Schwerter und Rosen
Ansbert, der von einem Ausflug zur Sickergrube in das Zelt zurückgekehrt war, und nahm Arnfried das mit seiner geschwungenen Handschrift bedeckte Papier aus der Hand. »Man könnte meinen, die ganze Unternehmung habe von Anfang an nur auf seiner Initiative beruht!« Auch dem Hilgartsberger, der ohne Weiteres erriet, wem der Unmut des Chronisten galt, ging die Großspurigkeit des Herzogs von Österreich auf die Nerven. Dieser hatte – kaum hatte der Herzog von Schwaben endgültig die Augen geschlossen – das Kommando über das armselige Häuflein der Deutschen übernommen und inzwischen die meisten der Unterführer in dem Feldlager vor Akkon verstimmt. »Wenn die Männer nur nicht auf ihn gehört hätten!«, stieß der bayerische Ritter heftig hervor und fuhr sich mit der Linken über den ungewaschenen, braunen Schopf. »Dann hätte Friedrich in Tripolis in aller Ruhe seine Krankheit auskurieren können und läge jetzt nicht drei Klafter tief unter der Erde!« Ansbert nickte. »Ja«, entgegneter er düster. »Vermutlich habt Ihr Recht.«
Nach einem langen Augenblick des Schweigens, in dem beide Männer ihren Gedanken nachhingen, schlug Ansbert schließlich vor: »Lasst uns sehen, wie es um Heinrich von Champagne steht. Es wäre ein Jammer, wenn er den Kampf gegen das Fieber ebenfalls verlieren würde.« Unbewusst zuckte seine Hand zu einer der verschorften, aber stark juckenden Stichwunden, die seinen gesamten Oberkörper entstellten. Arnfried stemmte sich in die Höhe und warf sich seinen Wappenrock über. Dann griff er nach einem Krug Wein. »Ein wenig Stärkung schadet sicher nicht«, versetzte er mit einem Schmunzeln, da der junge Graf der Champagne ein geübter Trinker war – selbst in seinem jetzigen Zustand. Wie viele andere litt auch er an dem tückischen Sumpffieber, das er mit ähnlicher Gelassenheit trug wie der verstorbene Herzog von Schwaben. Als die beiden in den angenehm kühlen Morgen hinaustraten, dessen böiger Westwind die üblen Gerüche aus dem Lager trug, wurde ihre Aufmerksamkeit jedoch durch eine Doppelreihe blendend weißer Segel auf sich gezogen. Diese tanzten heiter auf die Landzunge zu, auf der sich die Kreuzfahrer verschanzt hatten. Stirnrunzelnd verfolgten Ansbert und Arnfried von Hilgartsberg das Schauspiel eine Weile, und schon bald gesellten sich weitere Neugierige zu ihnen. »Das sind Italiener!«, rief einer schließlich aus und fiel seinem Nebenmann mit einem Jubelschrei in die Arme. Die bauchigen Umrisse der unbeirrt durch die Wellen pflügenden Zweimaster erfüllten die Männer im Heerlager mit so viel Freude und Zuversicht, dass innerhalb weniger Minuten ein wahrer Tanz an dem von den Christen besetzten Küstenstreifen begann. Als dann die gelandeten Italiener sie auch noch davon in Kenntnis setzten, dass der Aufbruch der Könige von Frankreich und England aus Messina bevorstand, brach die ohnehin kaum mehr vorhandene Disziplin vollkommen zusammen und die Männer feierten ein Freudenfest, das an Ausgelassenheit kaum mehr zu übertreffen war. Salah ad-Dins Chance auf einen Sieg schien durch das Eintreffen der italienischen Verstärkung plötzlich erheblich gesunken.
Das Mittelmeer, wenige Meilen vor Barcelona, März 1191
Spiegelblank erstrahlte der azurblaue Frühlingshimmel über den plumpen Einmastern, die soeben die Hafenbefestigung der spanischen Metropole hinter sich ließen und Kurs auf das offene Meer nahmen. Der Bug des Schiffes teilte schäumend die blaugrüne See, auf deren zackigen Wellenkämmen ein wahres Heer schwarz gefiederter Kormorane schaukelte. Viele der eleganten Tiere trugen Beutefische im Schnabel, doch anstatt sich mit ihrem Fang in die Lüfte zu erheben, folgten sie dem Spektakel des Aufbruches. Mit klopfendem Herzen stand Catherine de Ferrers an der Reling des riesigen, im Wind knarrenden Schiffes und sah zu, wie die Küstenlinie langsam, aber sicher kleiner wurde, während um sie herum munteres Treiben herrschte. In Windeseile hatte die Besatzung die Ruder eingezogen, mit denen sie das schwere Gefährt durch das Hafenbecken manövriert hatte, und bevor Catherine begriff, was geschah, entrollte sich das Hauptsegel hinter ihr mit einem ohrenbetäubenden Knattern. Wild schlug es gegen den Mast, bevor es den Seeleuten gelang, es festzuzurren. Erst nachdem alle Ösen und Haken geschlossen waren, erklommen die leicht bekleideten Schiffsjungen die Wanten, um auch in luftiger Höhe nach dem Rechten zu sehen. Mit einem Lächeln auf den Lippen
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