Schwert und Laute
lassen, nahm meinen Korb und trat in das warme Innere des Hauses. Seamrag blieb hechelnd stehen. Die Windeln auf dem Kirschbaum!, dachte ich, als ich den Gestank bemerkte, der den Raum erfüllte. Pah, sollte Liam die doch abnehmen. Die Windel, die Duncan trug, konnte nun doch nicht warten, bis das Essen auf dem Feuer stand. Der Geruch hätte mir rasch den Appetit verdorben. Ich stellte meinen Korb auf den Boden und hängte mein Umschlagtuch auf. Unterdessen trat Liam ein.
»Nanu, dich gibt es ja auch noch!«, rief er aus, als er den Hund sah.
»Er muss gebadet und gefüttert werden. Ich weiß nicht, wo er gewesen ist, aber er ist in keinem guten Zustand...«
Liam sog die Luft ein und verzog das Gesicht.
»Puh! Ist das der Hund, der so stinkt?«
»Nein, Duncan.«
Liam sah mich mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen an und drückte mich an die Wand.
»Und...«, begann er und legte die Hände auf mein Mieder, »hat er mir nun ein wenig übrig gelassen, oder...«
»Was machst du denn, Liam? Das ist jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt. Ich muss Duncans Windel wechseln.«
Doch er stellte sich taub und begann mein Mieder aufzuschnüren.
»Liam...«
Über seine Schulter hinweg sah ich, wie Seamrag auf die Wiege zulief. Leicht beunruhigt runzelte ich die Stirn. Der Hund kannte Duncan noch nicht, und ich fragte mich, wie er auf das neue Familienmitglied reagieren würde. Liams Mund machte sich gierig über meinen Hals und meine Brust her, die er halb entblößt hatte. Ich versuchte, ihn wegzuschieben, doch als er sich einer Brustwarze bemächtigte, überlief mich ein leiser, verzückter Schauer.
»Meine Güte, du bist ja eifersüchtig!«
Er lachte. Ich setzte ihm jetzt weniger Widerstand entgegen,
hielt aber dennoch ein wachsames Auge auf Seamrag gerichtet, der immer noch schwanzwedelnd herumsprang.
»Was hast du Duncan bloß gegeben, dass er so stinkt?«, brummte Liam in mein Mieder hinein.
Seamrag steckte die Nase in die Wiege und knurrte ebenfalls. Beunruhigt verspannte ich mich.
»Liam... ich glaube, der Hund...«
»Lass doch den Hund. Bei dem Geruch, den dein Sohn ausströmt, wird er ihn nicht anrühren.«
Ich war mir da nicht so sicher. Seamrag stellte sich auf die Hinterbeine und legte die Vorderpfoten auf den Rand der Wiege, die gefährlich ins Wanken geriet. Er bellte.
»Liam...«, schimpfte ich und grub ihm die Fingernägel in die Schultern.
Der Hund schlug die Zähne in die Zudecke und riss daran, so dass die Wiege auf die Seite kippte. Ich stieß einen Schrei aus und rannte hin. Seamrag kläffte immer noch und wühlte knurrend in dem Bettzeug, das auf dem Boden verstreut lag. Ich erstarrte und hatte das Gefühl, das mir das Blut nicht nur aus dem Gesicht, sondern aus dem ganzen Körper wich. Liam fing mich in dem Moment auf, als ich zu Boden sank. Seine Finger gruben sich tief in meine Haut, aber ich spürte keinen Schmerz, so groß war mein Entsetzen. Er hatte dasselbe gesehen wie ich.
»Liam... Liam... Duncan... Er... er... Mein Gott, nein! Die Feen sind gekommen! Sie haben ihn ausgetauscht! Ein Wechselbalg 22 ! Das ist nicht Duncan, sondern ein Wechselbalg!«
Ich fand mich auf einem Stuhl sitzend wieder. Das musste ein Albtraum sein; das konnte nicht wirklich geschehen. Nicht Duncan... Nein! Ich hatte doch alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um ihn zu beschützen. Jeden Morgen und jeden Abend vergewisserte ich mich, dass die kleine Bibel und Liams Dolch sich noch gut versteckt im Inneren der Wiege befanden. Das Messer war dabei besonders wichtig. Eisen war ein Metall, das gegen den bösen Blick schützte. Die Waffe selbst stand für den Schutz
durch den Vater und erinnerte in ihrer Form an ein Kruzifix. Die aufgeschlagene Bibel lag halb verdeckt unter einem Laken, aber das Messer war zusammen mit Duncan verschwunden.
Liam hielt die Luft an, nahm den gräulichen, mit blauen und schwarzen Flecken überzogenen Körper, der mit dem Gesicht zum Boden lag, und hielt ihn, eingewickelt in seine Decke, mit ausgestreckten Armen vor sich hin. Ich stieß einen Schreckensschrei aus, als ich das kleine, verschrumpelte Gesicht sah, die grünlichen Augen, die mich anstarrten.
»Das ist kein Wechselbalg, Caitlin«, sagte Liam gefährlich langsam. »Dieses Kind ist schon seit mehreren Tagen tot. Jemand muss Duncan entführt und dafür die Leiche hineingelegt haben...«
Seine Stimme versagte, und dann schlug seine ungläubige Miene plötzlich in Zorn um. Er brüllte vor Wut. Nachdem er den
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