Schwert und Laute
in die Nähe der Flammen, um die Feuchtigkeit herauszuziehen, und richtete sich dann auf. Er wirkte leicht verlegen.
»Ich weiß, dass es ziemlich kahl ist«, brummelte er. »Wir haben uns nur die wenigste Zeit hier aufgehalten... Ich werde
Malcolm bitten, uns ein größeres Bett und zwei Sessel anzufertigen.«
»Wir werden uns hier sehr wohl fühlen«, versicherte ich ihm, nun meinerseits beklommen.
Ich fand es seltsam, dass Liams und Colins Haus jetzt auch das meine sein sollte ... Oh, Colin! Ich hatte ganz vergessen, dass dies auch sein Zuhause war.
»Und wo soll Colin jetzt wohnen?«, fragte ich widerstrebend und wich seinem Blick aus.
»Ich glaube nicht, dass er so bald zurückkehren wird, Caitlin. Er hat seine Wahl getroffen, und es wäre zu hart für ihn, in Carnoch zu bleiben, verstehst du? Ich weiß, dass mein Bruder Gefühle für dich gehegt hat. Ich kann es ihm nicht verübeln. Aber es wäre besser, wenn er sich für einige Zeit von hier fernhalten würde.«
»Es tut mir furchtbar leid, ich weiß, dass ihr beide euch sehr nahe gestanden habt«, stotterte ich.
Er zuckte die Achseln und seufzte.
»Im Lauf der Zeit werden die Dinge von selbst in Ordnung kommen. Er wird jemanden finden...«
Er wandte sich ab und öffnete den großen Schrank.
»Wenn du etwas brauchst, brauchst du mich nur danach zu fragen.«
»Leider weiß ich gar nicht so genau, was ich benötigen könnte; ich habe nämlich noch nie einen Haushalt führen müssen«, erklärte ich verlegen. »In Irland hat Tante Nellie das vorzüglich erledigt, und nachher, auf Dunning Manor war ich Gesellschaftsdame für Lady Dunning, wenn ich auch gelegentlich in der Küche ausgeholfen habe. Ich werde es schon lernen... wenn du dich in Geduld übst...«, setzte ich lächelnd hinzu.
»Ich bin mir sicher, dass du mich nicht Hungers sterben lassen wirst, a ghràidh.«
Er umarmte mich. Zögernd sprach er dann weiter.
»Ich muss zu Sàra, um ihr alles zu erklären. Möchtest du mich begleiten?«
»Nein ...«, stotterte ich. »Ich finde, es ist besser, wenn du allein gehst.«
»Ja ... Vielleicht. Dann schaue ich anschließend noch bei John vorbei.«
»Ich rühre mich hier nicht fort, mo rùin« , versicherte ich ihm. »Komm bald zurück.«
Er warf mir einen letzten besorgten Blick zu und ging hinaus.
Der Schrank diente als Speisekammer, Wäscheschrank und Rumpelkammer zugleich. Ich stellte eine Bestandsaufnahme des Inhalts an. Wir hatten also: einen angefangenen Sack Mehl, einen halben Beutel Hafer für Porridge, einen Topf Honig... der nicht mehr gut war und den ich zur Seite stellte. Eine Fliege steckte darin fest wie in einem polierten Bernstein. Ich musste daran denken, nach Honig zu fragen. Dann hatten wir noch einen Krug Salz, Rüben, ein paar Karotten... ein wenig weich geworden, aber immer noch essbar, und einen Sack mit getrockneten Bohnen. Krüge, die unter dem untersten Schrankbrett eingelassen waren, enthielten Speck in Salzlake und ein Stück ranzigen Talg, der sich zu dem Honig gesellte. Talg nicht vergessen! Fünf Zwiebeln, von denen eine schon kräftiges Grün entwickelt hatte, und ein wenig Butter vervollständigten die Nahrungsmittelvorräte.
Im oberen Teil des Schranks entdeckte ich saubere Hemden, Decken, Handtücher und Geschirrtücher, ein Plaid, zwei Stück Seife, von denen eines schon in Gebrauch gewesen war, Kerzen und einen Feuerstein. Nicht vergessen: Es fehlten Kerzen und Tran für die Lampe. Und schließlich lag da, unter einer Schachtel voller Angelhaken und verwickelter Schnüre, eine Bibel.
Eine unter den Hemden verborgene Holzschatulle erweckte meine Neugierde. Sie war grob aus Kiefernholz gearbeitet und mit einer Hanfschnur verschlossen, die ich aufknotete. Darin befanden sich zwei blonde Haarsträhnen, die mit rotem Band zusammengehalten wurden. Die erste war lang und seidig, und die andere war gelockt und schimmerte golden.
Rasch legte ich die Strähnen in die Schatulle zurück und stellte sie wieder an den Platz, wo ich sie gefunden hatte. Ich fühlte mich ganz aufgewühlt und schloss die Augen, um meine Tränen zurückzuhalten.
Diese Haare hatte Liam gestreichelt und geküsst. Sie waren alles, was ihm von den Menschen, die er geliebt hatte, geblieben war. Behutsam schloss ich den Schrank. Ich hatte den Eindruck, gewaltsam in einen Teil seiner Seele eingedrungen zu sein, in dem ich nichts zu suchen hatte und der mir auch niemals gehören würde. Ein kalter Schauer lief mir über das Rückgrat und ließ
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