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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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doch wenn ich die Augen öffnete, stürzte erneut die grausige Realität auf mich ein und ließ mich vor Angst fast vergehen. Doch schließlich schlief ich vollständig erschöpft ein.
    Durch das kleine, unverglaste Fenster fiel trüb das erste Licht des Morgengrauens in die Hütte. Ich war derart durchgefroren, dass ich nicht mehr klar denken konnte. Wie lange hatte ich mich schon nicht mehr bewegen können, nichts mehr gegessen? Ich wusste es nicht, es lag zu weit zurück. Mein Körper schien nur noch aus Schmerz zu bestehen und wartete darauf, durch den Tod erlöst zu werden.
    Plötzlich spürte ich eine schwache Bewegung in meinem Leib. Tränen traten mir in die Augen, und in meiner Kehle stauten sich die Schreie, die ich vor Schwäche nicht mehr ausstoßen konnte. Ich schloss meine vor Fieber und Müdigkeit brennenden Augen und sagte lautlos das Pater Noster auf, zumindest das Wenige, an das ich mich noch erinnerte. A Dhia, cuidich mi... Gott, hilf mir...
    Zwischen den Stäben des Bettgestells, an dem auch mein Schicksal hing, wob mit unendlicher Geduld eine Spinne ihr Netz. Natürlich ging ein nichts Böses ahnendes Insekt in die klebrige Falle, und sie stürzte sich darauf, um es auszusaugen und sich davon zu nähren. Genau wie Winston es mit mir vorhatte...

    Ein Wiehern riss mich aus meinen düsteren Überlegungen. Langsam hob ich den Kopf, um zu lauschen, aber alles war still. Wahrscheinlich wartete die arme Ròs-Muire ungeduldig auf ihre Futterration. Schwer sank mein Kopf auf meine Brust zurück, doch dann drang ein Geräusch, das dieses Mal sehr deutlich war, von draußen zu mir. Das Blut pochte in meinen Schläfen, und ich riss erschrocken die Augen auf. Entsetzt starrte ich auf die Tür, doch zugleich fühlte ich mich erleichtert, weil mein Leidensweg endlich ein Ende nehmen würde.
    Ein leiser Pfiff am Fenster zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Als ich den Kopf in diese Richtung drehte, sah ich, dass sich vor dem mit roten und dunkelblauen Streifen überzogenen Himmel das Profil eines Mannes abhob. Jetzt war ich vollständig wach, die Kälte, die bis jetzt meine Glieder taub gemacht hatte, machte sich schneidend bemerkbar. Ich zappelte heftig auf meinem Stuhl und stöhnte, so laut ich konnte, doch der Knebel erstickte meine Stimme. Die Gestalt verharrte.
    »Mrs. Macdonald? Seid Ihr das?«, flüsterte Calums Stimme.
    Er steckte den Kopf durch die Fensteröffnung. In der Hütte war es dunkel, und ich war mir sicher, dass er nicht erkennen konnte, in welcher Lage ich mich befand, und zur Tür laufen würde. Aber da hatte ich die gute Nachtsicht der Highlander unterschätzt.
    »Verflucht!«, schimpfte er und kletterte eilig durch das Fenster.
    Er stürzte sich auf mich und befreite mich von dem Knebel.
    »Die P... Pistole ist ge... geladen«, stotterte ich zähneklappernd. »Wenn Liam die T... Tür aufmacht... Schieb sie weg, Calum...«
    Calum fuhr herum und streckte den Arm aus, um die Pistole wegzuschlagen. Von draußen drang Geschrei herein. Ich hörte Liams Stimme nach mir rufen. Plötzlich ging die Tür auf, und eine gewaltige Detonation krachte. Mein Herzschlag setzte aus. Calum wurde gegen mich geschleudert, fiel auf meine Knie und rutschte schließlich zu Boden, wo er zu meinen Füßen liegen blieb. Von überall drangen Stimmen auf mich ein, mein Kopf drehte sich, und mir verschwamm alles vor den Augen. Jemand schüttelte mich, oder vielleicht wiegte er mich auch... Ich wusste es nicht mehr... Alles war so verworren. Die Sonne schien auf-und
abzuschwanken, als würde ich auf Wogen davongetragen. Ich spürte nichts mehr... Alles war so... unzusammenhängend. Mein Bewusstsein umnebelte sich mehr und mehr...

    »Wasser...«
    Meine eigene Stimme klang mir in den Ohren wie ein fernes Flüstern. Unter mir bewegte sich etwas, und dann lief ein nasses Rinnsal in meine trockene Kehle. Das Schlucken fiel mir schwer, und ich wäre fast erstickt. Mein Kopf wurde zur Seite gedreht, und das überschüssige Wasser lief über meine Wange, die auf einem warmen, weichen Stoff lag. Ich bewegte mich ein wenig, um mich in die tröstliche Wärme zu schmiegen. Meine Lider waren so schwer... Eine große Hand streichelte mein Haar, und eine sanfte Stimme flüsterte mir zärtliche Worte zu. Langsam öffnete ich die Augen. Ein Plaid mit dem Tartan der Macdonalds...
    »Liam...«, hauchte ich.
    »Gabh do shocair«, flüsterte die Stimme in mein Haar hinein. »Tha e ullamh ...« Ruh dich aus. Es ist vorüber...
    Er rückte

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