Schwert und Laute
kleinen Körper eingewickelt hatte, rannte er damit nach draußen und ließ die Tür hinter sich offen stehen. Von Seamrags unaufhörlichem Gekläff platzten mir fast die Ohren. Ich hielt sie mir mit beiden Händen zu und schrie meinen Kummer heraus.
Margaret hatte die leere Wiege gereinigt. Sàra, deren Augen gerötet waren, drückte mir schweigend die Hand und bot mir eine Tasse Kräutertee an. Um mich herum hörte ich nichts als Flüstern und leises Murmeln. Worte hingen in der übel riechenden Luft wie ein unaufhörliches Brummen, aber ich verstand sie nicht mehr. Sàras Finger schlossen sich fest um meine Hand. Ich sah, dass sie auf mich einredete, begriff aber nicht, was sie sagte. Ich schloss die Augen.
Jemand fasste meine Schultern und schüttelte mich. Ich seufzte. Lasst mich in Ruhe. Doch die Hände, die auf meinem Körper lagen, ließen mich nicht los. Ich werde es nicht überleben, ein zweites Kind zu verlieren, lasst mich sterben... Dann riss ich plötzlich die Augen auf, denn jemand hatte mir eine Ohrfeige versetzt, die mir den Atem raubte. Liam stand mit verzerrter Miene vor mir. Endlich drang seine Stimme zu mir.
»Ich breche auf, um Duncan zu suchen. Sàra und Margaret bleiben bei dir...«
»Nein... Lass mich nicht allein, Liam.«
»Du musst dich ausruhen, Caitlin. Ich schwöre dir, dass ich ihn finden werde. Weit kann er noch nicht sein. Und derjenige, der gewagt hat, Hand an ihn zu legen, wird teuer dafür bezahlen.«
»Ich will nicht hierbleiben...«
Ich sah die leere Wiege an, die blassen, verängstigten Gesichter der beiden Frauen. Nein, ich wollte nicht zurückbleiben und voller Ungewissheit warten.
»Ich muss seine Windel wechseln...«
»Herrgott, Caitlin!«
»Liam... Ich flehe dich an, ich muss ihm doch die Windel wechseln.«
Schweigend nickte er. Er konnte es mir nicht verwehren, die Männer zu begleiten. Es ging schließlich um meinen Sohn, unseren Sohn, der mich brauchte.
Vor dem Haus wartete ein Dutzend gesattelte Pferde. Patrick verabschiedete sich von Sàra. Er fieberte und litt seit über einer Woche an einem bösen Schnupfen, aber er hatte trotzdem darauf bestanden, an der Suche nach seinem einzigen Neffen teilzunehmen. Auch andere sagten ihren Frauen und Familien Lebewohl, denn die Suche mochte durchaus einige Tage dauern. Sogar Colin war gekommen. Seit seiner Rückkehr hatte er peinlich genau darauf geachtet, nicht mehr allein mit mir zu sein. Doch glücklicherweise hatte die Beziehung zwischen Liam und ihm sich sehr verbessert. Liam, der soeben die Satteltaschen an Ròs-Muires Kruppe befestigt hatte, wandte sich mir zu.
»Bist du dir sicher, dass du körperlich in der Lage bist, mit uns mitzuhalten? Es könnte sehr kalt und regnerisch werden.«
»Duncan ist irgendwo da draußen. Ich kann nicht einfach hier herumsitzen... Alles ist meine Schuld...«
Ich schluchzte und konnte nicht weitersprechen. Ich war zumindest teilweise verantwortlich für Duncans Entführung, denn ich war nicht wachsam genug gewesen, ich war nach draußen gegangen.
»Du hast dir gar nichts vorzuwerfen, a ghràidh . Überhaupt nichts...««
Liam zog mich fest an seine Brust und drückte mich an sein Herz, das ich ebenso rasch wie das meine schlagen hörte. Seamrag war ganz aufgeregt über den Tumult, den die Nachricht von Duncans Verschwinden ausgelöst hatte, und rannte von einem Pferd zum anderen und kläffte und knurrte ohne Unterlass. Die gereizten Pferde traten mit ihren Hufen nach ihm und verfehlten ihn oft nur knapp. Wütend schrie Liam auf den Hund ein, doch ohne Erfolg. Weitere Hunde hatten sich dazu gesellt, die alle ebenso zappelig waren, weil sie glaubten, es gehe auf die Jagd.
Ich kletterte auf mein Pferd. Liam reichte mir die Zügel und überprüfte die Sattelgurte. Er legte die Hand auf meinen Schenkel und streichelte darüber. Ich spürte, wie seine Wärme durch meine dicken Röcke drang und direkt bis in mein Herz stieg. Er sprach kein Wort, aber seine angespannten Züge und sein düsterer Blick verrieten seinen Schmerz.
Bald würde die Sonne untergehen. Die kühle Luft wurde schneidend kalt. Ich hoffte von ganzem Herzen, dass der Entführer meinen kleinen Jungen wenigstens warm eingepackt hatte. Er konnte sich den Tod holen... Und wenn... Düstere Vorahnungen bemächtigten sich meiner, und ein dumpfer Schmerz wühlte in meiner Magengrube. Wer konnte nur so bösartig sein, ein unschuldiges Kind zu entführen und es durch die Leiche eines Säuglings zu ersetzen?
Ein
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