Schwert und Laute
ich hinter Isaak her und fragte mich, wohin er mich führte.
Ich hatte keine Zeit, über diese Frage nachzudenken, denn er zog mich auf den Abhang zu, den ich kurz zuvor hinuntergeklettert war. Wir liefen zurück zur Kapelle. Erst als wir dort ankamen, ließ er sich herab, mich freizugeben und Luft holen zu lassen. Ich flüchtete mich in die dunkelste Ecke des Gebäudes. Isaak ging vor mir in die Hocke.
»Geht nicht zurück. Liam wird Euch hier abholen. Ich beschwöre Euch, hierzubleiben, das ist sicherer.«
Sein Tonfall war trocken und schneidend. Ich wollte ihm danken, ihn fragen, warum er das getan hatte, mich entschuldigen, weil ich ihn zu Unrecht verdächtigt hatte, doch die Worte kamen mir einfach nicht über die Lippen.
»Ich werde wieder gehen, ich habe etwas zu erledigen...«
Ich schaute auf die Waffe hinunter, die auf meinen Röcken lag. Als ich wieder aufsah, war Isaak fort. Erst jetzt brach ich in Tränen aus.
Nach einer Weile beruhigte ich mich und wischte mir die Augen mit dem Ärmel ab. Da vernahm ich das Klirren von Zaumzeug und das Stampfen und Schnauben von Pferden, die sich näherten. Liam kehrte zurück. Ich stand auf, lief zur Tür und wartete darauf, dass der Trupp auftauchte. Eine ungute Vorahnung schnürte mir die Kehle zu. Die Gruppe nahte sich von Südwesten, obwohl sie von Norden hätte kommen müssen. Mir wich das Blut aus dem Gesicht. Das war nicht Liam...
Es waren gut zwanzig Männer, Dragoner. Sie hielten direkt auf die Kapelle zu, in der ich mich versteckte. Ich verbarg mich im Schatten und wartete darauf, dass sie hereinkamen.
»Im Namen Seiner Majestät, wer ist da?«, schrie jemand. »Kommt heraus, oder wir schießen!«
Die Schritte kreisten mich ein. Mein Herz raste, als wolle es aus meiner Brust springen. Musketen wurden geladen. Entweder ging ich nach draußen, oder ich ließ mich über den Haufen schießen. Daher zog ich meinen Umhang um die Schultern und trat in das Mondlicht, das durch die halb geöffnete Tür einfiel. Der Soldat musterte mich, und dann wich seine gelassene Miene der Verblüffung.
»Aber das ist ja eine Frau!«, rief jemand aus.
»Was kann denn eine Frau mitten in der Nacht an einem solchen Ort zu suchen haben?«, bemerkte eine andere Stimme.
»Überleg doch, Trottel! Sie ist nicht allein«, überschrie ihn ein Dritter.
»Ich bin allein«, erklärte ich. »Außer mir ist niemand hier.«
»Niemand außer Euch, ja?«, schrie der erste Soldat und stieß mich mit dem Lauf seines Gewehrs aus der Kapelle. »Harris, Burns!«, brüllte er. »Überprüft, ob die Dame die Wahrheit sagt.«
Kurz darauf kehrten die beiden Männer zurück.
»Niemand da, Lieutenant.«
Der Offizier wandte sich ab und fluchte. An seiner Stimme hörte ich, dass er angespannt und unruhig war.
»Wo ist er?«, fragte er mich kalt.
»Wer?«
»Haltet mich nicht für einen Idioten, Madam«, stieß er mit zusammengebissenen Zähnen hervor. »Hier stehen zwei Pferde. Also seid Ihr entweder zu zweit, oder Ihr seid eine Pferdediebin.«
Mit einem Mal wurde mir klar, dass mein Pferd und das von Calum noch an einen Baum angebunden waren, nur wenige Schritte von hier entfernt. Die Soldaten mussten sie bemerkt haben. Aus diesem Grund hatten sie wahrscheinlich auch die Umgebung überprüft.
»Und wenn ich Euch sagen würde, dass ich das andere Pferd gestohlen habe?«, entgegnete ich trotzig.
Er trat an mich heran und strich mir über die Haut, knapp unterhalb des Kinns.
»Es wäre schade, einen so hübschen Hals mit einer Schlinge zu brechen...«
Ich sah ihn ausdruckslos an und schluckte. Unter diesen Umständen kam es nicht in Frage, mich als Pferdediebin auszugeben. Die Wahrheit konnte ich ihm aber auch nicht eingestehen. Also beschloss ich, überhaupt nichts zu sagen.
Der Lieutenant musterte mich im Mondschein von Kopf bis Fuß und verhielt einen Moment bei der hell aufleuchtenden Klinge meines Messers, das an meinem Gürtel hing. Er nahm es mir fort. Meine geladene Pistole lag noch auf dem Boden der Kapelle.
»Ihr werdet Euch vor dem Captain verantworten müssen«, erklärte er und wandte sich dann an seine Männer. »Kämmt die Umgebung durch, er kann ja nicht weit sein. Und bringt ihn mir vorzugsweise lebend.«
Die Soldaten zerstreuten sich in der Dunkelheit.
»Wie ist Euer Name?«
»...Myrna«, stotterte ich.
Das war der erste Name, der mir in den Sinn gekommen war. In Zukunft sollte ich stets eine Auswahl falscher Namen auf Vorrat halten.
»Myrna...«, brummte er und
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