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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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schießen? Wertvolle Zeit verstrich. Nur das Rauschen der Brandung und die leisen Stimmen der Männer waren in der unheimlichen Stille zu hören. Wo sich wohl die Männer unserer Bande verstecken mochten? Ob sie geflohen waren? Oder tot? Ein Knirschen von Sand und Kies in meiner Nähe ließ mich zusammenfahren. Leuchtende Augen sahen mich durchdringend an und baten mich stumm, nicht zu schreien. Isaak robbte auf mich zu, streifte meine Schulter und hüllte mich in eine beißende Mischung aus Schweiß- und Branntweingestank.
    Er nahm ebenfalls die Lage in Augenschein und kratzte sich mit dem Lauf seiner Pistole am Nasenflügel.
    »Wir haben sie umzingelt«, flüsterte er mir zu, ohne den Blick von der Szene vor uns zu wenden. »Die Männer sind in Schussposition.«
    Ich öffnete den Mund.
    »Wir werden es ihnen ordentlich zeigen. Ich bin mir sicher,
    dass uns jemand verkauft hat.«
    Er bemerkte meine Waffe.
    »Wen wollt Ihr übernehmen?«
    Ich zuckte unsicher die Schultern.
    »Ihr könnt damit umgehen. Also?«
    Er sah mich fest an. In seinen Augen stand ein amüsiertes Funkeln. Ich würde in ihrem Spiel mitspielen. Unsicher drehte ich mich zu den Männern um, die wieder in der Mitte des freien Platzes zusammenstanden. Einige sahen sich prüfend in der Umgebung um. Andere teilten sich lachend eine Flasche. Barber trat erneut auf Liam zu.
    »Ich werde ihn nicht treffen, er ist zu weit weg.«
    Die Entscheidung hatte sich geradezu aufgedrängt. Barber würde mein Ziel sein. Isaak nahm meine freie Hand und legte sie auf die Pistole. Dann drehte er sich, so dass sein Bein quer vor mich zu liegen kam. Verständnislos sah ich ihn an. Er lächelte mir zu, nahm meine Waffe beim Lauf und legte sie über seinen Schenkel.

    »So ist es einfacher.«
    Ich begriff und nickte. Als ich in Position ging, stieß er einen merkwürdigen Laut aus, der dem Zirpen einer Grille ähnelte. Niemand bemerkte es, bis auf Liam, der sich leicht in unsere Richtung drehte. Isaak wiederholte das Geräusch noch zweimal. Ein Zeichen, schloss ich.
    »Ihr bringt die Pistole in Anschlag«, flüsterte er mir noch zu. »Zielt auf die Brust, denn sie ist größer als der Kopf. Dann ist die Aussicht größer, dass Ihr ihn trefft. Und wenn, dann wird die Verletzung ihn mit Sicherheit außer Gefecht setzen.«
    Ich nickte und visierte mein Ziel an. Meine Hände zitterten leicht. Ich holte tief Luft. Vor Angst zog sich mir der Magen zusammen. Liam befand sich nahe an meinem Ziel, zu nahe.
    »Wenn ich daneben schieße...«
    »Denkt daran, was dieser Mann Liam antun will. Ihr werdet nicht daneben treffen.«
    Ich schloss die Augen, schluckte und schlug sie wieder auf. Barber befand sich in meiner Schusslinie.
    »Wenn ich pfeife, drückt Ihr auf den Abzug«, fuhr Isaak fort. »Ist das klar?«
    »Ja...«
    Langsam streckte er sich aus und nahm ebenfalls seine Position ein. Augenblicke verstrichen, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen. Barber hatte sich vor Liam aufgepflanzt und bedrohte ihn mit der Spitze seines Dolchs. Ich hörte nicht mehr, was er zu ihm sagte, sondern nur noch das Pochen meines Herzens und dann den Pfiff. Mein Finger drückte den Abzug. Mit einem Mal schien alles schneller abzulaufen, als wäre eine Sanduhr zerschellt und hätte alle Zeitkörnchen auf einmal entlassen. Männer brachen schreiend zusammen. Die Salve, die über sie hereingebrochen war, hallte in meinem Kopf nach wie ein Echo. Überrascht rannten diejenigen, die nicht gefallen waren, in Deckung. Reglos, beinahe gleichgültig beobachtete ich die Szene.
    Dann sah ich Liam zu Boden gehen; sein Wächter fiel auf den Rücken. Erschrocken sah ich mein Ziel an. Barber stand immer noch. Ich hatte daneben geschossen und Liam getroffen! Ich spürte, wie meine Knie weich wurden und mir der Atem stockte.
Ein Verzweiflungsschrei stieg aus meiner tiefsten Seele auf und bahnte sich seinen Weg bis in meine Kehle. Dann, völlig unerwartet, sah ich, wie Liam sich bewegte. Er trat Barber in die Kniekehlen. Der Mann schwankte und krachte schwer zu Boden. Im Fallen hatte er seinen Dolch verloren. Liam ergriff die Waffe und richtete sich über ihm auf. In einer Hand hielt er den Dolch, und mit der anderen riss er Barbers Kopf an den Haaren hoch. Eine knappe, präzise Bewegung; die Klinge drang erstaunlich leicht in das Fleisch des Halses ein. Ein Blutschwall sprudelte hervor. Mir wurde schlecht.
    Eine Hand zog mich aus dem Gebüsch, weg von dem Gemetzel, und führte mich fort. Immer noch starr vor Schreck rannte

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