Troupers, den mir meine Schwester gegeben hat.«
    Martha seufzte erschöpft. »Dann benutz eben die Uhr vom Laptop. Steig ein, Mann, die Zeit ist knapp.« Sie und Bussard kletterten vorne in den Wagen.
    Der Truck wandte sich bergab, erreichte den Highway und schlug die Richtung nach Norden ein. Er fuhr von allein und war sehr leise. Abgesehen vom Wispern der Räder auf dem Asphalt war das lauteste Geräusch im Wagen das Knistern von Alex' Bubblepak und das Rascheln seines Papieranzugs, als er mit den Ellbogen Beutel beiseitestieß und sich niederließ.
    »He, Pillenfreak!« sagte Bussard auf einmal. »Hat dir der

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