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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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seine Beute anschleicht, und auf die Windrichtung achten, damit das Tier die Witterung nicht aufnimmt. Das ist oft beschwerlich und enttäuschend, aber wenn der Pfeil dann ein schönes Tier fällt...«
    Er schlug sich mit der Faust auf den Magen, strahlte zufrieden und atmete laut aus.
    »Bist du schon einmal auf die Jagd gegangen, Caitlin?«
    »Nur nach Ratten und anderem Ungeziefer von dieser Sorte, nichts weiter.«
    Er lachte.
    »Nicht besonders geeignet für eine Mahlzeit. Ich muss dich bei Gelegenheit einmal mitnehmen... sobald es dir besser geht.«
    »Ja, wenn es mir wieder besser geht...«, wiederholte ich ein wenig unbestimmt. »Ach, Liam, ich würde ja gern, aber...«
    Verlegen verstummte ich und sah ihn an. Herrgott, war er schön! Sein Lächeln verschwand.
    »Hast du es so eilig, uns zu verlassen?«
    »Du weißt genau, dass ich nicht hier bleiben kann.«
    Er ließ den Blick über das grüne Tal schweifen, das sich vor uns eröffnete, und schwieg. Offensichtlich wusste er nicht, wohin mit seinen Händen, denn seine Finger zupften im Gras.
    »Erzähl mir von Irland.«
    »Was möchtest du denn hören?«
    »Nun ja, ich weiß nicht viel über dein Land... Ist es bergig oder
eher flach wie die schottischen Lowlands? Womit hast du dort deine Zeit zugebracht? Hast du einen... Mann zurückgelassen?«
    Ich lächelte. Immer noch wich er meinem Blick aus.
    »Das sind viele Fragen auf einmal. Man nennt Irland die ›grüne Insel‹. Bei uns gibt es auch Berge, doch man findet vor allem grüne Hügel, die in der Sonne leuchten wie Edelsteine. Jedenfalls die, welche ich gesehen habe. Verstehst du, wir sind sehr wenig gereist. Ich bin kaum jemals über die Küste von Antrim und die Straße der Riesen hinausgekommen. Kennst du sie?«
    »Nein.«
    »Das sind große Steinblöcke, die aneinandergereiht sind. Sie weisen alle die gleiche Form, aber unterschiedliche Höhe auf, ein wenig wie die Stufen einer Treppe. Mein Vater hat mir ihre Legende erzählt.«
    »Und...?«
    »Es heißt, der keltische Krieger Fionn MacCool habe eine Straße erbaut, die Antrim mit Staffa verband. Ich muss dir allerdings gestehen, dass ich keine Ahnung habe, wo sich dieses Staffa befindet.«
    »Auf den Hebriden«, erklärte er mir und streckte die Beine vor sich aus.
    »Dort jedenfalls lebte Finn Gall, sein Feind, der ebenfalls ein Furcht erregender Krieger war. Als er erfuhr, was MacCool getan hatte, zertrümmerte Gall die Straße zu vierzigtausend Steinbrocken. Die Straße der Riesen soll alles sein, das davon noch übrig ist.«
    »Wusstest du, dass Fionn MacCool einmal in meinem Tal gelebt hat?«
    Ich riss erstaunt die Augen auf.
    »Hier nennen wir ihn Fionn MacCumhail, oder manchmal auch Fingal.«
    »Ziemlich erstaunlich.«
    »So sehr nun auch wieder nicht. Dein Irland und mein Schottland sind durch das Blut desselben Volkes verbunden. Wir sprechen eure Sprache, wenngleich der Dialekt ein wenig anders ist. Wir bekämpfen dieselben Feinde und beten dieselben Götter an. Ich trage sogar einen irischen Namen, den des Großvaters aus der
mütterlichen Linie meines Vaters. Die Mutter meines Vaters war eine Irin aus Antrim. Sie ist 1644 hier an Land gegangen, mit der Armee des gefürchteten alten Alasdair MacColl Macdonald, der gekommen war, um die Royalisten des Marquis von Montrose im Bürgerkrieg gegen die Sassanachs zu unterstützen. Ihr Mann war Lieutenant in dieser Armee und ist in der Schlacht von Inverlochy gefallen. Kurz darauf hat sie meinen Großvater kennen gelernt und ist hierher zu ihm gezogen.«
    Er drehte sich auf die Seite und stützte sich auf einen Ellbogen, um mich besser ansehen zu können.
    »Wie hieß sie?«, wollte ich wissen.
    »Roweena, aber das ist alles, was ich über sie weiß. Außer vielleicht, dass sie aus Connaught stammte.«
    »Aus Connaught? Nachdem die Feindseligkeiten gegen die Katholiken begannen, haben sich meine Onkel in Connaught niedergelassen, im Westen der Insel. Aber mein Vater hatte damals noch seinen Laden. Deswegen sind wir in Belfast geblieben. Er hätte ebenfalls wegziehen können, aber in dieser Gegend des Landes gibt es gerade einmal einige kleine Fischerdörfer, und mein Vater... hmm, die Fischerei ist nichts für ihn. Fische, die stellt er meisterhaft aus Silber oder Gold her, mit komplizierten Motiven.«
    »Und du selbst, was hättest du gern getan?«
    »Ich?«, fragte ich achselzuckend. »Ich weiß es nicht. Vielleicht... nun ja, ich glaube schon, dass mein Onkel Daniel mich aufgenommen hätte. Er

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