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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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leicht schwachsinnig zu sein. Liam konnte ihn anbrüllen, so viel er wollte, er hörte nicht auf zu bellen und sprang an dem Stamm der alten, verzogenen Kiefer hoch. Wahrscheinlich hatte er ein Eichhörnchen gesehen. Er jagte nur allzu gern solchen Kleintieren hinterher. Liam verlor die Geduld, zog eine Schnur aus seiner Satteltasche und ging brummend auf Seamrag zu, um ihm die Schnauze zuzubinden. Das Tier konnte nicht mehr kläffen, jaulte aber weiter.
    »Los, Seamrag, komm mit!«

    Doch der Hund setzte sich am Fuß des Baums hin und wollte nicht gehorchen.
    »Mach schon, kleiner Dummkopf! Kommst du jetzt oder nicht?«
    Liam zog an der Schnur, aber das Tier weigerte sich immer noch, ihm zu folgen, und winselte erst recht.
    »Blödes Tier...«
    Der Rest seines Tadels blieb in der Luft hängen. Er starrte auf eine Stelle im Baum und rüttelte dann an einem Ast. Ein weißes Stück Stoff wurde sichtbar. Es war von den Nadelbüscheln verborgen worden und unseren Blicken entgangen. Liam griff danach und machte es los. Der Stoff war beschmutzt. Eine Windel! Mein Herz begann heftig zu pochen, und ich schöpfte neue Hoffnung. Kein Zweifel, diese Windel gehörte Duncan. Aber durch welchen Zufall waren wir darauf gestoßen? Dann, mit einem Mal, begriff ich. Seit dem Beginn unserer Suche rannten die Hunde voraus und nahmen Witterung auf. Seamrag musste die Spur gerochen und die anderen mitgezogen haben, und wir waren ihm gefolgt, ohne darüber nachzudenken. Ich war mir sicher, dass wir auf dem richtigen Weg waren.
    Ich zog eine von Duncans Decken aus meiner Satteltasche, rief den Hund und ließ ihn daran riechen. Er wurde ganz aufgeregt. Liam erlöste ihn von der Schnur, so dass er sich wieder frei bewegen konnte.
    »Such, Seamrag!«
    Er schnüffelte in der Umgebung herum, kehrte dann an den Fuß des Baums zurück und bellte erneut. Unruhig lehnte Liam sich an meinen Schenkel und hielt mir die Hand. Unter seinen Bartstoppeln arbeitete sein Kiefer. Plötzlich schlug Seamrag eine Richtung ein, während einer der anderen Hunde auf einem Weg verschwand, der durch eine Gruppe junger Kiefern führte. Colin hatte alle Hunde Duncans Geruch aufnehmen lassen, und sie hatten gleich gehorsam begonnen, Witterung aufzunehmen. An einigen Stellen war das Unterholz noch mit einer weißen Schneeschicht bedeckt. Einer dieser Flecken wurde von schlammigen Abdrücken durchquert. Liam nahm sie genau in Augenschein.

    »Ein Pony«, schlussfolgerte er. »Unter diesen Bedingungen, mit einem Säugling, kann er nicht weit gekommen sein.«
    Die Spur führte zu einer offenbar seit Ewigkeiten verlassenen alten Kate oder Jagdhütte, die an einer Bergflanke lag. Ein wenig tiefer sprudelten die wild bewegten Wasser des Kiachnish-Flusses. Zu Pferd war die Hütte nicht erreichbar, daher ließen wir unsere Reittiere am Wasser weiden, während ein Mann zurückblieb, um sie zu bewachen.
    Das zerklüftete Gelände war durch die Schneeschmelze schlammig, und der Aufstieg würde schwierig werden. In dem klebrigen Morast, der mich von meinem Sohn trennte, glitt ich aus und blieb stecken. Liam fasste mich an der Hand, hielt sich an den Ästen fest und stützte sich an den Felsvorsprüngen ab. Vom Dach der Hütte stieg ein dünner Rauchfaden auf; jemand wohnte in diesem Schweinestall. Doch die Hütte schien verlassen zu sein. Als ich den ekelhaften Gestank wahrnahm, der uns entgegenschlug, wuchs meine Sorge. Ich warf Liam einen Blick zu, um meine Furcht mit ihm zu teilen.
    Wir gingen um die Hütte herum und blieben erschrocken vor dem makaberen Bild stehen, das sich uns bot. Tierkadaver im fortgeschrittenen Zustand der Verwesung lagen auf einem Haufen. Aufgeschlitzte Hühner, Kaninchen und andere Kleintiere.
    »Herrgott!«, hauchte Liam.
    »Teufelswerk«, murmelte jemand.
    Liam warf dem Mann einen wütenden Blick zu, und dieser zog ein mürrisches Gesicht, bekreuzigte sich aber dennoch.
    Die Hunde hatten das Fleisch bereits gerochen und machten sich die gut abgelagerten Bissen streitig. Bei dem Anblick drehte sich mir der Magen um. Ich wandte mich ab, lief davon und legte die Stirn an einen Baum, um zu warten, bis die Übelkeit verging.
    »Caitlin, du hättest nicht mitkommen sollen.«
    Patrick rieb mir den Rücken und strich mir die widerspenstigen Haarsträhnen aus dem Gesicht.
    »Patrick...«
    Er massierte mir leicht die Schultern, schniefte kräftig in seinen Ärmel und unterbrach sich mit einem Mal.

    »Ach, verflucht! Wir finden ihn, kleine Schwester.«
    Ein

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