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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Nacht vielleicht länger als drei Stunden hintereinander schlafen.«

    Liam lachte, schlug das Heft zu und verkorkte das Tintenfass. Er räumte seine Sachen in den Schrank und beugte sich dann über die Wiege seines Sohnes. Ich liebte den Ausdruck, der auf sein Gesicht trat, wenn er ihn ansah. Eine Miene, die ich früher noch nie an ihm gesehen hatte, auf halbem Weg zwischen Seligkeit und Selbstzufriedenheit. Liam streckte dem Kind seinen Zeigefinger hin und bemerkte dann, dass er mit Tinte befleckt war. Er entschied sich für den Mittelfinger und brummelte etwas Unzusammenhängendes, das nur Duncan verstehen konnte. Ein Sauggeräusch verriet mir, dass der Kleine gleich beginnen würde, seinen Hunger herauszuheulen. Liam zog seinen Finger zurück, grinste schief und wischte ihn an seinem Plaid ab.
    »Bald wird er Whisky von mir verlangen. Vielleicht solltest du ein oder zwei dram trinken, bevor du ihn säugst, a ghràidh.«
    »Wie bitte! Hinaus mit dir! Willst du etwa einen Säufer aus ihm machen? Komm erst wieder, wenn er getrunken hat, und erwarte vor allem nicht, dass er dir nur einen Tropfen übrig lässt!«
    Liam brach in Gelächter aus und ging hinaus. Das Tuch, das ich nach ihm warf, verfehlte mit knapper Not seinen Kopf.

    Ich legte den Kleinen in seine Wiege. Er schlief jetzt. Ich hätte nicht übel Lust gehabt, es ihm nachzutun, doch ich musste das Abendessen kochen. Ich schnürte mein Mieder zu. Duncans Windel musste warten, bis der Eintopf auf dem Feuer stand. Nach einem letzten Blick auf meinen kleinen Mann ging ich in die Küche. Ich hatte keine Rüben mehr, doch es mussten noch einige im Garten sein, die ich dort vor dem ersten Schnee vergraben hatte. Wenn die Ziegen sie nicht gefunden hatten, waren sie noch dort.
    Mit dem Korb unter dem Arm trat ich an die Luft und erschauerte. Wir hatten Ende März, und draußen war es noch kühl. Einen Moment lang schloss ich die Augen und atmete tief durch, doch der Gestank, der vom Misthaufen heranzog, begrüßte mich ziemlich unfreundlich. Die Sonne beschien die kargen Hänge. Ich wandte mich zum Kirschbaum. Mit den sauberen Windeln, die auf seinen Ästen hingen, erinnerte er mich an ein voll beflaggtes Schiff, dessen weiße Segel im Wind knatterten.

    Ich nahm mir einen abgebrochenen Ast und begann im festen Boden des Küchengartens zu graben. Doch das improvisierte Werkzeug erwies sich als nutzlos, daher steckte ich die Finger in die kalte Erde. Sie drang unter meine Nägel und in meine rissige Haut ein, so dass ich das Gesicht verzog. Nach über zehn Minuten hatte ich gerade einmal drei Rüben ausgegraben. Ich beschloss, auch einige Karotten zu holen, doch dort, wo sie hätten sein müssen, stieß ich nur auf Steine.
    Mit erdbeschmierten Händen schob ich eine Haarsträhne zurück, die mich störte, und verschnaufte ein wenig. Ich hätte besser daran getan, mir den Spaten zu holen. Wo blieb überhaupt Liam? Er hätte das ruhig für mich erledigen können. Ich war am Ende meiner Kräfte und kroch auf allen vieren im Schlamm herum, während der Herr spazieren ging! Oft fragte ich mich, ob die Männer eigentlich noch anderes vermochten, als Krieg zu führen, zu trinken, zu stehlen und... Kinder zu zeugen! Fuich!
    Nach den langen Monaten, die wir alle größtenteils in der stickigen Luft der Hütten verbracht hatten, erwachte das Tal wieder zum Leben. Rufe und laute Stimmen waren zu hören. Alicia trommelte mit dem Löffel laut auf ihrem alten, verbeulten Kochtopf und rief so ihre Kinder zum Essen. Ihre furchtbaren Bälger rannten gerade einem Mann nach, der eine halb verhungerte Kuh hinter sich herzerrte. Ich vernahm einen vertrauten Laut und hob den Kopf. Ein Bellen. Ich richtete mich auf die Knie auf, beschattete die Augen mit der Hand und sah zu den Hügeln. Seamrag! Mein Herz hüpfte vor Freude. Ich raffte die Röcke und rannte ihm entgegen. Der Hund lief auf mich zu und hüpfte um mich herum, genauso glücklich wie ich.
    »Also, so etwas... du hast bestimmt Hunger, du bist ja ganz abgemagert!«
    Ich kauerte mich vor das Hündchen hin, das mir stürmisch das Gesicht ableckte. Sein Fell war mit Kiefernharz und stellenweise mit getrocknetem Schlamm verklebt, und ich bemerkte außerdem eine Schnittwunde an einer seiner Flanken. Nichts richtig Schlimmes, aber er befand sich in einem recht jämmerlichen Zustand.

    »Kannst du mir verraten, wo du gesteckt hast, du kleiner Ausreißer? Komm, wir gehen nach Hause.«
    Ich beschloss, die Karotten für heute in Ruhe zu

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