Schwert und Laute
ist nicht leicht, das Töten zu lernen, a ghràidh . Doch es macht einen großen Unterschied, ob man zum Vergnügen tötet oder um zu überleben.«
Er barg meine Hand an seiner Wange und sprach weiter.
»Das ist das Gesetz der Natur; der Stärkere überlebt. Dura lex, sed lex , ‹das Gesetz ist hart, aber es ist das Gesetz‹. Verstehst du?«
»Ich glaube schon«, stotterte ich.
»Du brauchst deswegen kein schlechtes Gewissen zu haben. Auch nicht wegen Niall. Es war nicht deine Schuld.«
»Natürlich war es meine Schuld, Liam«, rief ich aus und sah
ihn niedergeschlagen an. »Wenn ich nicht weggelaufen wäre... Wenn ich in der Hütte geblieben wäre, wie man es mir gesagt hatte, wäre Niall noch am Leben...«
Die Worte blieben mir in der Kehle stecken. Liam zog mich auf seine Knie und schlang ein Plaid um uns beide.
»Es ist nun einmal geschehen, und wir können nichts daran ändern. Gott hat es so entschieden. Wer weiß, was passiert wäre, wenn du nicht weggelaufen wärest? Ewen Campbell hätte euch vielleicht dort überrascht. Möglicherweise wären die Folgen noch tragischer gewesen.«
»Ich weiß es nicht... Ich habe Niall so gern gemocht. Und Joan ... sie wird furchtbar traurig sein... Die beiden wollten heiraten. Niall wollte noch einmal nach Clunes reiten, um ihren Vater zu treffen.«
Er küsste mich auf den Hals, dort wo mein Puls pochte.
»Du bist stark, Caitlin. Das wusste ich schon seit der ersten Nacht, als wir gemeinsam geflohen sind. Ich wusste gleich, dass du zu den Frauen gehörst, die sich nicht so leicht geschlagen geben. Du bist eine Kämpferin, und ich brauchte jemanden wie dich, um wieder ich selbst zu werden. Ich kann nicht mehr ohne dich leben, a ghràidh, du musst stark bleiben, um unser beider willen ...«
Und für unser Kind ..., dachte ich und legte die Hände auf meinen Leib. Der Schmerz hatte nachgelassen, aber ich machte mir immer noch Sorgen um das Ungeborene. Ewen hatte fest zugetreten.
Liam nahm mein Kinn in die Hand und drehte mein Gesicht zu sich. Eine lange Schnittwunde zog sich über seine rechte Wange, die mit getrocknetem Blut befleckt war. Abgesehen von einem flachen Schnitt an einem Schenkel war er unverletzt, und dafür dankte ich Gott. Sein Blick drang bis in meine Seele vor.
»Wenn du noch einmal töten musst, um zu überleben, dann tu es ohne Zögern...«
»Liam... Campbell... hat behauptet, Meghan nicht getötet zu haben.«
Er sagte nichts darauf, sondern wandte den Blick ab und sah zu den Männern, die ruhig auf ihren Sieg tranken.
»Schon möglich«, meinte er dann. »Wir werden es wahrscheinlich nie erfahren. Aber für die Männer ist er schuldig. Sie haben ihn nach ihrem Gesetz verurteilt und gerichtet. Ob er es war oder ein anderer der Wölfe, er ist eben der Sündenbock gewesen.«
»Er hat auch etwas von einem gewissen Barber gesagt.«
Liam zuckte zusammen. Er rückte ein Stück von mir ab und musterte mich aus feucht schimmernden Augen.
»Robert... Barber...?«
»Er hat mir gesagt, du wüsstest, worum es geht.«
»Das ist der Mann, der meinen Vater umgebracht hat.«
»Liam, dieser Mann versucht, dich zu töten. Er weiß von der Übergabe in Lang Craig. Wir haben einen Verräter unter uns ...«
»Mein Gott...«, flüsterte er.
Er umfasste mich von hinten, und wir schmiegten uns aneinander. Sein Schenkel presste sich an die meinen, und seine Arme hielten mich fest umschlossen. Ich legte seine Hand auf mein Herz und schloss die Augen. Auch ich könnte nicht mehr ohne dich leben, mo rùin.
Die Eule rief, und dann war nichts mehr zu hören außer dem lauten Schnarchen der Männer, die um uns herum lagen, und dem Knistern des Feuers. Nur die Toten blieben still.
20
Die Nachfahren des Iain Og nan Fraoch
Der Morgen zog düster und dunstig herauf. Auf dem Strohdach der Hütte krächzte ein großer Rabe wie die Fee Morrigane 17 , die über den Schlachtfeldern triumphiert. Ich warf dem Aasfresser einen trotzigen Blick zu.
»Heute wirst du nicht auf Cuchulains 18 Schulter sitzen«, stieß ich leise zwischen den Zähnen hervor.
Der Vogel beobachtete mich aus seinen glänzenden Äuglein, dann breitete er die langen schwarzen Schwingen und flog davon. Ich drehte mich um. Drei Männer starrten mich an, als wäre ihnen eine Vision erschienen. Peinlich berührt lächelte ich ihnen schüchtern zu. Sie verneigten sich respektvoll, bevor sie sich wieder ihren Pflichten widmeten.
Die Männer hatten im Wald ein siebtes Mitglied der Faolean entdeckt. Er
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