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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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zeugten seine übermüdeten Züge. Das war ich und zugleich eine andere. Die Frau, die auf der Leinwand lag, war diejenige, mit der er einen Handel abgeschlossen und die er... eine Nacht lang besessen hatte. Die Erinnerung ekelte mich an, und ich zog die Laken hoch und wandte mich ab. Meine heftige Bewegung riss ihn aus seinen Träumereien.
    »Zieht Euch an«, befahl er.
    Ich zog eine Augenbraue hoch und sah ihn verblüfft an.
    »Warum?«
    »Wir brechen auf«, verkündete er.
    »Aber wohin?«, verlangte ich, beunruhigt und erleichtert zugleich, zu wissen. »Bringt Ihr mich zurück ins Gefängnis von Dundee?«
    »Stellt keine Fragen und tut, was ich Euch sage«, versetzte er schroff.
    Ich glitt aus dem Bett und nahm meine Kleider, die jemand gereinigt und ordentlich gefaltet über einen Stuhl gelegt hatte. Winston rührte sich keinen Fußbreit und fuhr fort, mich kalten Blicks zu beobachten.
    »Könntet Ihr mich nicht allein lassen?«

    »Seid still und zieht Euch an!«, befahl er noch einmal.
    Sein Ton war so schneidend, dass ich zusammenzuckte und mich schweigend ankleidete. Ich spürte seinen bohrenden Blick im Rücken. Das war nicht der richtige Moment, um Einwände zu erheben.
    Wir ritten durch die Sidlaw Hills in Richtung Norden, bis wir unterhalb von Lundie Craigs eine kleine, verlassene Hütte am Ufer eines Loch erreichten. Winston stieg von seinem Pferd und half mir beim Hinunterklettern. Ich fing seinen Blick auf und erschauerte. Offensichtlich hatte er einen Plan, und ich hegte den Verdacht, dass es etwas mit Liam zu tun hatte.
    »Warum sind wir hergekommen?«, fragte ich. Sein fortgesetztes Schweigen reizte mich.
    »Wir warten«, erklärte er und nahm Ròs-Muire den Sattel ab.
    Er legte das Geschirr unter den Baum, an dem mein Pferd angebunden war, und nahm ihm die Decke vom Rücken. Nachdem er meinem Reittier freundlich auf die Kruppe geklopft hatte, kümmerte er sich genauso um sein eigenes Pferd.
    Eine schreckliche Vorahnung stieg in mir auf. Jetzt wurde mir alles klar, und ich bekam Gänsehaut. Er wartete auf Liam, und er hatte die Absicht, ihn zu töten. Ich merkte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich, und in diesem Moment wandte er sich zu mir um. Angesichts meiner niedergeschlagenen Miene setzte er ein Lächeln auf, das nichts Gutes verhieß.
    »In die Hütte«, befahl er.
    »Nein... ich mag nicht...«, stotterte ich verängstigt.
    Vor mir stand Beelzebub, der Teufel in menschlicher Gestalt. Von angenehmem Äußeren, gewiss, doch ohne Herz und von einer kalten, grausamen Schönheit. Er zog einige Stricke aus seinen Satteltaschen und zwei Pistolen aus seinen Sattelhalftern, dann steckte er eine davon in seinen Gürtel.
    Kurz ging mir der Gedanke an Flucht durch den Kopf, aber das würde nichts daran ändern, dass Liam irgendwann hierherkommen würde. Der Stallknecht wusste, wohin wir geritten waren, und hatte mit Sicherheit die Anweisung erhalten, ihm den Weg zu weisen, sobald er auf Dunning Manor auftauchte.
    Sobald Winston seine Ausrüstung beisammen hatte, zerrte er
mich gewaltsam in die Hütte. Eine Staubwolke umgab uns, als er die Tür so heftig öffnete, dass sie in den Scharnieren ächzte. Ein Rabe landete auf dem Fenstersims und krächzte. Es lief mir kalt über den Rücken, und meine Haare standen zu Berge. Morrigaine auf dem Schlachtfeld, die darauf wartet, sich auf die Schulter des Besiegten zu setzen.
    »Tsss!«, zischte ich, um die Angst einflößende Erscheinung zu verscheuchen. Der Vogel flog davon und stieß weiter seine rauen Schreie aus.
    »Ein schlechts Omen«, meinte Winston und wies auf einen Stuhl, den er gegenüber der Tür aufgestellt hatte. »Setzt Euch her.«
    Widerspruchslos gehorchte ich. Er band mir die Arme hinter der Lehne zusammen und schnitt mit seinem Dolch kurze Taustücke ab, mit denen er meine Fußgelenke an die Stuhlbeine fesselte.
    »Tut mir leid wegen des Kindes«, bemerkte er und zog die Schnur fest, so dass sie mir in die Haut schnitt.
    Dann legte er einen weiteren Strick um meinen Körper, um mich vollständig unbeweglich zu machen, und zurrte ihn mit einem Ruck fest. Vor Schmerz riss ich die Augen auf und stieß einen erstickten Schrei aus.
    Winston richtete seinen eisigen Blick auf mich.
    »Aber bald wird es ja nichts mehr spüren.«
    »W... wie bitte?«, stotterte ich bestürzt.
    »Ich fürchte, Ihr werdet die Sonne morgen nicht wieder aufgehen sehen.«
    Er stellte einen weiteren Stuhl auf halbem Weg zwischen mir und der Tür hin und schnitt ein Stück

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