Schwert und Laute
wie Marmor, nur ein leises Zucken an seinem Kiefer verriet seine Gefühle. Sàra erhob sich und kam auf mich zu. Sie legte die Hand auf meinen Arm, drückte ihn leicht und seufzte. Trauer war auf ihren Zügen zu lesen. Sie schüttelte den Kopf und ging dann hinaus.
Mir fehlten die Worte. Ich blieb stehen, sah Colin an und drehte nervös das Ende meines Zopfes zwischen Daumen und Zeigefinger. Er wandte die schönen grauen Augen ab, und seine Stimme brach das Schweigen und die Spannung, die über uns lagen.
»Die Brigade ist zurückgekehrt«, erklärte er in sachlichem Tonfall. »Ohne Liam.«
Mein Herz krampfte sich zusammen, und ich biss mir auf die Lippen, um ihn nicht nach dem Grund zu fragen. Ich konnte leicht erraten, dass er ebenso beklommen war wie ich.
»Der Soldat, den Angus getötet hat, war tatsächlich ein Deserteur. Das ist die erste gute Nachricht. Die zweite ist, dass es keinen Haftbefehl gegen dich gibt. Du bist frei und kannst in Schottland nach Belieben kommen und gehen.«
Aus ungläubig aufgerissenen Augen sah ich ihn an. Gewiss hatte ich ihn nicht richtig verstanden.
»Frei?«, stammelte ich mühsam. »Du meinst, Lord Dunning ist nicht tot? Ich hatte aber den Eindruck...«
Die Worte blieben mir in der Kehle stecken, und ich schlug mir die Hand vor den Mund, damit ich nicht noch mehr verriet. Das war nicht möglich, ich hätte geschworen, dass er mausetot war!
»Allerdings! Tot ist er schon«, sagte er, nachdem er den Inhalt seines Glases hinuntergestürzt hatte.
Mit zitternder Hand schenkte er sich noch ein dram Whisky ein und hob den Becher. Ich betrachtete die bernsteinfarbene Flüssigkeit,
die er heftig kreisen ließ, ein unmissverständliches Zeichen dafür, dass er sehr zornig war. Dann hielt er die Bewegung abrupt an, doch der Whisky setzte seine wilde Fahrt fort. Mit unbestimmtem Blick sah Colin zu, wie der Branntwein in den Wollstoff seines Kilts sickerte. Dann seufzte er, setzte seinen Becher auf den Tisch und wischte sich die Finger am Ärmel ab, bevor er weitersprach.
»Es ist nicht dein Kopf, auf den wegen dieses Mordes ein Preis ausgesetzt ist«, murmelte er kalt.
Seine hellgrauen Augen hatten die Farbe eines sturmgepeitschten Himmels angenommen. Er richtete sich auf, strich erfolglos seinen zerknitterten Kilt glatt und trat dann, den Rücken zu mir gewandt, an den Kamin. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen, doch sein Tonfall verriet mir, dass die nächste Neuigkeit nicht so gut ausfallen würde. Langsam begann ich zu begreifen. Ich stützte mich auf die Stuhllehne, und mein Magen krampfte sich zusammen.
»Es ist Liam«, erklärte er betont, um ganz sicherzugehen, dass ich verstanden hatte.
Meine Knie wurden weich, und meine Finger umklammerten das vom vielen Gebrauch glatt polierte Holz. Ich schloss die Augen, biss mir wieder auf die Lippen und schmeckte einen Blutstropfen auf der Zunge. Ich musste blass geworden sein, denn Colin schob mich sanft auf den Stuhl zu, damit ich mich setzte.
»Oh mein Gott! Was habe ich getan!«, schrie ich und schlug mir mit den Fäusten an die Brust.
Durch einen Tränenschleier sah ich Colins abgespanntes Gesicht. Das würden sie mir nie verzeihen! Um meine elende Haut zu retten, hatte ich Liam zu einem Gesetzlosen, einem wegen Mordes Gesuchten gemacht.
Colin kauerte sich vor mir nieder und umfasste meine Handgelenke mit festem Griff.
»Du weißt, was das bedeutet, oder, Caitlin?«
»Ja«, stammelte ich. »Wenn sie ihn fangen... Oh nein!«
Das entsetzliche Bild von Liam, der an einem Strick baumelte, trieb mir kalte Schauer über den Rücken.
»Der Clan könnte erneut geächtet werden. Du weißt schon... die Bestrafung mit Feuer und Schwert.«
Entsetzt riss ich die Augen auf. Daran hatte ich nicht gedacht. Meinetwegen würden sie verfolgt und vielleicht getötet werden. Ich schluchzte immer heftiger. Colin maß mich immer noch mit diesem harten Blick und schüttelte mich gnadenlos.
»Hör mir gut zu, Caitlin«, sagte er mit schneidender Stimme. »Du musst mir genau erzählen, was in jener Nacht geschehen ist. Das ist sehr wichtig, verstehst du?«
»Was geschehen ist?«, schluchzte ich. »Alles?«
Brüsk ließ er mich los, trat wieder an den Kamin und lehnte sich dagegen. Seine hochgewachsene, kräftige Silhouette zeichnete sich im Feuerschein ab. Er war blass, und sein verkrampfter Kiefer zog sich zusammen, so wie bei seinem Bruder, wenn er sich bemühte, seine Gefühle zu beherrschen.
»Alles!«, versetzte
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