Schwert und Laute
auf den Tisch.
»Angeblich hat Liam ihn brutal massakriert. Simon, Angus und Niall haben die Quellen überprüft. Man hat den Steckbrief auf den Marktplätzen von Fort William und Ballachulish verlesen, und es besteht kein Zweifel mehr. Liam wird beschuldigt, Lord Dunning auf barbarische Weise abgeschlachtet und dich anschließend entführt zu haben.«
Wie vom Donner gerührt sah ich ihn an. Mir war, als träumte ich. Das alles war vollkommen lächerlich...
»Hör zu, Caitlin, ganz offensichtlich ist nach dir jemand in
das Zimmer gekommen und hat sich an der Leiche zu schaffen gemacht, um die Tat noch verabscheuungswürdiger erscheinen zu lassen. Vielleicht hat diese Person Liam wirklich für schuldig gehalten, weil er geflohen ist. Da du ebenfalls verschwunden warst, musste man daraus wohl schließen... nun ja. Wer hat sich in dieser Nacht noch im Haus aufgehalten?«
»Lady Catherine und Winston Dunning, der Sohn des Lords. Lieutenant Peterson und einige Soldaten der Garde. Rupert, der Majordomus, Millie, das Zimmermädchen, und Becky, die Köchin. Der Stallknecht war zu Besuch bei seinem Bruder. Lord Dunning hat sehr wenig Personal gehalten.«
»Bevor du hinausgelaufen bist, hast du da außer meinem Bruder im Haus noch jemanden getroffen?«
Ich schüttelte den Kopf und schniefte laut.
»Nein. Nur die Wachen schienen noch auf den Beinen zu sein. Ich habe die Posten gesehen, die ihren Rundgang machten. An diesem Abend schienen sie ziemlich betrunken zu sein.«
»Hmmm, das ist mir auch aufgefallen. Wissen sie, wer Liam ist?«
»Nun ja, sie haben ihn am Tartan seines Plaids als Macdonald erkannt.«
Ohnmächtig wiegte er den Kopf. Der Zorn war aus seinem blassen Gesicht gewichen und hatte einer bestürzten Miene Platz gemacht.
»Es wird sicher nicht lange dauern, bis sie hier auftauchen. Auf der Straße hierher haben sie ihn erkannt. Mit deinem kleinen Auftritt hast du gewiss ihre Neugierde erweckt. Früher oder später werden sie die Verbindung ziehen. Verflucht!«, murmelte er und leerte seinen dritten Whisky.
Mit einem Mal spürte ich das ganze Gewicht der Situation, die ungeahnte Ausmaße annahm. Ein bohrender Krampf zog meinen Magen zusammen, und ich krümmte mich. Jetzt kam es nicht mehr in Frage, dass ich nach Irland zurückkehrte. Ich konnte Liam und seinen Clan nicht mit einem Problem allein lassen, für das einzig und allein ich verantwortlich war. Ich musste zum Herrenhaus, um die Wahrheit zu erfahren. Ganz offenbar versuchte jemand, den Macdonalds zu schaden, und diese Person konnte
ich nicht gewähren lassen. Wenn es sein musste, würde ich nach Edinburgh zu den Behörden gehen...
»Ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll... Es tut mir aufrichtig leid.«
Doch ich wusste genau, dass die Worte nutzlos waren. Was geschehen war, war geschehen und ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Wie wünschte ich mir, anderswo zu sein, Liam nie begegnet zu sein, nie ins Herrenhaus geschickt worden zu sein, niemals einen Fuß auf schottischen Boden gesetzt zu haben! Müßige und alberne Gedanken, denn die Wirklichkeit war da und peinigte mich wie ein Schwert, das mir ins Fleisch gestoßen wurde. Der Schmerz presste mir die Brust zusammen, und mein Herz klopfte so heftig, als wolle es gleich zerspringen. Colin hatte den Kopf in die Hände gestützt.
»Weiß Sàra Bescheid?«
»Ja, ich konnte sie nicht im Unklaren lassen. Aber abgesehen von Angus, Niall und Simon hat niemand sonst eine Ahnung. Allerdings muss ich John davon berichten.«
»Liam... Er wird also nicht zurückkommen?«, fragte ich mit bebender Stimme.
Er sah mich einen Moment lang an, und eine goldblonde Strähne fiel ihm in die Augen. Einen kurzen Augenblick sagte ich mir, dass ich mich wirklich in diesen Mann hätte verlieben können, wenn Liam nicht gewesen wäre. Beide Brüder besaßen die gleichen Charaktereigenschaften, und oft hatten sie denselben Blick, der bis in meine Seele vordrang. So wie jetzt. Ich schloss die Augen und zog meine Lippe zwischen die Zähne.
»Caitlin«, begann er sanft. »Wir müssen offen reden.«
Er unterbrach sich, stand auf und begann, die Hände im Rücken verschränkt, nervös im Raum auf und ab zu gehen. Ich wusste, dass der Moment gekommen war, in dem ich klare Verhältnisse schaffen musste.
»Am Abend des Ceilidh ...«
»Ich weiß, Colin, ich schulde dir Erklärungen, Abbitten...«
Er wandte sich zu mir um. Der Schmerz verhärtete seine Züge.
»Ich mag dich sehr, Colin, aber...«
»Aber es ist
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