Schwert und Laute
versuchte, seinen Fuchs zu beherrschen, der mir widerspenstig vorkam. Langsam zog ich die Knie an und legte mein Kinn darauf, um die beiden miteinander ringenden Wesen zu beobachten. Liams Füße waren nackt, und er trug nur sein Plaid, das um die Taille von einem breiten Ledergürtel gehalten wurde. Seine kupferfarbene Haut glänzte vor Schweiß. Der Fuchs schlug einen Haken, und ich stieß einen Schrei aus, der die Aufmerksamkeit des Reiters erregte. Er drehte sich zu mir um und brachte das störrische Tier mit einiger Mühe zum Stehen. Er musterte mich kurz, die Hand schützend über die Augen gelegt. Dann erkannte er mich und lachte, wobei sämtliche Zähne blitzten.
Mein Herz schlug zum Zerspringen. Liam stieg vom Pferd, zog es am Zaumzeug hinter sich her und kam auf mich zu. Eine Brise wehte schamlos die Zipfel seines Kilts hoch und enthüllte muskulöse Oberschenkel. Ich wandte den Blick ab, damit er meine Verwirrung nicht bemerkte. Er setzte sich und streifte dabei mein Knie. Sein Geruch breitete sich um mich aus.
»Guten Tag. Ich stelle erfreut fest, dass es dir besser geht«, sagte er und strich mir über die Stirn. »Du hast vier Tage lang geschlafen, mo maiseag.«
Er bot mir von seinem Apfel an, doch ich lehnte höflich ab und sah zu, wie er hineinbiss.
»Ja«, antwortete ich und lächelte schwach. »Aber jetzt glaube ich, dass ich es überstehen werde.«
»Hattest du daran gezweifelt? Gibst du dich immer so schnell geschlagen, Weib?«
»Nein«, gab ich säuerlich zurück. »Ich gebe mich nie geschlagen, Macdonald.«
Er lächelte mir spöttisch zu, und in seinen Augenwinkeln bildeten sich Lachfalten. Ich schätzte, dass er eher Anfang als Ende dreißig war.
»Das Gegenteil hätte mich auch überrascht. In dir fließt das Blut der Kelten, das springt ins Auge.«
»Ich möchte dir für alles danken, was ihr für mich getan habt, Colin und du«, sagte ich und schlang nervös einen Grashalm um meinen Zeigefinger.
Er antwortete nicht, sondern nickte nur, doch ein Funke blitzte in seinen Augen auf. Er wandte sich ein wenig ab, als sei er sich dessen bewusst, und biss noch ein Stück Apfel ab. Irgendwann war wie von selbst eine Art zurückhaltende Vertrautheit zwischen uns aufgekommen, aber darauf beschränkte sich die Beziehung auch: Sie war freundschaftlich, aber nicht sinnlich. Jetzt verstand ich auch, dass es nicht anders sein konnte, denn sein Herz war bereits vergeben. Oft hatte ich mich gefragt, ob die glühenden Blicke, die ich auf unserer Flucht bei einigen wenigen Gelegenheiten aufgeschnappt hatte, nicht meiner Einbildung entsprungen waren. Ganz im Gegensatz zu Colins Blicken... Vielleicht hatte ich sie ja unbedingt so deuten wollen.
»Ich wollte dir noch für das Bett danken, es ist sehr bequem. Ich werde es dir bald zurückgeben, denn mein Schenkel scheint sich rasch zu erholen.«
Er verzog wegwerfend das Gesicht.
»Ich frage mich oft, ob ich auf dem Boden nicht besser schlafe«, sagte er lachend. »Bei dem Leben, das ich führe, muss ich häufig nächtigen, wo ich mich gerade befinde, ob im Wald, in der Heide oder auf Stein. Der Körper gewöhnt sich daran und passt sich an.«
»Und was für ein Leben führst du nun genau, abgesehen davon, dass du schmuggelst?«, erkundigte ich mich neugierig.
»Das Gleiche wie die meisten Highlander, nehme ich an. Es ist noch gar nicht lange her, dass wir uns vor allem mit unserem Vieh beschäftigt haben.«
»Indem ihr es gestohlen habt?«
Stirnrunzelnd wandte er sich zu mir und schenkte mir dann ein wunderbares Lächeln. Das Gleiche, mit dem er die schöne Rothaarige bedacht hatte?
»Ja, gelegentlich. Außerdem fischen und jagen wir und üben uns im Kampf.«
»Bist du ein guter Fischer?«
»Bah! Es geht so, aber lieber ist mir die Jagd und die Stille, die sie erfordert. Ich ziehe mich gern in die Berge zurück. Außerdem liebe ich es, die Tiere zu bewundern, bevor ich sie töte. Verstehst du, sie wissen, dass sie geopfert werden. Der Blick eines Hirschs, bevor er zusammenbricht, ist ziemlich seltsam. Einen winzigen Moment lang, kurz bevor man den Pfeil abschnellen lässt, kommt es zu einer Art Verbindung zwischen den Seelen von Jäger und Beute, eine ganz unerklärliche Sache.«
Zerstreut musterte er einen Moment lang das Kerngehäuse seines Apfels und warf es dann in das hohe Gras.
»Das Rotwild ist nicht immer leicht zu erwischen. Es wird in offenem Gelände gejagt, auf der Heide. Man muss sich verhalten wie ein Raubtier, das sich an
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