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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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keine Antwort, denn meine Kehle war wie zugeschnürt.

    Die Sonne ging schon unter, als man mich zu der besagten Hütte führte, die von der Straße aus nicht zu sehen war. Nachdem wir einen Weg eingeschlagen hatten, der einmal den Eingang zu dem Gehöft dargestellt haben musste, kamen wir auf einer Lichtung heraus, in deren Mitte sich eine mittelgroße Hütte aus Strohlehm mit einem Dach aus verblichenem Stroh erhob, wahrscheinlich ein ehemaliges Bauernhaus. Eine alte Pflugschar aus Holz und verrostetem Eisen war halb von Pflanzen überwuchert; die Natur forderte ihr Recht zurück.
    Niall ließ mir den Vortritt. Das Innere des baufälligen Häuschens lag in einem Halbdunkel, das nur von einer einzigen Kerze erhellt wurde. Catriòna, die in einer Ecke auf einer Bank saß und die Arme um die Knie geschlungen hatte, sah zu uns auf. Als sie mich erblickte, fuhr sie leicht zusammen, versank aber sofort wieder in ihrer Lethargie. Der Mann, der sie bewacht hatte, verabschiedete
sich, und nachdem Niall sich vergewissert hatte, dass es uns an nichts fehlte, ging er nach draußen, um dort Wache zu halten.
    Ich setzte mich in die gegenüberliegende Ecke und beobachtete das junge Mädchen. Mir wurde klar, dass sie wirklich sehr jung sein musste, kaum älter als sechzehn. Von neuem wandte sie mir ihre schwarzen, leicht schräg stehenden Augen zu und musterte mich apathisch. Ihre fein geschnittenen Züge erinnerten mich vage an Meghan. Sie besaß die gleiche schmale Taille und die gleichen langsamen, anmutigen Bewegungen. Ich lächelte ihr schüchtern zu.
    »Ich heiße Caitlin Macdonald«, sagte ich leise.
    Sie gab keine Antwort, sondern sah mich weiter an.
    »Und Ihr seid Catriòna Campbell, die Schwester von...«
    »Werdet ihr ihn töten?«
    Ihre Stimme klang kalt und hart. Ihre Frage verschlug mir die Sprache, ich hatte nicht die geringste Ahnung, was ich darauf sagen sollte. Ich konnte ihr doch nicht gestehen, dass ihr Bruder von vornherein zum Tode verurteilt war und Breadalbane ihn geopfert hatte, um den Clan zu schützen. Ich stand auf und ging unruhig hin und her. Ihr Blick folgte mir, sie erwartete offensichtlich eine Antwort von mir.
    »Werdet ihr ihn töten?«, wiederholte sie.
    »Ich... ich weiß es nicht.«
    »Haltet Ihr mich vielleicht für dumm?«, versetzte sie gereizt und starrte mich trotzig an.
    Bestürzt wandte ich den Blick ab. Der Abend würde ganz bestimmt nicht langweilig werden. Die hübsche Brünette war also doch nicht stumm.
    »Ich bedaure, aber ich kann nicht vorhersagen, was da draußen geschehen wird ...«
    »Aber ihr habt ihm eine Falle gestellt. Ich bin nicht dumm, versteht Ihr, anders als einige eurer Männer das von den Campbell-Frauen anzunehmen scheinen.«
    »Ich halte Euch nicht für dumm, Catriòna, ich kann Euch nur einfach keine Antwort darauf geben.«
    »Weiß mein Bruder, dass ihr mich entführt habt?«

    Ihre Miene veränderte sich plötzlich, und der zornige Ausdruck wich der Angst.
    »Ich habe keine Ahnung...«
    Catriòna schwieg eine ganze Weile. Sie legte die Stirn in Falten, dann rieb sie sich mit den Fingerspitzen die Schläfen. Ihre Finger waren lang und liefen spitz zu, wie bei Meghan, aber ihre Nägel waren bis auf das Fleisch abgekaut, und ihre Haut war schwielig von der Hausarbeit. Seufzend schüttelte sie den Kopf, und ihr langer Zopf schwang auf ihrem Rücken hin und her.
    »Er darf nicht erfahren, dass ich hier bin«, murmelte sie.
    »Es steht nicht in meiner Macht, etwas dagegen zu tun, versteht Ihr?«
    »Die Falle, die ihr ihm gestellt habt... ist die sicher? Meint Ihr, die Männer wollen ihn ergreifen?«
    »Es tut mir aufrichtig leid für Euren Bruder, aber er hat Dinge getan... Die geschädigten Clans fordern Wiedergutmachung.«
    »Ich weiß, was er getan hat«, gab sie lebhaft zurück und sprang auf. »Er hat getötet, gestohlen und vergewaltigt. Ich kenne Ewen sehr gut und weiß, wozu er fähig ist.«
    »Dann versteht Ihr sicher, warum sie ihn festsetzen wollen.«
    »Sie wollen seine Haut, nicht wahr? Wollen sie ihn töten? Sagt mir die Wahrheit, bitte, Caitlin. Ich muss wissen, woran ich bin...«
    Tränen traten ihr in die Augen, und ich erwiderte ihren Blick. Ich war selbst aufgewühlt. Was sollte ich ihr antworten?
    »Sagt es mir!«, flehte sie noch ein wenig lauter.
    Die Spannung wuchs. Die Arme vor der Brust verschränkt, musterte sie mich kalt.
    »Ich glaube, das wollen sie«, sagte ich langsam.
    Meine Hände zitterten. Ich wünschte mir sehnlichst, anderswo zu

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