Schwert und Laute
bestimmt mag er dich auch.«
Mit der Fingerspitze zog ich den schmalen Haarstreifen nach, der von seinem Nabel nach oben verlief, bis er in seine weiche Brustbehaarung überging. Seine Bauchmuskeln zogen sich zusammen, und zugleich stieg ein leises Stöhnen in seiner Kehle auf.
»Dein Vater... Da weiß ich noch nicht recht, was ich denken soll. Ich fühle mich in seiner Anwesenheit immer etwas beklommen. Als ich dich nach dem Mittagessen geküsst habe, kurz bevor er ging, da dachte ich schon, er würde mir an die Gurgel gehen. Bist du dir ganz sicher, dass du ihm gesagt hast, dass wir Mann und Frau sind?«
Ich lachte leise.
»Was würdest du tun, wenn ein Mann, den du nicht kennst, der aber ziemlich zwielichtig aussieht, vor deinen Augen deine Tochter küssen würde?«, fragte ich und schlug mein Bein über seines.
Er tat, als überlege er eine Weile.
»Ich glaube, ich würde ihm die Prügel seines Lebens verpassen«, erklärte er dann mit tiefernster Miene.
Sein raues Lachen brachte die Matratze zum Beben. Mit einem Finger zog er genüsslich meine Flanke nach.
»Und wenn ich wüsste, dass er dieselben Absichten hätte wie ich in diesem Moment... Ich glaube, ich würde ihn umbringen.«
»Liam«, seufzte ich, während seine Finger über meinen Körper glitten. »Das ist ein wenig... kurz gedacht... Oh! ... Findest du nicht?«
Ich rekelte mich und schloss die Augen.
»Ah! A ghràidh mo chridhe, du kennst eben meine Wünsche nicht.«
»Oh, und ob ich die kenne!«, prustete ich und stieß ihn leicht
zurück. »Manchmal frage ich mich, ob du überhaupt etwas anderes als das im Kopf hast.«
Kichernd wich ich der vorwitzigen Hand aus, die unter den Laken herumhuschte und mich fest an ihn drückte. Mit einem Mal wurde Liam ernst. Ich ahnte, dass er schlechte Nachrichten für mich hatte.
»Ich breche morgen auf, Caitlin«, sagte er langsam und versuchte, mich dabei nicht anzublicken.
Ich hatte das Gefühl, dass seine Worte herabsausten wie ein Fallbeil. Eilig richtete ich mich auf, um ihm in die Augen zu sehen.
»Nicht schon morgen, nein, das ist zu früh«, widersprach ich mit zitternder Stimme.
»Anders geht es nicht; es ist zu gefährlich, wenn ich hier bleibe. In der Stadt wimmelt es von Soldaten. Ich weiß dich in Sicherheit, und darauf kommt es im Moment an.«
Vor meinem inneren Auge sah ich Captain Turners Gesicht. Im Grunde meines Herzens wusste ich, dass Liam Recht hatte. Dennoch, die Vorstellung, allein zurückzubleiben und ihn womöglich nie wiederzusehen, jagte mir entsetzliche Angst ein.
»Ich will mit dir gehen, Liam«, flehte ich.
»Sei doch vernünftig, Caitlin. Ich kann dich nicht mitnehmen; darüber waren wir uns doch einig. Du bist hier bei deinem Vater besser untergebracht. Patrick wird mich begleiten und...«
»Patrick? Warum er?«
»Er kann mir möglicherweise helfen. Ich habe ihm von unserem kleinen Problem erzählt.«
»Kleines Problem, ha...«, murrte ich. »Wie lange?«
»Ich weiß es nicht, a ghràidh. Zwei Wochen, vielleicht auch länger... So lange, wie es eben dauert.«
»So lange halte ich das nicht aus!«
»Ich werde versuchen, gelegentlich zu kommen, oder ich schicke jemanden, der mir Nachricht von dir bringt.«
Ich ließ mich auf das Kissen zurücksinken und schloss resigniert die Augen. Der Regen trommelte heftig gegen die Fensterscheiben. Liam beugte sich über mich, küsste mich sanft und sah mich dann betrübt an.
»Ich liebe dich so sehr, dass ich für dich durch die Flammen der Hölle gehen würde.«
»Und ich würde dir folgen, mo rùin.«
Als ich am nächsten Morgen erwachte, war seine Seite des Betts leer und kalt. Erst jetzt weinte ich, bis ich keine Tränen mehr hatte.
14
Ein Versprechen wird gebrochen
Fünf Tage waren seit Liams überstürztem Aufbruch schon vergangen. Ich versuchte mehr schlecht als recht, die langen, leeren Stunden damit auszufüllen, dass ich Mrs. Hay – die darauf bestand, dass ich sie Edwina nannte – bei allen Arbeiten zur Hand ging, die in ihrem Haushalt anfielen.
Außer meinem Vater lebten dort noch drei weitere Mieter. Der Erste, der dieselbe Etage bewohnte wie Vater, war Mr. Robert Sinclair, ein kleiner Mann, dessen Korpulenz eindeutig darauf hinwies, dass er gutem Essen und gutem Wein zugetan war. Er legte eine unerschütterliche gute Laune an den Tag und belebte unsere abendlichen Mahlzeiten, indem er den neuesten Klatsch, der in der Stadt umging, kolportierte. Mr. Sinclair war von Beruf Teilhaber einer Bank, und
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