Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
Vom Netzwerk:
Euch helfen, Madam?«
    Lächelnd schlug er die Augen zu mir auf, und seine Miene erstarrte. Unsere Blicke trafen sich, und dann, von einem Moment auf den anderen, hatte ich den Mann aus meiner Kindheit wiedergefunden, der während der langen Winternächte in der Ecke an der Feuerstelle Balladen für mich gesummt hatte, der mir Kuchen mit Honig und Mandeln brachte, wenn ich krank war und mir
drei Zauberküsse auf die Nasenspitze gab, wenn ich mir wehgetan hatte. Meinen Vater.
    »Caitlin...«, murmelte er mit zitternder Stimme. »Bist das wirklich du, mein kleiner schwarzer Sturm?«
    »Vater...«
    Die Worte blieben mir in der zugeschnürten Kehle stecken, und meine Augen wurden feucht. Ich warf mich in seine weit ausgebreiteten Arme und ließ meinem Schmerz freien Lauf, weinte an seiner Schulter meinen ganzen Kummer heraus. Endlich hatte ich meine Familie wieder, mein eigenes Fleisch und Blut. Mehrere Minuten vergingen, bis er sich zum Sprechen entschloss. Er löste sich leicht von mir, um mich zu betrachten. Sein Blick strahlte vor Freude, und seine Hände, mit denen er die meine fest umfasst hielt, bebten.
    »Meine Tochter, mein kleines Mädchen...«, flüsterte er. »Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen.«
    Vor Rührung verschlug es ihm den Atem. Mit dem abgewetzten Aufschlag seines Ärmels wischte er sich die Tränen ab.
    »Ich bin da, Vater. Es gibt so vieles, was du wissen musst. Zwei Jahre... das ist eine lange Zeit, weißt du.«
    In diesem Moment sah er den Ring, der an meinem Finger glitzerte.
    »Ist das ein Ehering?«, fragte er mit schwacher Stimme und betrachtete das Schmuckstück genauer.
    Dann ließ er abrupt meine Hände los und sah mich besorgt an.
    »Du bist verheiratet?«
    »Ja, seit zwei Wochen.«
    »Zwei Wochen?«, rief er aus und zog die Augenbrauen hoch.
    Er zog ein mürrisches Gesicht.
    »Hat man dich auf irgendeine Weise dazu gezwungen?«, fragte er dann niedergeschlagen.
    »Nein, Vater«, versicherte ich ihm lächelnd. »Wir lieben uns, so wie Mutter und du.«
    Erneut ergriff er meine Hand, inspizierte den Ring mit fachmännischem Blick und strich mit der Spitze des Zeigefingers darüber.
    »Ein Claddagh, und eine gute Arbeit. Das ist das Werk eines geschickten
Kunsthandwerkers. Darf ich denn erfahren, wie der Mann heißt, der mir meine Tochter weggenommen hat?«, fragte er ein wenig barsch.
    »Liam Macdonald.«
    »Macdonald?«, rief er ungläubig aus. »Caitlin, du hast diesen... diesen Mann geheiratet, der angeklagt ist, Lord Dunning grausam ermordet zu haben? Was hast du getan, meine Tochter?«
    »Er hat ihn nicht getötet, Vater«, schrie ich jetzt ebenfalls.
    »Du glaubst, was er dir erzählt? Caitlin, du bist wirklich einfältig, dieser Mann hat...«
    »Ich weiß, was er getan hat und was nicht, Vater! Ich weiß es, weil...«
    Ich unterbrach mich und schlug die Hand vor den Mund, damit mir die furchtbare Wahrheit nicht entschlüpfte. Sollte ich es ihm sagen? Was würde er von mir denken, seiner kleinen Tochter, die er für so unschuldig und arglos hielt? Plötzlich stand eine Mauer zwischen uns, und ich fragte mich, ob ich die Kraft aufbringen würde, sie niederzureißen.
    »Es ist schwer zu erklären...«
    Die Tür öffnete sich und ließ einen Kunden sowie den Straßenlärm ein.
    »Ich bedaure, aber wir haben geschlossen«, erklärte mein Vater dem erstaunten Mann.
    »Aber ich...«
    »Kommt morgen wieder, Sir, heute haben wir geschlossen«, fiel er ihm in einem Ton ins Wort, der keinen Einwand zuließ.
    Der Kunde betrachtete uns einen Moment lang und machte sich dann murrend davon. Sobald die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, schob mein Vater den Riegel vor. Dann blieb er einen Augenblick lang reglos vor dem Fenster stehen und sah nach draußen.
    »Mit wem bist du hergekommen?«, fragte er ohne Umschweife.
    »Mit Liam und zwei anderen Männern aus seinem Clan.«
    Immer noch beobachtete er durch das schmutzige Fenster das, was ihn so in Erstaunen versetzte.
    »Wo befindet er sich in diesem Moment?«

    »Er wartet vor dem Laden auf mich.«
    Langsam wandte er sich zu mir um. Seine Augen wirkten so rund wie Untertassen.
    »Du meinst, du hast diesen Riesen im Rock geheiratet, der vor meiner Tür Posten bezogen hat?«
    »Das ist kein Rock, Vater, sondern ein Kilt, das weißt du ganz genau. In Belfast gab es doch auch Schotten, und du wirst nicht behaupten, dass du in Edinburgh noch nie einen Highlander gesehen hast.«
    Er musterte Liam noch eine kleine Weile mit väterlich

Weitere Kostenlose Bücher