Schwert und Laute
mich erzittern. Ich würde mit diesen Geistern leben müssen, die wie so viele andere durch das Tal irrten. Ich hatte nicht vor, Annas Platz in Liams Herz einzunehmen, aber ich mochte auch nicht in ihrem Schatten leben.
Ich holte tief Luft und schüttelte den Kopf, um meine düsteren Gedanken zu vertreiben. Dann krempelte ich die Ärmel auf und machte mich an die Arbeit. Mit meinen bescheidenen Kochkünsten gelang es mir immerhin, aus dem, was ich vorfand, eine Art Ragout zu kochen. Während es über dem Feuer brodelte, begann ich, den Tisch zu decken. Liam würde gewiss bald kommen.
Mit lautem Krach flog die Tür auf. Ich fuhr herum, und der Teller, den ich in der Hand hielt, klapperte auf den Tisch. Mir blieb fast das Herz stehen. Meghan starrte mich verblüfft und mit aufgerissenem Mund an. Das Blut wich ihr aus dem Gesicht.
»Ich... ich...«
»Ich nehme an, du suchst Liam?«, fragte ich, nachdem ich mich halbwegs gefasst hatte.
»Nein, ich habe ihn beim Laird gesehen...«, stammelte sie.
»Und was willst du dann hier?«, verlangte ich ärgerlich zu wissen.
»Ich...«
Ihr Gesicht war aschgrau geworden, und sie hielt sich am Türrahmen fest. Offensichtlich hatte sie nicht damit gerechnet, mich hier anzutreffen. Mein Blick richtete sich auf den mit Esswaren gefüllten Korb, den sie am Arm trug.
»Ist das für Liam?«, fragte ich und wies mit dem Finger auf ihre Last.
Sichtlich verunsichert sah sie auf den Korb hinunter und betrachtete ihn einige Augenblicke lang, ehe sie antwortete.
»Ja.«
In meinen Schläfen pochte das Blut, und ich begann, an den Bändern meines Mieders zu spielen, um mein Zittern zu verbergen. Ich hatte noch keine Zeit gehabt, mich innerlich auf die Konfrontation mit Meghan einzustellen. Sie hatte mich vollständig überrumpelt.
»Komm doch herein, bleib nicht an der Tür stehen«, sagte ich steif. »Liam wird sicher bald zurück sein.«
Panisch huschte ihr Blick hin und her. Sie zögerte, entschloss sich aber doch. Auf ihrer Miene zeigten sich hintereinander die unterschiedlichsten Gefühle, die von Ungläubigkeit bis Zorn reichten. Schließlich starrte sie mich durchdringend an. Ihre Wangen hatten einen rosigen Ton zurückgewonnen und waren jetzt dabei, sich scharlachrot zu verfärben.
»Was hast du hier zu suchen?«, fauchte sie. »Warum bist du zurückgekehrt, Hexe?«
»Dafür ist Liam verantwortlich ... gewissermaßen«, gab ich trocken zurück.
»Liam? Das glaube ich dir nicht...«
Ihre Lippen zitterten. Sie sah sich in der Hütte um, und ihr Blick blieb an dem Topf hängen, der über dem Feuer kochte.
»Und warum hätte er das tun sollen?«
Von neuem musterte sie mich kalt. Ich erwiderte ihren Blick ebenso verächtlich und legte noch ein wenig Selbstgefälligkeit hinein.
»Man könnte sagen, dass gewisse Umstände es so entschieden haben.«
Sie führte eine Hand an ihren Leib; sie wirkte vollkommen verunsichert. Neue Gefühle huschten über ihr Gesicht, und Tränen traten in ihre großen Katzenaugen.
»Warum bist du nicht bei Sàra?«
»Weil ich von jetzt an hier wohne.«
»Ich verstehe das nicht, das ist doch Liams Hütte! Er würde das Tal niemals verlassen...«
Obwohl ich das Bedürfnis spürte, sie leiden zu sehen, konnte ich mich nicht überwinden, ihr die Wahrheit zu sagen. Die Hand am Henkel des Korbs, den sie immer noch trug, verkrampfte sich, bis ihre Knöchel weiß wurden. Als ich den Arm ausstreckte, um
ihr die Last abzunehmen, zog ein helles Glitzern ihre Aufmerksamkeit auf sich. Verblüfft riss sie die Augen auf, dann schlug sie die Hand vor den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken. In einer Mischung aus Bestürzung und Entsetzen musterte sie den Ring an meinem Finger.
»Heiliger Gott!«, hauchte sie.
Der Korb fiel zu Boden und gab seinen Inhalt frei. Meghan legte wieder ihre Hände auf den Leib und stöhnte vor Schmerz. Alle Feindseligkeit und Angriffslust waren aus ihrem Blick verschwunden, der nur noch tiefe Verzweiflung zeigte.
»Liam?«, fragte sie knapp.
»Ja.«
Ein leiser, erstickter Schrei hallte durch den Raum. Hektisch schüttelte sie ihre herrliche, feuerrote Mähne und wich unsicheren Schrittes zurück. Ihr Mund öffnete und schloss sich wieder. Von neuem verzerrte der Hass ihre Züge zu einer Grimasse.
»Hexe! Hexe! Das wirst du mir büßen, dreckige Hure! Dafür wirst du bezahlen, das schwöre ich dir beim Leben meines ungeborenen Kindes.«
Mit tränenüberströmtem Gesicht warf sie mir einen letzten verzweifelten Blick zu und
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