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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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müssen nur langsam reiten.«
    Liam sattelte die beiden Pferde, steckte etwas vorbereiteten Proviant in die Satteltaschen und half mir dann, auf Bonnie zu klettern, bevor er Stoirm bestieg.

    Der Nebel löste sich langsam auf, doch der Himmel zeigte weiterhin ein trübes Grau. Wir ritten gen Westen. Nachdem wir dem Ufer des Loch Achtriochtan gefolgt waren, schlugen wir den Pass von Glencoe ein, eine schmale Passage am Fuß einer Formation, die Liam die »Drei Schwestern« nannte. Sie erhob sich an der Südseite des Tals und bestand aus drei Felsgipfeln, dem Aonach Dubh, dem Gearr Aonach und dem Beinn Fhada. Im Norden ragte der beeindruckende gezackte Kamm des Aonach Eagach über uns auf.

    Die Weiden erstreckten sich auf beiden Seiten des Coe-Flusses, der sich wie eine silbrige Schlange durch sein verschlungenes, felsiges Bett wand. Ich hatte den eigenartigen Eindruck, in ein Märchenland aus alten keltischen Legenden versetzt zu sein und rechnete fast damit, hinter einem Felsbrocken einen mythischen Kriegshelden oder eine Bean-sith auftauchen zu sehen.
    Fast überall weideten die Hochlandrinder mit ihren langen Hörnern und dem dunklen Fell, weit verteilt über die mit fettem Gras bewachsenen grünen Hügel. Zwischen ihnen gruppierte sich eine Handvoll Schafe. Liam holte einige Tiere zurück, die sich ein wenig zu weit vorgewagt hatten, und trieb dann die Herde in tieferes Gelände, nach Osten auf das Loch zu.
    Wir entdeckten ein Lamm, das auf der Seite lag; es war aufgedunsen, und seine Beine waren steif. Liam untersuchte es und schüttelte traurig den Kopf; dann band er dem Tier eine Schnur um die Hinterbeine und hängte es an den Hinterzwiesel seines Sattels.
    »Leider verlieren wir jeden Frühling einige Tiere. Das ist schon das dritte in diesem Jahr. Diese Tiere sind so dumm, dass sie beim leisesten Anzeichen einer Gefahr alle in dieselbe Richtung flüchten und übereinander springen. Die Kleinsten sind dabei rettungslos verloren.«
    Wir hielten unter einer Kieferngruppe an, um zu frühstücken. Er wies auf eine Stelle, an der ich mich niederlassen sollte. Dann setzte er sich auf einen Granitvorsprung und verteilte den bescheidenen Inhalt einer seiner Satteltaschen darauf.
    Alles war merkwürdig still und verlassen. Mit einem Mal fühlte ich mich so allein mit ihm gar nicht wohl. Wenn ihn jetzt die Begierde überkam...
    »Und, gefällt es dir hier?«
    »Ja... das Tal ist wunderschön.«
    Er hob den Kopf, schenkte mir ein zufriedenes Lächeln und fuhr dann fort, mit seinem Dolch Brotscheiben abzuschneiden.
    »Ich liebe diese Stelle. Als Kind bin ich oft hergekommen. Dann bin ich auf eine dieser Kiefern geklettert«, erklärte er und wies mit der Spitze der Klinge auf einen alten, knorrigen Baum. »Ich habe mich hierher zurückgezogen, um die Tiere, die am Loch
tranken, zu beobachten. Stunden konnte ich damit zubringen, sie anzuschauen.«
    »Bist du vielleicht doch ein Träumer?«
    »Ein Träumer? Ich weiß es nicht. Müsste ich dazu nicht Träume haben?«
    »Hast du keine? Jeder hat doch Träume.«
    Gedankenverloren sah er über das Wasser.
    »Früher hatte ich welche, das stimmt. Aber...«
    Mit einem Achselzucken tat er schließlich die Frage ab und reichte mir ein Stück Käse und einen Brotkanten.
    »Nun gut...«, seufzte ich. »Und was treibst du sonst so außer Jagen und... Stehlen?«
    Er streckte ein Bein vor sich aus und stieß ein kurzes, raues Lachen hervor.
    »Ich bin Lehrling in der Brennerei. Allan Macdonald ist unser Meisterdestillator, aber sein Augenlicht schwindet rasch, daher lehrt er mich die Grundlagen des Berufs. Im Moment führt er noch die Oberaufsicht über den Prozess. Wahrscheinlich könnte er seinen besten Whisky auch blind brennen.«
    »Ehrliche Arbeit also.«
    »Wenn man so will«, gab er lachend zurück. »Außerdem kann man mit dem Verkauf von unversteuertem Whisky, wie bei allem anderen, noch seine kleinen Nebeneinkünfte erzielen.«
    Ich stieß einen empörten Ausruf aus.
    »Herrgott!«
    »Mach dir keine Sorgen um meine Seele, mo maiseag, sie ist noch nicht vollkommen verloren.«
    »Ich glaube, das ist nur eine Frage der Zeit.«
    »Außer es kommt jemand und rettet sie...«
    Er biss in sein Brot, kaute langsam und sah mir in die Augen. Ich hielt seiner Prüfung stand und zwang mich, trotz der Gefühle, die in mir aufwallten, gelassen zu wirken. Ein belustigtes Glitzern trat in seinen Blick.
    »Und wer soll dich vor der ewigen Verdammnis retten?«, fragte ich, um meine Fassung

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