Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
Vom Netzwerk:
Namen den Befehl, die Plünderungen einzustellen.« Dankbar senkte der Earl of Derby den Kopf und ließ den König allein mit seinen Generälen und seiner furchtbaren Laune, um dem Morden, Schänden und Brandschatzen Einhalt zu gebieten. Kaum war der Rücken des Earls of Derby hinter einer der Felsklippen verschwunden, kam Leben in die Männer, die den Wehrgang der Festung gegen die englischen Armbrustschützen hielten, und eine weiße Kapitulationsfahne schob sich langsam und schüchtern über die steinerne Brustwehr. Als daraufhin der Geschosshagel der Belagerer eingestellt wurde, folgte dem improvisierten Feldzeichen der Kopf des eingeschlossenen Isaak Komnenos, der mit sich überschlagender Stimme von den Zinnen brüllte:
    »Wenn Ihr mir Euer Wort gebt, mich nicht in Eisen schlagen zu lassen, ergebe ich mich Eurer Übermacht!« Dicht hinter dem Byzantiner standen seine verängstigt wirkende Tochter und seine Gattin, die sich eng aneinanderdrängten und das Heer der Belagerer voller Furcht anstarrten. Ein listiges Lächeln stahl sich auf Löwenherz’ Züge, als er nach kurzem Nachdenken nickte und zurückrief: »Ich gebe Euch mein Wort, Euch nicht in eiserne Ketten legen zu lassen!« Langsam hob er das in der Sonne blitzende Breitschwert und führte es in einer symbolischen Geste zurück in die Scheide. Woraufhin die griechischen Soldaten, die das Tor bemannten, die quietschenden Winden der Zugbrücke betätigten und diese langsam herabließen. Kaum hatten die Bohlen den staubigen Boden berührt, gab der englische König seinen Männern ein Zeichen, die Festung zu stürmen. Und während das schrille Geschrei der Betrogenen in den Himmel stieg, fraßen sich bereits die ersten Flammen in die Stützbalken der Befestigungsmauern. »Bringt ihn zu mir!«, befahl Richard schroff. Als ein halbes Dutzend Ritter den gefangenen Komnenos und seine Familie vor ihm auf die Knie zwangen, beugte er sich zu dem bebenden Mann hinab und knurrte hämisch: »Ich werde mein Versprechen nicht brechen.« Ungeduldig winkte er seinen Knappen heran. »Sag dem Schmied, er soll silberne Ketten anfertigen«, versetzte er trocken und bedeutete den Soldaten, die Gefangenen auf die Beine zu stellen. »Wenn sie gefesselt sind, treibt sie zum Kap Andreas hinauf.« Die starke Fliehburg am nördlichsten Ende der Insel hatte schon vielen Missetätern als Kerker gedient. »Die Templer können entscheiden, was sie mit ihnen anstellen wollen, sobald sie den Rest der Kaufsumme bezahlt haben!«
     
     
    Zypern, Lemesos, Ende Mai 1191
     
    Während dicke Tränen ihre Wangen hinabkullerten, bemühte sich die frisch vermählte Königin von England erfolglos, den schwarzen Lidstrich nachzuziehen, der ihre von Traurigkeit getrübten Augen umrahmte. Durch das hohe Doppelfenster zu ihrer Linken fiel die von dem rot-gelben Muster der Glasscheiben getönte Sonne auf ihr Gesicht und malte bunte Flecken auf die wächsern wirkende Haut der Spanierin. Langsam, beinahe zögernd legte sie die Lockenzange auf die polierte Oberfläche des kleinen Tischchens und griff nach einer Handvoll wellig geschwungener Nadeln, deren Köpfe winzige Perlen zierten. Mit heftig zitternden Händen steckte sie die dunklen Locken auf, um sie nach einem prüfenden Blick in den Silberspiegel unter einem rostroten Gebende zu verstauen, dessen Farbe ihre Wangenknochen betonte. Als sich eine leichte Hand auf ihre Schulter legte, fuhr sie zusammen und unterdrückte nur mit Mühe einen spitzen Schrei. »Es wird bald vergehen«, tröstete Johanna Plantagenet, die unbemerkt das geräumige Gemach im ersten Stock der Festung betreten hatte, ihre Schwägerin, und ließ den Blick über die tiefen Schatten unter den Lidern der einstmals feurigen Schönheit gleiten. Der kostbare Puder, den die Damen selbst aus einer Mischung aus gestoßenem Talkum und Duftölen herstellten, konnte die Prellung an ihrem Kiefer nur unzureichend verbergen. Und als Johannas Augen zu der grünlich blauen Stelle kurz unter ihrem rechten Ohr wanderten, bedeckte Berengaria sie beschämt mit der Hand. »Es ist nicht Eure Schuld«, beruhigte die Schwester des Königs die Spanierin, die sich erhoben hatte, um ein schweres Übergewand aus einer der vielen Truhen zu ziehen und es sich anzuhalten. »Es ist der Jähzorn der Plantagenets.«
    Nach kurzem Schweigen seufzte Berengaria und ließ das Bliaud wieder sinken, um Johanna voller Traurigkeit und Enttäuschung anzublicken. Die Finger, die sich in den weichen Stoff des veilchenblauen

Weitere Kostenlose Bücher