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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Wäsche ein.
    Mrs. Hay war Witwe. Ihr Gatte, ein wohlhabender Weinhändler, war vor ungefähr fünf Jahren von einer Kutsche überfahren worden. Die Natur hatte ihr ein angenehmes Äußeres verliehen, und ihre drallen Formen zogen trotz ihrer zweiundvierzig Jahre noch immer die Blicke der Männer auf sich.
    Ich war nicht mehr an den ständigen Hintergrundlärm einer Großstadt gewöhnt und konnte nicht einschlafen. Also beschloss ich, auszugehen und meine Bekanntschaft mit der Stadt zu erneuern, in der ich kurze Zeit gelebt hatte, bevor ich nach Dunning Manor gegangen war.
    Dunning Manor... Seit unserem Aufbruch aus Glencoe ging mir dieser Name im Kopf herum. Nur wenige Stunden mit der Postkutsche trennten mich von den Außenbezirken von Dundee. Liam
hatte mir in aller Form verboten, noch einmal dorthin zurückzukehren, aber ich brauchte ihm ja nichts davon zu verraten...
    Ich schlenderte durch die engen, düsteren Straßen der wichtigsten Stadt Schottlands. Hier trafen alle möglichen Gegensätze aufeinander: die Eleganz der nach der neuesten Mode aus Versailles gekleideten Adligen und die nüchterne Strenge der protestantischen Asketen; die auffälligen Aufmachungen und gut präsentierten Rundungen der leichten Mädchen und die schmutzigen Bettler, die sich nicht schämten, Ladies aus guter Familie um Geld anzugehen. Ebenso breit war die Palette der Gerüche. Einmal lief mir das Wasser im Mund zusammen, wenn die köstlichen Düfte von frischem Brot oder gebratenem Fleisch meine Geschmacksknospen anregten, und im nächsten Moment drehten mir die übel riechenden Dünste, die von dem allgegenwärtigen Unrat aufstiegen, den Magen um.
    Ein Händler verfolgte eine Bande rotznäsiger, zerlumpter Bengel und brüllte dabei Beschimpfungen, die mir das Blut in die Wangen steigen ließen. Ich wurde angerempelt und fiel beinahe rücklings auf einen Stand mit übel riechenden Fischen, als eine Hand mich gerade noch auffing. Als ich wieder fest auf den Beinen stand, richtete ich mich auf, um meinem Retter zu danken, und stieß beinahe mit der Nase gegen einen scharlachroten Rock, der mit goldenen Knöpfen und Schnüren besetzt war. Eine englische Dragoneruniform.
    »Ah, was für eine nette Überraschung, Mistress... O’Donnell. So lautet doch Euer Name, oder?«, fragte Captain George Turner und neigte das Haupt.
    Verblüfft riss ich die Augen auf und hielt mich an dem Holztisch fest, weil ich fürchtete, meine Beine würden unter mir nachgeben.
    »ja ...«, stammelte ich und schluckte.
    »Ich hatte mich schon gefragt, wo Ihr geblieben wart. Meine Männer haben das Unterholz durchsucht, doch Ihr wart wie vom Erdboden verschluckt. Wir haben uns Sorgen gemacht, doch ich stelle höchst erfreut fest, dass es Euch gut zu gehen scheint.«
    »In der Tat, ich... ich habe mich ein wenig zu weit in den Wald gewagt und mich verlaufen.«

    »Verlaufen?«, wiederholte der Captain mit argwöhnischer Miene. »Wenn Ihr es sagt. Wichtig ist nur, dass Ihr gesund und munter seid. Ich hätte mir Vorwürfe gemacht, wenn Euch etwas zugestoßen wäre.«
    »Wie Ihr feststellen könnt, bin ich bei bester Gesundheit und wohlbehalten«, versetzte ich ein wenig gereizt. »Wenn Ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet, ich muss heim, ehe mein Vater sich Sorgen macht. Es war mir ein Vergnügen, Euch wiederzusehen...«
    Ich wollte Fersengeld geben, doch er hielt mich am Arm fest und lächelte hinterhältig.
    »Lasst Euch von mir nach Hause begleiten«, sagte er scheinheilig. »Eine hübsche junge Frau wie Ihr sollte nicht allein durch diese Straßen voller Ungeziefer und menschlichen Abschaum gehen.«
    Seine nussbraunen Augen inspizierten mich von Kopf bis Fuß. Ich musste ihn irgendwie loswerden.
    »Ich komme ganz gut allein zurecht, vielen Dank«, gab ich zurück und wandte mich zum Gehen.
    Die Hand des Mannes schloss sich um meinen Arm und zog mich brutal an seinen Körper. Wütend versuchte ich mich loszumachen, doch vergeblich.
    »Ich bin kein Mann, der sich so leicht an der Nase herumführen lässt, Mistress«, erklärte er mit angespannter Stimme. »Ich weiß, dass Ihr mir etwas verbergt. Versteht Ihr, im Lauf der Jahre habe ich gelernt, aus Gesichtern das zu lesen, was die Worte nicht verraten wollen; und Euer Antlitz ist nicht nur sehr angenehm anzusehen, sondern auch wie ein offenes Buch.«
    »Lasst mich los«, stieß ich zwischen den Zähnen hervor. »Ich habe Euch nichts zu sagen, und Ihr habt kein Recht, über mich zu verfügen.«
    Er musterte

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