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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Gegend, und befand mich unter Männern, die ebenso wild und ungezähmt aussahen wie die Landschaft, die mich umgab.
    »Habt Ihr gut geschlafen?«
    Er schaute mich aus dem Augenwinkel an; offensichtlich wagte er nicht, mich direkt anzusehen.
    »Doch, ja. Danke, Colin.«
    Um die Verlegenheit zu überspielen, die mir die Kehle zuschnürte, suchte ich in meiner Tasche nach meinem kleinen Schildpattkamm. Er war in zwei Teile zerbrochen. Betrübt verzog ich den Mund und führte das eine Stück durch meine verfilzte Mähne. Zu allem Unglück brachen auch noch Zinken ab.
    »Oh, verflixt!«
    »Hier, für Euch«, sagte er und zog ein Stück Brot aus der Tasche.
    Etwas zu essen! Ich riss ihm das Brot beinahe aus der Hand und biss gierig hinein. Der Hunger, der mich seit dem gestrigen Abend quälte, war stärker denn je wieder erwacht und verwies mein Bedürfnis, mich zu säubern, auf den zweiten Platz. Meine Heftigkeit verblüffte Colin. Er hob den Kopf, und seine Hand blieb im Leeren hängen. Mein kaum zerkauter Bissen kam mir in den falschen Hals und hätte mich fast erstickt, doch Colin versetzte mir einen ordentlichen Klaps zwischen die Schulterblätter, so dass er hinunterglitt.
    Er ließ seine Hand dort liegen, wo er mir auf den Rücken geklopft hatte. Durch den Stoff hindurch spürte ich, wie er sanft die einzelnen Finger bewegte. Meine Wangen wurden vor Verlegenheit
heiß. Colin bemerkte meine Röte, zog die Hand zurück und räusperte sich. Er reichte mir die Wasserflasche, und ich befeuchtete mir den trockenen Hals und besänftigte meinen aufgeregten Magen. Fest entschlossen, mich nicht von meiner Befangenheit überwältigen und erneut zur Flucht treiben zu lassen, reckte ich die Schultern und sah ihm direkt in die Augen. Im hellen Tageslicht entdeckte ich erst die männliche Schönheit seiner freundlichen und offenen Züge. Ermutigt durch meinen forschenden Blick betrachtete er mich seinerseits unverhohlen und schenkte mir ein strahlendes Lächeln.
    »Ihr seid ... noch hübscher, als ich mir vorgestellt hatte.«
    Jetzt liefen meine Wangen endgültig glühend heiß an und verstärkten meine Verlegenheit. Colin tat, als bemerke er es nicht und trieb seinen Wagemut so weit, dass er leise lachte. Er nahm die Haarsträhne, in welcher das Bruchstück meines Kamms stecken geblieben war, verzog den Mund und pflückte es heraus.
    »Ein Stück tiefer fließt ein Bach. Dort könnt Ihr Euch sauber machen.«
    Sein Blick fiel auf mein Mieder. Durch das getrocknete Blut klebte mir das Hemd auf der Brust, und der Stoff war steif und fühlte sich unbequem an. Allzu viel war da nicht mehr zu retten, und das machte mir Angst. Der Fleck, der sich nicht wieder entfernen ließ, ließ meine Tat deutlich zu Tage treten. Ich musste dringend etwas anderes zum Anziehen auftreiben. Colins Blick verweilte länger auf dieser Stelle, als es die Schicklichkeit erlaubte, was mich daran erinnerte, dass – jedenfalls Beckys Meinung nach – diese Männer so etwas gar nicht besaßen. Aus Scham legte ich eine Hand über meinen Ausschnitt. Er stotterte einige Entschuldigungen, wie ein Kind, das man bei einer Missetat erwischt hat, und wandte sich ab.
    »Wenn Ihr wollt, kann ich Euch mein Hemd anbieten. Es ist einigermaßen sauber.«
    Ich lachte, verblüfft über seinen etwas anstößigen Vorschlag. Er reagierte verlegen.
    »Ich schenke es Euch von Herzen gern, Caitlin, ehrlich.«
    Ich betrachtete ihn amüsiert.
    »Wirklich? Ihr würdet mir Euer Hemd geben?«

    »Wirklich.«
    »Und was wollt Ihr dafür haben?«
    Aus einem knospenden Ginsterbusch flog ein Zaunkönig auf. Colin legte die Stirn in Falten und tat, als dächte er nach.
    »Hmmm... einen Kuss. Das sollte genug sein. Wenn der Preis aber zu hoch ist...«
    »Ihr würdet Euer Hemd für einen einzigen Kuss weggeben?«
    »Ich wäre bereit, Euch noch viel mehr zu schenken ...«
    Er zog eine Augenbraue hoch, und ein viel sagendes Lächeln umspielte seinen Mund. Ich spürte, wie meine Wangen sich erneut röteten, und senkte den Kopf. Er reichte mir meinen zerbrochenen Kamm, wobei er wie unabsichtlich meine Hand streifte.
    »Wartet, vielleicht habe ich etwas für Euch.«
    Er entfernte sich und ging zu dem Karren. Ich sah, wie er hinaufkletterte, in einer Kiste kramte und dann wieder herunterstieg.
    »Hier, das ist für Euch.«
    Er hielt mir einen herrlich gearbeiteten Perlmuttkamm hin.
    »Oh, Colin... Das kann ich nicht annehmen, es ist zu schön.«
    »Kommt schon, nehmt ihn. Die Männer wissen ohnehin

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