Schwerter und Rosen
Kämpfer, eher wie ein Geistlicher. »Aber es ist nicht rechtens«, hub er an, wurde jedoch barsch von dem Breitschultrigen unterbrochen, in dem immer noch brodelnde Wut über die Unterbrechung seines kleinen Liebesspiels kochte. »Ach, haltet den Mund, William! Ich kann Euer weibisches Geflenne nicht mehr ertragen!«
Mit einer ungehaltenen Geste erstickte er die empörten Widerworte des Gescholtenen im Keim. »Es ist alles besprochen«, fuhr er fort. »Anstatt uns weiter damit aufzuhalten, sollten wir uns lieber auf die Ankunft des neuen Königs vorbereiten.« Richard, dem die Sänger am Hof seiner Mutter in Aquitanien den Beinamen Löwenherz gegeben hatten, war sofort nach dem Tod seines Vaters aufgebrochen, um in London zum König gekrönt zu werden. Er hatte Boten vorausgeschickt, um seine Mutter aus der Haft zu befreien, in die sie vor sechzehn Jahren geraten war, als sie ihre Söhne bei einer Rebellion gegen deren machthungrigen Vater unterstützt hatte. Da sie damals ohnehin nicht gut auf ihren Gemahl zu sprechen war, weil dieser sie mit einer Geliebten betrog, war ihr das Zerwürfnis zwischen dem König und seinen Erben gerade recht gekommen. Die Stimmung unter den Kronvasallen am Hof, die ihren neuen Lehnsherren nur aus der Ferne kannten, war dieser Tage deutlich von Nervosität gekennzeichnet, da das feurige Temperament der Plantagenets im Sohn noch ausgeprägter sein sollte als im Vater. Dem zweiunddreißigjährigen Richard eilte der Ruf voraus, ein zwar tapferer und gnadenloser Krieger zu sein, dessen diplomatisches Geschick allerdings äußerst begrenzt war – was er in der Vergangenheit immer wieder unter Beweis gestellt hatte. »Ach, da gibt es nicht viel vorzubereiten«, schnaubte der Grauhaarige übellaunig, während er den Kelch erneut versonnen an die Lippen hob. »Richard ist das Werkzeug seiner Mutter.« Ohne die erschrocken vor den Mund geschlagene Hand William of Arundels zu beachten, setzte er mürrisch hinzu: »Wenn Ihr ihn kontrollieren wollt, müsst Ihr zuerst einmal ihre Gunst gewinnen!« Einige Augenblicke lang betrachtete er das ölige Funkeln des Weines, der schwer und dunkel in dem Trinkgefäß lag. »Und der alte Drache hat es in sich!«
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Während die drei Männer darüber diskutierten, wie man am einfachsten das Vertrauen der Königinmutter erschleichen konnte, warf Catherine de Ferrers nach kopf- und ziellosem Irren durch den riesigen Wohnturm der Burg mit rasendem Herzen die Tür der Kammer hinter sich zu, die sie mit einer anderen jungen Zofe teilte. Zwei kleine Fenster gaben den Blick frei auf den von starken Mauern eingefassten Hof des Towers. In demselben Augenblick, in dem das Mädchen den schweren Riegel in die Halterung fallen ließ, erhob sich krächzend eine hässliche Krähe von einem der Simse – beinahe als spüre der Vogel die Aufregung der jungen Frau. Ihre Zimmergenossin fuhr erschrocken aus dem Schlaf auf und blickte sich verwirrt in dem nur schwach von einer halb heruntergebrannten Kerze erhellten Gemach um. »Catherine«, rief sie bestürzt aus, als sie die bleiche Gestalt der Freundin an der Tür lehnen sah – das Gesicht totenbleich und schweißbedeckt. »Was ist geschehen?« Mit einem besorgten Ausdruck auf dem Gesicht schlang das hochgewachsene Mädchen die dünne Leinendecke um den schlanken Körper und schwang die Beine aus dem Bett, um der schwer atmenden Freundin beruhigend den Arm um die Schultern zu legen. Behutsam schob sie die bebende Gestalt in Richtung einer fensternahen Sitztruhe, doch Catherine versteifte sich unter ihren Händen. Als sie ihre Gefährtin näher in Augenschein nahm, zog sie bestürzt die Luft durch die Zähne ein.
»Du bist verletzt!« Entsetzt ließ sie die Augen von Catherines aufgeplatzter Lippe zu den blutigen Spuren an ihrem Hals hinabwandern, die sich dramatisch von der weißen Haut abhoben. »Catherine!« Sie schüttelte die Freundin sanft. »Was ist dir zugestoßen?« Schaudernd schloss die Jüngere die Augen und fuhr sich mit den Fingerkuppen vorsichtig über die Wunden, welche die gierigen Zähne des Vermummten auf ihrer Haut hinterlassen hatten. Immer noch spürte sie die ekelerregende, schleimige Kälte seiner tastenden Zunge in ihrem Mund; und dort, wo seine groben Hände ihre Brüste begrapscht hatten, brannte ein feuriger Schmerz. Sie würgte. »Mir ist nicht gut«, stammelte sie, riss sich los und stolperte in die angrenzende Kammer, um sich dort in eine der Nachtpfannen zu übergeben. Gerade noch
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