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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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folgte Catherine den behänden Bewegungen eines etwa zehnjährigen Burschen, der sich – nachdem er die letzten Schnüre am Mast verknotet hatte – an einem der überzähligen Taue zu Boden gleiten ließ. Nach der Untätigkeit des endlos erscheinenden Winters erweckte die nervöse Aktivität der letzten Tage beinahe den Eindruck, als habe sie die Pforte zu einem neuen Leben durchschritten.
    »Es ist wunderbar«, schwärmte Berengaria, die – alle Etikette missachtend – zu ihr getreten war und die Augen über das bewegte Wasser gleiten ließ. Die Finger ihrer schlanken Hände umklammerten das raue Holz, und nachdem sie sich nach einem kurzen Augenblick an das Schaukeln des Horizontes gewöhnt hatte, setzte sie überschwänglich hinzu: »Ich kann es kaum erwarten, ihn wiederzusehen!« Das Funkeln im Blick der sechsundzwanzigjährigen Braut des Königs verlieh ihr das Aussehen eines jungen Mädchens – ein Eindruck, der unterstrichen wurde, als sie selbstvergessen den Zeigefinger über ihren schmalen Nasenrücken gleiten ließ. Nur mit Mühe unterdrückte Catherine ein belustigtes Schmunzeln, da sie inzwischen beinahe den Eindruck hatte, die erste Begegnung mit Richard Löwenherz, von der die spanische Prinzessin den gesamten Winter über geschwärmt hatte, selbst erlebt zu haben. Scheinbar waren sich die beiden vor zehn Jahren am Hof ihres Vaters begegnet und hatten die schüchternen Zärtlichkeiten heimlich Verliebter ausgetauscht. Doch wenn Catherine die verworrenen Berichte, die mit jedem Mal an Detailtiefe gewannen, richtig deutete, war es damals wohl zu kaum mehr als zu einem Kuss gekommen. »Die Überfahrt soll nicht einmal eine Woche dauern«, sagte sie an ihre wie immer atemberaubend gekleidete Herrin gewandt, deren wadenlanges safrangelbes Übergewand im Fahrtwind flatterte und den Blick auf ihr haselnussfarbenes Bliaud freigab, dessen Säume mit einer silbernen Zierstickerei eingefasst waren. »Ja, ich weiß«, erwiderte Berengaria sehnsüchtig. »Aliénor hat mir gestern noch einmal alles genau erklärt.«
    Catherine nickte und ließ die Gedanken zu den auf Sizilien wartenden Männern abschweifen. So wie Berengaria sich darauf zu freuen schien, ihren Verlobten wiederzusehen, so nagte inzwischen die Ungeduld an dem Mädchen, Harold of Huntingdon in die unverschämt blauen Augen zu blicken und den Fehler wettzumachen, den sie bei ihrer letzten Begegnung begangen hatte. Obwohl sie sich zuerst vorgenommen hatte, den jungen Mann in keinster Weise merken zu lassen, wie sehr sie sich von ihm angezogen fühlte, hatten sie einige intime Gespräche mit den anderen Hofdamen eines Besseren belehrt, und in ihr war der feste Vorsatz gereift, sich zu nehmen, was sie haben wollte. Nur Närrinnen unterließen es, der Liebe zu ihrem Recht zu verhelfen! Eine Zeit lang genossen die beiden Frauen die Fahrt des Schiffes. Doch als selbst die letzte Ahnung des Festlandes vom Nebel der Gischt verschleiert wurde, riss sich Berengaria mit einem bedauernden Achselzucken von dem Anblick los und schlug an Catherine gewandt vor: »Lass uns ein wenig unter Deck gehen.« Auch wenn die Neugier des jungen Mädchens noch lange nicht befriedigt war, nickte sie zustimmend, raffte die gegen ihre Beine schlagenden Röcke und folgte der Prinzessin hinauf aufs Oberdeck, wo eine prächtig geschmückte Kabine auf sie wartete.
    Im Innern der verhältnismäßig geräumigen Unterkunft brannte ein Feuer in einer winzigen Feuerstelle. Nachdem die Frauen sich von ihren Kopfbedeckungen befreit hatten, ließen sie sich auf den zu beiden Seiten eines kleinen Tischchens angebrachten Bänken nieder, um das begonnene Damespiel wieder aufzunehmen. Sowohl das Spielfeld als auch die geschnitzten Steine bestanden aus kostbaren afrikanischen Hölzern. Wie stets, wenn sie die Figuren aufhob, war Catherine überwältigt von der Feinheit und Kunstfertigkeit der zierlichen, auf den Rändern eingravierten Schnitzereien. Warm lag der Stein in ihrer Hand, und während sie darauf wartete, dass die zukünftige Königin Englands ihren Zug tat, bewunderte sie die lebensecht wirkenden Seeschlangen, die sich um das Rund wanden. Weit aufgerissene, mit langen Zähnen besetzte Schlünde verschlangen die Schwänze der vor ihnen aus dem tobenden Element aufsteigenden Ungeheuer, während sich die Rückenstacheln kampfeslustig in die Höhe reckten. Wie um alles in der Welt konnte man solche Feinheiten derart verkleinert darstellen?, fragte sie sich nicht zum ersten Mal. »Du bist

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