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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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was er wollte. Als er eines Tages in dieser Gegend unterwegs war, schickte er einen seiner Diener voraus und befahl ihm, sein Pferd auf dem Feld, das Ihr dort unten seht, weiden zu lassen. Der arme Mann tat wie ihm geheißen, doch da er kein
Wort Gälisch sprach, verstand er Fletchers Warnungen nicht, der drohte, ihn umzubringen, wenn er das Pferd nicht von seinem Feld nähme. Fletcher tötete ihn. In diesem Moment kam Duncan der Schwarze hinzu und zeigte sich bestürzt angesichts der Leiche seines Dieners. Dann erklärte er Fletcher, sein Leben sei gewiss in Gefahr, wenn die Krone von seiner Tat erführe. Er riet ihm, nach Frankreich zu fliehen, aber der adlige Mann fürchtete, die Krone könne seine Ländereien beschlagnahmen und seine Familie würde um ihren Besitz gebracht. Duncan beruhigte ihn und schlug ihm ein Abkommen vor. Fletcher solle ihm die fraglichen Ländereien verkaufen, und sobald er begnadigt sei, könne er sie wieder in Besitz nehmen. Der Mann unterzeichnete und reiste beruhigt nach Frankreich ab. Doch als der König ihm endlich Pardon gewährte, dachte Duncan gar nicht daran, ihm Achallader zurückzugeben oder ihm die schuldige Summe zu zahlen. Und der Hügel heißt das ‹Grab des Fremden‹, weil hier angeblich der englische Diener begraben wurde.«
    »Das ist ja schrecklich!«, rief ich aus.

    Zum Abendessen speisten wir Schinken und gekochte Rüben, die wir großzügig mit Bier herunterspülten. Scherze flogen hin und her und brachten mich zum Lächeln. So langsam begann ich, mich in der Gesellschaft all dieser Männer, die mich umgaben, wohl zu fühlen. Trotz einiger lüsterner Blicke, die ich gelegentlich auffing, behandelten sie mich mit Respekt und wahrten Abstand.
    Ich streckte die Hand nach einem Stück Brot aus und verzog das Gesicht, als ich den Schmerz in meiner Schulter spürte. Liam achtete darauf, dass ich meinen Teller auch wirklich leer aß.
    »Tut dir die Schulter weh?«
    Er saß mir gegenüber und sah zu, wie ich den Rest der Brühe mit dem Brot auftunkte. Ich trat unter dem Tisch nach ihm, so dass er ebenfalls eine Grimasse zog.
    »Wieso hast du eigentlich zugestimmt, mir das Schießen beizubringen?« , fragte ich und kaute einen Bissen Brot.
    »Wenn du anfängst, Gefallen daran zu finden, die Männer der Brigade bei jedem kleinen Fehltritt mit der Pistole zu bedrohen,
dann ist es mir lieber, wenn du wenigstens damit umgehen kannst.«
    »Du weißt genau, dass ich nicht geschossen hätte«, gab ich zurück.
    Er beugte sich zu mir herüber und zog eine Augenbraue hoch.
    »Wirklich nicht?«
    »Jedenfalls ... glaube ich das nicht«, stotterte ich.
    Ich schluckte meinen Bissen hinunter und spülte mit einem Schluck Bier nach. Dann holte ich tief Luft und sah ihm direkt in die Augen.
    »Liam, da ist etwas, das ich gern wissen möchte...«, begann ich und trommelte nervös mit den Fingern auf die Tischplatte. »Hast du schon einmal...«
    Verlegen unterbrach ich mich, fuhr jedoch fort, als er mich fragend ansah.
    »Hast du schon einmal einer Frau Gewalt angetan?«, stammelte ich.
    Seine blauen Augen verdüsterten sich, und er sah mich verblüfft an.
    »Wie kommst du darauf, mir eine solche Frage zu stellen, a ghràidh ?«
    »Schon gut, ich hätte niemals ...«
    »Jetzt hast du es getan«, versetzte er hart. »Zu spät.«
    »Es ist nur ... Ich habe Bryan für einen netten Burschen gehalten, und dann ... als ich ihn bei dem Mädchen überrascht habe... Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll; für ihn war das nur ein... Spaß, nichts weiter. Ich kann mir vorstellen, dass die Männer bei den Überfällen auf andere Clans ebenfalls Frauen schänden, bevor sie sich mit der Beute absetzen.«
    Er blieb merkwürdig stumm, leerte sein dram Whisky und sah mich über den Rand des Bechers hinweg an. Meine Kehle schnürte sich zu. Ich war drauf und dran davonzulaufen, weil ich mich vor seiner Antwort fürchtete, doch er hielt mich am Arm fest.
    »Nein«, erklärte er knapp und sah mich kühl an.
    »Nein, was?«, stammelte ich leise.
    »Ich habe deine Frage mit ‹Nein‹ beantwortet.«

    Beschämt, aber zugleich erleichtert schlug ich die Augen nieder.
    »Gelegenheit hätte ich schon gehabt, a ghràidh... Dutzende von Malen. Ich habe miterlebt, wie Frauen vor meinen Augen geschändet wurden. Ich schäme mich sogar ein wenig, dir gestehen zu müssen, dass mich das oft ziemlich erregt hat und es mir nicht an Begehren mangelte ... Aber da habe ich an meine Schwestern gedacht und mir vorgestellt,

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