Schwerter und Rosen
Abwechslung sein!« Grob stieß er den Tempelritter in die Seite, um ihm zu bedeuten, dass er vorangehen solle, und wechselte ein paar scherzhafte arabische Worte mit seinem Gefährten. Dieser gab ein kurzes Lachen von sich, wurde jedoch sofort wieder ernst, als sie den zweiten Posten passierten und ins Innere des riesigen Palastes eintauchten. Überall erinnerten Wandmalereien und Fresken an die ruhmreiche Vergangenheit der uralten Pharaonenstadt. Und hätte ihn nicht nach wie vor eine der Schwertspitzen daran erinnert, dass er sich in Feindesland befand, wäre Curd vor Bewunderung der Atem gestockt. Die Farbpracht der über zweitausend Jahre alten Kunstwerke schien alle Gesetze der Vergänglichkeit ad absurdum zu führen, und selbst die Pflanzenfülle des durch den Bogengang sichtbaren Gartens wirkte zeitlos in ihrer schillernden Üppigkeit. Als sie eine mit Blattgold beschlagene Tür erreichten, legte sich erneut das Krummschwert der Palastwache an Curds Kehle, während geschickte Finger seinen Dolch aus der Scheide zogen. »Warte hier«, zischte der Mameluck mit einem verächtlichen Lächeln. »Bete zu deinem Gott, dass er dir einen schnellen Tod gewährt.« Mit diesen Worten verschwand er durch die schwere Flügeltür, nur um kurz darauf verwirrt und stirnrunzelnd wieder aufzutauchen und den Templer in das Gemach zu winken. Nachdem Curd den Raum betreten hatte, entfernten sich die beiden Soldaten und ließen den jungen Mann allein mit der am Kopfende auf einem breiten Diwan thronenden Gestalt.
»Welch unerwarteter Besuch!« Obschon al-Adil nicht gerade erbaut war über die Überraschung, die ihm der hochgewachsene junge Mann bereitete, musste er sich dennoch eingestehen, dass ihn sein Anblick tief im Inneren seines Herzens mit Freude erfüllte. Nach der überstürzten Rückkehr aus Palästina hatte er einige Wochen damit zugebracht, den Hof in Kairo von aufrührerischen Elementen zu säubern. Doch nun, da wieder ein Mitglied der Herrscherfamilie vor Ort war, verliefen die Dinge scheinbar friedlich – manchmal sogar ein wenig langweilig. Weshalb ihm die Abwechslung in Gestalt des Tempelritters beinahe willkommen war. »Was führt Euch zu mir?« Mit einer einladenden Geste forderte er den jungen Mann auf, sich auf einer der niedrigeren Liegen niederzulassen und zog fragend die Brauen in die Höhe, nachdem er den Sklavinnen, die zu seinen Füßen gekauert hatten, ein Zeichen gegeben hatte, die Tür von außen zu schließen. »Herr.« Einen kaum wahrnehmbaren Augenblick zögerte Curd und ließ den Blick über die ihm fremden und dennoch seltsam bekannten Züge gleiten, bevor er entschlossen fortfuhr: »Ich bin hier, um Euch um Hilfe zu bitten.« Gespielte Unwissenheit huschte über das Gesicht des Prinzen, als dieser sich scheinbar neugierig vorbeugte und Curd auffordernd anblickte. »Weshalb sollte ich Euch helfen?«, fragte er provozierend langsam, während seine Erinnerung die gerade Nase und den energischen Mund seines Besuchers mit den verblassten Zügen seiner damaligen Gespielin abglich. Es gab keinen Zweifel. Salah ad-Din hatte recht. Dieser Bursche war eindeutig sein Sohn! Einige Atemzüge lang taxierten sich die beiden Männer schweigend, bevor Curd schließlich ruhig versetzte: »Ich denke, sowohl Ihr als auch ich wissen, warum Ihr das tun solltet.« Adil schmunzelte. »Wisst Ihr«, bemerkte er beinahe heiter. »Warum vertraut Ihr mir nicht einfach an, was Euch auf der Seele brennt, dann werden wir sehen.« Jetzt war Curd an der Reihe, den Mund zu einem Lächeln zu verziehen. »Ja«, erwiderte er. »Vielleicht wäre das das Beste.«
Nachdem er eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse in Jerusalem gegeben hatte, hob der Templer erwartungsvoll den Blick und versuchte, den Ausdruck in al-Adils dunklen Augen zu deuten. »Es ist ein Jammer«, beschied dieser schließlich, nachdem er sich erhoben hatte und an eine große Truhe herangetreten war. »Hätten wir uns früher getroffen, dann wären die Dinge besser gestanden. Für uns beide«, setzte er nach kurzem Zögern hinzu. »Doch so wie es im Moment aussieht, wäre es sowohl für mich als auch für dich eine tödliche Narretei zuzugeben, was wir beide wissen.« Entgegen allen Vorurteilen, die Curd auf dem langen Ritt nach Kairo gegen seinen leiblichen Vater
gesammelt hatte, verspürte er einen leisen Hauch der Bewunderung für diesen erfahrenen Diplomaten. »Übergib das meiner Schwester.« Mit einer schwungvollen Bewegung zog er einen schweren Beutel
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