Schwert und Laute
die Augen offen zu halten, doch vergeblich. An seine Brust gepresst, ließ ich mich von den Bewegungen des Pferdes,
die an eine sinnliche Begegnung gemahnten, wiegen. Ich seufzte, und ein Schauer überlief mich. Tief in meinem Leib sprang eine Flamme auf, schickte eine süße Wärme durch meinen ganzen Körper und linderte meinen kalten Fieberschweiß. Der Druck der Finger, die meine Taille umschlangen, wurde fester, und ich wiegte mich sanft unter der Liebkosung dieser Hand und bebte vor Lust. Das Gesicht an den Hals dieses Mannes gelegt, strich ich mit den Lippen sanft über seine feuchte Haut. Seine Schenkel, die sich gegen die meinen pressten, spannten sich an, und dann ging auch sein Atem schneller.
Eine Woge der Wollust erfasste mich. Alles war köstlich und seltsam zugleich. Ich empfand keinen Schmerz mehr. Er legte die Lippen auf meine Stirn und hinterließ ein brennendes Mal auf meiner Haut. Am liebsten hätte ich die Augen zu ihm aufgeschlagen und seinen rätselhaften Blick erforscht. Was ich dort wohl gesehen hätte, seine unerbittliche Kälte oder dieses Licht des Begehrens, das ich gestern kurz erhascht hatte? Doch meine Lider ließen sich nicht heben. Ich würde es nie erfahren...
5
Glencoe
Ich musste ein oder zwei Stunden geschlafen haben. Als ich die Augen aufschlug, hatte sich der Nebel aufgelöst und einer majestätischen Landschaft Platz gemacht. Vor uns erstreckten sich grüne Hügel, durch die sich ein Fluss, der sich in wilden Kaskaden ergoss, schlängelte. Das Tal wurde von düsteren, steilen Felswänden und steilen Bergkämmen umschlossen.
Wir folgten dem gewundenen Weg, der ins Tal führte. Unwillkürlich überlief mich eine Gänsehaut.
»Das ist Glencoe«, erklärte Liam mit feierlicher Stimme.
»Glencoe...«, wiederholte ich wie hypnotisiert.
Ich spürte, wie mir ein Schauer über das Rückgrat lief. In meiner Magengrube breitete sich ein flaues Gefühl aus, und ich fühlte mich von einem tiefen Unbehagen ergriffen. Ich hatte den Eindruck, von diesen gewaltigen Felsen, die sich überall um uns herum erhoben, verschlungen zu werden. Es war ein Schauspiel von wilder Schönheit, herrlich und düster zugleich.
Wir ritten noch lange. Das Auf und Ab im Sattel ließ mich meine Verletzung nicht vergessen. Liam versicherte mir wieder, dass wir bald da seien, man werde sich um mich kümmern, und ich werde bald wieder gesund sein. Doch die letztere Aussicht tröstete mich keineswegs, sondern bewirkte eher das Gegenteil. Er hielt sein Reittier am Ufer eines kleinen Loch an und wandte sich zu Colin und seinen Männern um. Mit einer einfachen Handbewegung bedeutete er ihnen, sie sollten weiterreiten, angeblich, weil ich noch einmal ausruhen musste, bevor wir die letzten Meilen, die uns noch von Carnoch trennten, zurücklegten.
»Reitet voraus und sagt Sàra, dass wir zurück sind. Colin, du erklärst ihr die Sache mit Caitlin. Und gib Effie Bescheid.«
Colin zog ein mürrisches Gesicht. Widerwillig befolgte er dennoch den Befehl seines älteren Bruders. Er gab seinem Pferd die Sporen, warf mir noch einen letzten Blick zu und verschwand dann zusammen mit dem Rest der Gruppe in einer Staubwolke.
Der Himmel wirkte grau und bedrohlich, und die Luft war mit Feuchtigkeit gesättigt. Mein Hemd klebte auf meiner schweißnassen, glühenden Haut. Das Fieber machte mich benommen. Langsam drehte ich mich, um über Liams Schulter zurückzusehen, und streifte dabei seine Wange. Er sah zu mir herunter.
»Dieses Tal ist wie eine Festung. Es besitzt nur zwei Zugänge, Rannoch Moor im Osten, wo wir hergekommen sind, und Loch Leven im äußersten Westen. Über die Berge, die es umgeben, wagen sich nur diejenigen, die sich dort gut auskennen. Wie du feststellen kannst, sind sie so steil, dass niemand den Mut hätte, von dort aus unser Tal anzugreifen. Das dort ist Loch Achtriochtan«, erklärte er und wies auf die Wasserfläche, in der sich die Berge spiegelten.
»Glencoe... Glencoe...« Seit er diesen Namen ausgesprochen hatte, hallte er in meinem umnebelten Hirn wider wie eine vage Erinnerung an etwas, auf das ich mich nicht richtig besinnen konnte.
Er ließ sein Tier im Schritttempo gehen. Wir näherten uns einem riesigen, von Buschwerk umgebenen Felsen, der sich an der Stelle, wo das Tal eine Kurve beschrieb, erhob.
»Signal Rock. Von hier aus wurden Nachrichten verschickt. Außerdem stellte der Fels einst eine Art Sammelpunkt dar, da er den Mittelpunkt zwischen allen Dörfern bildete. Wir benutzen ihn
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