Schwert des Aufruhrs
Julian und Sandra drehten sich im Walzerschritt zwischen Wega, Moore und Styx. In der Nähe von Northwind trafen sie Countess Tara Campbell, die sich mit Callandre Kell und Jasek Kelswa-Steiner unterhielt, der ebenfalls Teil der lyranischen Delegation war. Gemeinsam schlenderten sie an Liao und
Gan Singh vorbei, beide inzwischen von der Konföderation Capella erobert, und verließen die Karte über New Aragon, die Festungswelt der Republik in Präfektur V.
Von den Stufen zur Südostempore aus bot sich den jungen Adligen eine ausgezeichnete Sicht über den gesamten Saal. »Beeindruckend«, flüsterte Julian Sandra zu.
Und das war es auch. Eine ganze Wand aus makellosem Panzerglas, drei Stockwerke hoch, bot einen Blick hinaus über Rasengrund und einen privaten Teil des Grand Parc. Kurz nach der Ankunft der Da-vion-Delegation hatte ein Feuerwerk begonnen, das den Abendhimmel Terras in ein Kaleidoskop explodierender Farben tauchte, die sich im Innern des dicken Glases brachen und tanzten. Entlang der gegenüberliegenden Wand waren Büffets aufgebaut, die Speisen aus allen Teilen der Inneren Sphäre boten. Wobei die >Wand<, wie Julian feststellte, nur eine Holoprojektion war. Kellner kamen geradewegs durch sie hindurch, nur kurz von einem goldenen Halo umgeben, bevor sie mit ihren schwer beladenen Tabletts an die langen, in weißgoldene Damastdecken gehüllten Tische traten.
Sandra fasste ihn an der Hand und deutete zur Decke, wo jetzt weitere Holoprojektoren die Kuppel des Saales mit einem Schauspiel stellarer Phänomene füllten, das es mit dem Feuerwerk aufnehmen konnte. Rot glühende Gaswolken zerfaserten im Dunkel des Alls. Kometen mit langen, eisigen Schweifen schossen vorbei, gefolgt von der Langsamen Geburt einer Welt, einer Komposition des berühmten Grafikkünstlers Jai Yuen Kanto.
In Gedanken war Julian gezwungen sich einzugestehen, dass dies alles übertraf, was sie auf New Avalon aufbieten konnten.
In der Zwischenzeit hatte Callandre Kell einen jungen, gefährlich aussehenden Mann in der Lederkluft eines Clanners gefunden und führte ihn auf dem Parkett in einem leichten Menuett. Sandra zog Jasek für den Rest des Tanzes beiseite und ließ Julian in der Gesellschaft Taras und des sich nähernden Lars Magnusson zurück, den der Champion auf dem Ausflug nach Athen kennengelernt hatte.
Eine auf Lars' rechter Schläfe zentrierte Tätowierung des Geisterbärenwappens bedeckte einen Teil seines Gesichts, so-dass es eigentlich unmöglich war, die Herkunft des jungen Mannes zu übersehen. Doch heute trug er statt einer Uniform die Robe eines Adligen. Weil er bereit war, solche Unterschiede zu machen, war der Wahrgeborene von fürstlichem Geblüt aus dem Rasalhaag-Dominium einer der wenigen ClanKrieger, die den >neutralen Boden< Genfs verlassen durften. Für diese Reise, so hatte er Julian erklärt, hatte er seinen Rang und Kodex abgelegt. Dadurch galt er nicht als Krieger, was dem Rest der Dominiumsdelegation gar nicht gefiel.
»Wieder mal allein?«, fragte Julian. Mit ein paar kurzen Sätzen erklärte er Tara Lars' freiwillige De-militarisierung.
Lars strich sich mit gespreizten Fingern durch das struppige, aschgraue Haar. »Meine Begleiter haben die Südwestempore gestürmt.« Er deutete mit einer Kopfbewegung auf die andere Seite des Saales, wo sich Khanin Dalia Bekker, umgeben von einem Gefolge aus Kriegern, oberhalb der Stufen aufgebaut hatte, als präsidiere sie über den Ball des Exarchen. Es war unübersehbar, dass mehr als einer der Krieger ein Elementar war. Riesige, breitschultrige Hünen. »Ich wurde nicht ins Geleit der Khanin geboten.«
»Ihr Verlust ist unser Gewinn«, hieß Tara ihn willko mm en. Auch sie hatte auf militärische Kleidung verzichtet und die Highlander-Uniform gegen ein rotes Paillettenkleid getauscht, das ihre schlanke Figur auf äußerst anziehende Weise umschmeichelte.
Aber eitles Geplauder lag keinem der drei. Ihr Gespräch bewegte sich schnell auf das Thema der Schwierigkeiten in der Republik und der ganzen Inneren Sphäre zu.
»Gibt es noch Probleme in Deutschland?«, fragte Julian.
Er hatte die Entwicklung zwischen den Truppen der Republik und denen, die zu den rebellierenden Senatoren übergelaufen waren, verfolgt, und wusste, dass Tara und Paladinin Heather GioAvanti Stuttgart erobert hatten, aber auch, dass Ex-Ritter Conner Rhys-Monroe in Mannheim und Essen eine robuste Verteidigung organisiert hatte.
»Momentan«, stellte Tara fest, »habe ich den Eindruck,
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