Schwert und Laute
suchten nach den Leichen. Liams Hände tasteten mich ab.
»Geht es dir gut?«, fragte er leise.
»Ja, mir ist nichts geschehen...«
Unvermittelt hob er mich hoch, und wir drangen in den Wald ein, wo er mich in einem Farngestrüpp absetzte. Dann streckte er sich neben mir aus. Er zitterte am ganzen Leib.
»Warum bist du nicht in der Hütte geblieben? Warum musst du mir immer ungehorsam sein, Caitlin?«, stieß er heiser hervor. »Habe ich nicht genug damit zu tun, selbst am Leben zu bleiben, ohne mir ständig Gedanken darüber zu machen, in welche missliche Lage du dich wieder hineinbringst? Ich bin es gründlich leid, dir immer hinterherzulaufen ...«
»Hör auf, mich anzubrüllen!«, gab ich ebenso grob zurück. »Es ging nicht anders. Catriòna... ich weiß, ich hätte es nicht tun sollen... das war dumm von mir ...«
Er packte mich an den Schultern und schüttelte mich wie einen Pflaumenbaum zur Erntezeit.
»Dumm! Das Wort ist zu schwach!«, schrie er. »Das war vollständig leichtsinnig von dir. Du hättest... Du hättest... Herrgott noch mal, Caitlin!«
Er zog mich an sich und küsste mich wild. Seine Lippen schmeckten nach Blut und Salz, und sein Geruch nach Kiefern und Schweiß, der sich in den nach Pulver und Angst mischte, stieg mir zu Kopf. Mein Körper flammte auf wie eine Fackel, und ich erwiderte seinen Ansturm mit derselben Leidenschaft.
Verzweifelt umklammerten wir einander, als könne unser Leben jeden Augenblick zu Ende sein. Nichts war mehr wichtig außer dem Leben, das unter unseren Fingern pulsierte, und die Hitze unserer Körper. Wir empfanden den Drang, diesen Moment auszukosten, als könne er der letzte sein.
»Ich hatte solche Angst, dich zu verlieren ...«, seufzte Liam mit gepresster Stimme.
Sein Kopf ruhte auf meinem Bauch, und seine schmutzigen Haare klebten ihm im Gesicht. Ich löste eine Strähne und streichelte seine feuchte, raue Wange.
»Ich habe auch um dich gefürchtet, mo rùin ...«, flüsterte ich und zog ihn an mein Herz. »Mir ging es nicht anders.«
Die Männer hatten das Lager auf der Lichtung, in der Nähe der Hütte, aufgeschlagen. Die Leichen lagen, mit ihren Plaids bedeckt, am Waldsaum aufgereiht. Neun Männer waren getötet worden, darunter Charles Sorley, Dougall Cameron und Niall MacColl. Die sechs anderen gehörten zur Bande der Faolean . Ein Einziger war lebend gefangen worden, und zwei weitere waren entkommen. Sie mussten inzwischen weit fort sein, aber dennoch hatte man vorsichtshalber an jeder Ecke des Lagers Wachen postiert.
Liam war tief betroffen über den Tod von Niall, den er einst die Grundlagen der Kriegskunst gelehrt hatte. Nachdem Nialls Vater in Killiecrankie gefallen war, hatte Liam ihn unter seinen Schutz genommen.
Catriòna saß, niedergeschlagen und mit ausdrucksloser Miene, bei der Leiche ihres Bruders. Was für ein Hohn , dachte ich bei mir. Wir hatten uns ihrer bedient, um Ewen in unsere Falle zu locken; doch zur gleichen Zeit hatte sie uns benutzt, um ihre Rache zu
vollenden und sich von ihrem Peiniger zu befreien. Ich hatte kurz mit Adam über sie gesprochen. Ihr Schicksal war jetzt besiegelt; sie würde mit den Männern des Cameron-Clans aufbrechen und im Herrensitz der Lochiels als Küchenmagd dienen.
Der Gefangene war ein gewisser Alexander Grant, ein gebrochener Mann. Adam und drei andere Männer hatten ihn beiseite genommen, um ihn zum Reden zu bringen. Sie würden ihm sein Leben im Austausch für die gestohlene Beute anbieten. Ich konnte mir gut vorstellen, dass sie ihn nicht lange würden bearbeiten müssen, um ihn zu überzeugen, die Information auszuspucken.
Mir klapperten die Zähne. Langsam erholte mein Körper sich von seiner Schreckensstarre und erwachte wieder zum Leben, und die Kälte drang mir bis ins Mark. Liam reichte mir die Feldflasche mit Whisky, und ich trank ein paar Schlucke, um mich ein wenig von innen aufzuwärmen. Dann legte er mir meinen Umhang über die Schultern und setzte sich neben mich.
Der Feuerschein warf unheimliche Schatten in die Runde. Die Verletzten waren versorgt, und die Pferde standen ein Stück weiter. Für den Moment konnten die Männer nichts mehr tun. Sie mussten auf den Tagesanbruch warten, um die Wälder zu »säubern«.
»Catriòna hat erzählt, dass du Campbell getötet hast«, sagte Liam und beobachtete mich von der Seite.
»Ja«, antwortete ich und wandte den Blick ab.
Er nahm meine Hand und führte sie an die Lippen. Ich erzitterte, als ich seine Wärme spürte.
»Es
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