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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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meinen Hals und drückte mich mit dem Rücken an sich, so dass ich mich nicht rühren konnte.
    »Halt’s Maul, Weib!«, zischte er mir ins Ohr.

    Er packte in mein Haar, riss meinen Kopf hoch und zwang mich, das grausige Schauspiel mit anzusehen.
    »Er hat nichts getan...«, schluchzte ich.
    »Er ist ein dreckiger Highlander-Bastard, das reicht mir, meine Schöne. So spart er sich den Prozess. Am Ende wäre er ohnehin aufgehängt worden.«
    »Ihr seid nichts als ein englischer Dreckskerl«, kreischte ich und zappelte heftig.
    Der Mann legte den Arm fester um meinen Hals und zog meinen Kopf so heftig nach hinten, dass ich einen Schmerzensschrei ausstieß.
    »Und Ihr seid eine richtige schottische Hure.«
    Ein Peitschenknall war zu vernehmen, gefolgt von einem Wiehern. Das Pferd sprengte im Galopp davon, und MacKean stürzte mit einem unheimlichen Knacken ins Leere. Er wand sich krampfhaft, und in seinem durch den Luftmangel blau angelaufenen Gesicht traten die Augen fast aus den Höhlen. Sein Hals war nicht gebrochen, und er würde einen langsamen Tod durch Ersticken erleiden. Mein Gott, erbarme dich seiner...
    Ich vermochte den Blick nicht von dem Mann loszureißen, der sich am Ende des Stricks in einem makaberen Tanz drehte, die Füße nur einige Daumenbreit über dem Boden. Dann erschlaffte MacKeans Körper plötzlich. Mir stiegen die Tränen in die Augen, und ich wandte mich, von einer heftigen Übelkeit überwältigt, zur Seite.
    Der Lieutenant spürte, dass mir nicht gut war, und ließ mich los. Ich sank vor seinen Füßen zu Boden und erbrach mich, wobei ich die Augen zukniff, um die grauenhafte Szene nicht sehen zu müssen. Doch das Knarren des Stricks auf dem Ast ließ erneut das Bild des zappelnden Körpers vor mir aufsteigen, und ich schluchzte lautlos.
    Aber ich hatte kaum Zeit, mich zu fassen, denn der Lieutenant zwang mich grob zum Aufstehen und löste meine im Rücken gefesselten Hände.
    »Und was machen wir mit dem da?«, fragte einer der Männer, der Calum immer noch mit seinem Bajonett in Schach hielt. »Sollen wir ihn auch aufhängen?«

    »Nein, einen Gefangenen muss ich dem Captain wenigstens mitbringen«, antwortete der Lieutenant trocken und stieß mich mit dem Lauf seiner Muskete auf mein Pferd zu.

    Etwas zupfte an meinem Schuh. Ich bewegte den Fuß, doch der Störenfried kehrte zurück. Mühsam öffnete ich die Augen und stieß einen verblüfften Schrei aus, als ich eine riesige Ratte erblickte. Mit einem kräftigen Fußtritt schleuderte ich sie gegen die rissige Mauer. Laut quietschend trollte sich das Tier und flüchtete sich unter einen Haufen schmutzigen Strohs. Ich sprang auf, schüttelte meine Röcke, um sie von eventuellem Ungeziefer zu befreien, und lehnte mich keuchend an die Wand. Du befindest dich in einem Kerker, Caitlin, und nicht im Palast von Linlithgow. Ich ließ den Blick durch die Zelle schweifen, die von einem in
    Ich ließ den Blick durch die Zelle schweifen, die von einem in die dicke Steinmauer eingelassenen Fensterchen nur schwach erhellt wurde. Als man mich in den frühen Morgenstunden eingeschlossen hatte, war es noch dunkel gewesen. Anscheinend hatte ich einige Stunden geschlafen.
    Langsam kam ich zu mir, und die Erinnerung an die gestrigen Ereignisse kehrte zurück. Wo mochte Liam sein? War er tot? Und Calum? Der Junge befand sich gewiss in einer benachbarten Kerkerzelle. Ich hätte so gern mit ihm gesprochen. Aber mir blieb wohl nichts anderes übrig, als meine unvermeidliche Unterhaltung mit dem Captain abzuwarten. Mit dem Handrücken wischte ich mir eine Träne weg und ließ mich zu Boden sinken.
    Die Zelle strahlte einen starken Geruch nach Urin und Exkrementen aus, der mir die Kehle zuschnürte. Die Wände waren mit den Spuren bedeckt, die frühere Insassen hinterlassen hatten. Namen, Daten und Skizzen, von den Verzweifelten mit einer Gürtelschnalle oder einem Metallknopf in den Stein geritzt.
    Zögernd strich ich über die feuchten, abgeschliffenen Steine, die mit den Zeichen der Verurteilten, die sie vor mir berührt hatten, bedeckt waren. Zerschmetterte Hoffnungen, Enttäuschungen. Diese Steine beklagten lautlos den Schmerz dieser Männer und Frauen und bewahrten die Erinnerung an ihre Schreie und ihr Schluchzen. Ich zog die Nase hoch und strich mit der Hand über meine tränennasse Wange. John Forbes – 1685. Mit
meinen feuchten Fingern verfolgte ich eine wahrscheinlich mit Tinte angebrachte, unleserlich gewordene Inschrift, Spur eines anonymen Lebens,

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