Schwerter und Rosen
Gewandes gruben, verkrampften sich. »Ich habe mich bemüht, ihm alles recht zu machen«, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme. »Aber ich konnte einfach nichts vortäuschen, was ich nicht empfinde!« Johanna, die aus ihrer eigenen Ehe mit ähnlichen Problemen vertraut war, streichelte ihr sanft den Oberarm, nahm ihr das Bliaud aus der Hand und drückte sie mit schwesterlicher Zuneigung an sich. »Lasst Euch das nächste Mal einfach fallen«, schlug sie vor, während Berengaria ihren Tränen freien Lauf ließ. »Dann ergibt sich alles Weitere«, setzte sie nach einigen Augenblicken hinzu, als sich das krampfartige Schluchzen der jungen Königin gelegt und diese sich mit einem seidenen Spitzentuch die Augen getupft hatte. Ein schwacher Hoffnungsschimmer trat in den Blick der niedergeschlagenen Spanierin. »Und wenn Ihr erst ein Kind von ihm tragt, dann verfügt Ihr über genügend Ausreden, um sein Schlafgemach zu meiden.« Johanna lächelte. »Er wird sicherlich anderweitig Trost finden.« Mit einem missfälligen Stirnrunzeln dachte sie an den eifrigen jungen Chronisten, der seinen Herrn mit mehr als der gebührenden Bewunderung anhimmelte, wann immer er sich unbeobachtet fühlte. Vermutlich brachte er ihrem Bruder die bedingungslose Hingabe entgegen, die dieser so selbstverständlich von allen seinen Mitmenschen erwartete. »Kommt, lasst uns ein wenig in den Garten gehen«, schlug sie vor und ergriff den Arm der anderen Frau, um sie die Treppen hinab in den sonnendurchfluteten Hof des Palastes zu führen. »Begleite uns, Catherine«, bat Berengaria, als das Mädchen, das in einer Nebenkammer damit beschäftigt gewesen war, einige der Perlen am Umhang ihrer Herrin zu befestigen, in den Raum trat, um das Kleidungsstück zurück in die bronzebeschlagene Birnenholztruhe zu legen. Dankbar, den bedrückenden Mauern der Burg zu entkommen, schlang Catherine rasch ein Tuch um die Schultern und folgte den beiden Damen in die angenehme Wärme des Nachmittags hinaus.
Vor zwei Tagen waren die siegreichen Ritter des Königs gemeinsam mit ihrem Herrn aus den Bergen in die Küstenstadt Lemesos zurückgekehrt. Aber außer einem flüchtigen Kuss kurz nach der Ankunft der Männer, hatte Catherine von Harold noch nicht allzu viel gehabt. Am folgenden Tag würde das immense Heer mit den verbliebenen fünfundzwanzig Schiffen nach Akkon aufbrechen, wo die Belagerer den Berichten zufolge bereits sehnsüchtig der Verstärkung harrten. Wie es dort wohl aussehen mochte?, fragte sich das Mädchen bange. Bereits jetzt erschien Catherine der Gegensatz zwischen den makellos zurechtgemachten Damen und den zum Teil blutig geschlagenen und verwundeten Männern bizarr und unwirklich. Doch wie würde es erst vor der seit beinahe zwei Jahren eingeschlossenen Stadt sein, wo Gerüchten zufolge Seuchen grassierten und die ärmeren der Kreuzfahrer unter menschenunwürdigen Bedingungen dahinvegetierten? Der einzige Trost, der ihr blieb, war, dass ihr als Hofdame der Königin eine zwar bescheidene, aber eigene Unterkunft zustehen würde, und dass Harold ihr in der gedrängten Enge des Lagers näher sein würde als bisher. Mit einem unterdrückten Seufzen tat sie es den beiden anderen Frauen nach und ließ sich auf einer der Bänke nieder, um die Wärme der Sonnenstrahlen zu genießen.
Teil 4: Juni 1191 – Februar 1192
Vor den Stadttoren Akkons, Juni 1191
In glühender Pracht versank die Sonne hinter den schroffen Bergkämmen des Karmelgebirges und tauchte das Lager der Christen vor Akkon in goldenes Licht. Von Süden her scholl das durchdringende Schreien eines Esels über die spitzen Zeltdächer und vermischte sich mit dem Klappern von Metall und dem Gebrüll der Soldaten. »Komm schnell!«, zischte Catherine und zog den verdatterten Harold in ihre winzige Behausung, die dicht neben dem Pavillon der Schwester des Königs errichtet worden war. Ebenso wie Richard Löwenherz befanden sich die Damen im Herzen des riesigen Heerlagers vor der eingeschlossenen Küstenstadt. Und nachdem am Tag ihrer Ankunft eine heftige Auseinandersetzung mit Philipp und dem Herzog von Österreich die Fronten geklärt hatte, waren den Mitgliedern der englischen Armee die besten Plätze überlassen worden. Die ausladenden Wedel der mächtigen Dattelpalmen, unter denen sie ihre Zelte errichtet hatten, spendeten tagsüber Schatten, während sie nachts Schutz gegen verzweifelte Diebe aus den benachbarten Gebieten boten, die sich immer wieder in die Reihen der
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