Schwert und Laute
die Farbe der schottischen Lochs aufwiesen, sah er mich unverwandt an. Die Finger der Bean-sith drückten auf die angeschwollenen Ränder meiner Wunde, und eine bräunliche, blutige und schmierige Flüssigkeit quoll hervor.
Ich hörte, wie ein Schrei aus meiner Kehle drang. Flüchtig tauchte Säras blasses Gesicht hinter Liam auf. Ich hatte kaum Zeit, wieder zu Atem zu kommen, als ein glühender Schmerz meinen Schenkel versengte und sich durch meinen ganzen Körper ausbreitete. Ein scharfer, holziger Geruch nach Alkohol stieg auf, und in meinem Kopf drehte sich alles. Liams Hände hielten mich fest wie ein Anker. Zitternd und keuchend ließ ich mich, nachdem mein Verband erneuert worden war, auf das Kissen zurückfallen.
»Das wird schon wieder, mo maiseag.«
Kraftlos schloss ich die Augen. Der Schmerz ließ ein wenig nach. Ich glitt in einen unruhigen Schlummer und träumte von blauäugigen keltischen Kriegern und Feen mit runzligen Gesichtern.
Der dumpfe Knall einer zufallenden Tür ließ mich aus dem Schlaf hochfahren. Die Kerzenflamme flackerte in dem Luftzug, den Sàra beim Eintreten mitbrachte. Sie stellte einen Weidenkorb auf einem kleinen Büfett ab, nahm einen dicken Laib Brot heraus und wandte sich dann zu mir.
»Du bist sicher hungrig.«
»Ja, ein wenig«, antwortete ich mit rauer Stimme.
Die Kate lag immer im Halbdunkel. Das Licht des Feuers im Kamin ließ unheimliche Schatten auf den frisch gekälkten Wänden tanzen. Sàra reichte mir eine Schale mit Hammeleintopf und eine Scheibe Brot. Sie schob eine Bank in die Nähe des Betts und ließ sich dann seufzend darauf nieder. Mit ernster Miene sah sie zu, wie ich gierig mein Essen verschlang. Sàra besaß ein hübsches, rundes Puppengesicht, dessen ausdrucksvolle Züge jeden einzelnen ihrer Gedanken verrieten.
»Du kommst aus Arbroath?«, fragte sie ohne Umschweife.
»Nein, aus Edinburgh.«
»Edinburgh?«, rief sie aus und zog die Augenbrauen hoch. »Meine Brüder hatten mir gar nichts davon gesagt, dass sie nach Edinburgh wollten.«
»Nein, ich bin Liam auf Dunning Manor begegnet.«
»Dunning Manor? Aber was hatte er dort zu suchen?«
»Man hat ihn dort mit seiner Ladung festgesetzt und in eine Zelle gesteckt. Am nächsten Tag sollte er nach Dundee überstellt werden.«
»Ah!«
Verblüfft krauste sie die Nase.
»Und du hast ihm bei der Flucht geholfen?«
»Nein, er ist auf eigene Faust entkommen.«
»Was hattest du dann mit ihm zu tun?«
Sie runzelte die Stirn, legte den Kopf leicht zur Seite und wartete auf meine Antwort.
»Er... er hat mich mitgenommen. Das ist alles.«
»Weswegen?«
Das Gespräch begann die Züge eines Verhörs anzunehmen. Unruhig rutschte ich auf der Matratze herum. Ich konnte ihr auf keinen Fall alles berichten, was in jener Nacht geschehen war. Und außerdem, warum sollte ich es übernehmen, sie über die Handlungen ihres Bruders ins Bild zu setzen?
»Dein Bruder kann dir viel besser von seinem kleinen Abenteuer erzählen. Ich selbst werde jedenfalls nur so lange hier bleiben, bis meine Verletzung geheilt ist. Dann werde ich, glaube ich, nach Irland zurückkehren.«
Sie betrachtete mich mit offenkundiger Skepsis. Ihre von der Arbeit geröteten Hände zerknüllten nervös ihren Rock.
»Dann hat Liam dich nicht mit hergebracht, damit du ihm sein Bett wärmst?«
Ich riss Mund und Augen auf.
»Wie bitte?«
»Na ja, ich dachte, er hätte dich... Du wärest... Du weißt schon, was ich sagen will. Colin hat auf gewisse Zerstreuungen in Arbroath angespielt...«
Ich brauchte einen Moment, bis ich verstanden hatte, was sie andeuten wollte, doch dann schüttete ich mich vor Lachen aus.
»Du hast geglaubt, er hätte mich in einem... Freudenhaus aufgelesen?«
Sie errötete.
»Ich gebe zu, dass mir der Gedanke durch den Kopf gegangen ist.«
»Dein Bruder hat mich aus... Großmut mitgenommen, Sàra«, sagte ich lachend. »Falls er Hintergedanken hatte, dann hat er sie mir jedenfalls nicht mitgeteilt.«
»Ich wollte dich nicht beleidigen.«
Doch ich fand die Vorstellung einfach zu komisch, um sie mir zu Herzen zu nehmen.
»Dann hast du wohl ganz schön in der Klemme gesessen, was?«
Sie nahm wahrhaftig kein Blatt vor den Mund.
»Ja«, seufzte ich.
»Die Male in deinem Gesicht und an deinen Schenkeln...«
Ich wandte den Blick ab und ging nicht auf ihre etwas taktlose Bemerkung ein.
»Mein Bruder wird seine Gründe gehabt haben. Aber ich weiß, dass er sie mir nicht verraten wird. Er ist sehr...
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