Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
Vom Netzwerk:
inzwischen über seinen Sohn in Erfahrung gebracht – würde dem ehemaligen Mitglied des Templerordens sicherlich nicht besonders zusagen. »Lass uns ein wenig plaudern«, schlug er vor und lehnte sich in die Kissen zurück, während er voller Stolz die Erscheinung seines Gegenübers in sich aufsog.
     
     
    Arsuf, 8. September 1191
     
    Wund von den Anstrengungen des Tages kniete Harold müde und glücklich zugleich vor dem improvisierten Altar in der Nähe der steil abfallenden Küste und wartete darauf, dass sich der Himmel mit dem perligen Grau der Morgendämmerung überzog. Eigentlich hätte er vor der am vergangenen Abend von Henry of Cirencester eingeläuteten Zeremonie ein Bad nehmen müssen. Aber in Anbetracht der Umstände waren alle Beteiligten übereingekommen, dass eine symbolische Waschung mit dem Sand des Heiligen Landes genügen sollte. Zwei Tage nach den bei Caesarea geführten Verhandlungen war es in der Nähe der Stadt Arsuf – nur wenige Meilen von der Küstenstadt Jaffa entfernt – zur Schlacht zwischen den verfeindeten Parteien gekommen. Zwar hatten die Sarazenen den von der Hitze geschwächten Christen heftig zugesetzt. Doch letzten Endes hatte die schwer gepanzerte Kavallerie der Engländer den Ausschlag gegeben, und Salah ad-Din hatte am Ende des Tages geschlagen das Feld räumen müssen. Die Verluste auf beiden Seiten waren gering gewesen. Doch wäre Harold nicht mit seinem Schild zugegen gewesen, als ein feindlicher Armbrustbolzen sich in die ungeschützte Wange des wie immer in vorderster Linie kämpfenden Löwenherz hatte bohren wollen, dann hätte dieser die Begegnung vermutlich nicht lebend überstanden. Ohne nachzudenken, hatte der Knabe sich zwischen den Angreifer und seinen König geworfen und das tödliche Geschoss mit seinem eisernen Schildbuckel abgefälscht.
    Das Ergebnis seines Heldenmutes war, dass der König ihn an diesem Morgen – nach beendeter Nachtwache – zum Ritter schlagen und ihm den Treueeid abnehmen würde. Mit kaum siebzehn Jahren wäre Harold so einer der jüngsten Vasallen des englischen Königs, und die Ehre, die ihm damit zuteil wurde, jagte ihm einen Schauer der Ehrfurcht über den Rücken. Vor Aufregung und Erschöpfung bebend, ließ er den müden Blick zu dem zerschlagenen Schwert wandern, das neben seinem Kettenhemd und dem ebenfalls recht mitgenommenen Brustpanzer auf dem von einem italienischen Bischof geweihten Altarstein ruhte. Gerade malte er sich in Gedanken aus, wie wohl die neuen Waffen aussehen würden, welche der Tradition gemäß von seinem bisherigen Dienstherrn überreicht wurden, als eine von Hand geläutete Glocke den Beginn der Morgenmesse verkündete, in deren Verlauf Harold in den Ritterstand erhoben werden würde. Unendlich erschien ihm der lateinisch vorgetragene Gottesdienst, zu dem sich mehrere Hundert Schaulustige versammelt hatten, um den jungen Recken zu bewundern, der ihren Lehnsherrn vor dem sicheren Tod bewahrt hatte. Als der wortverliebte Prediger schließlich geendet hatte, trat Henry of Cirencester an Harolds Seite, um ihm einen roten Mantel um die Schultern zu legen, ihm die schwarzen Beinlinge, die den Tod symbolisierten, in die Hand zu drücken, und sowohl goldene Sporen, einen neuen Waffengürtel als auch ein prächtiges Schwert anzulegen.
    »Hiermit gebe ich dich, Harold of Huntingdon, frei«, verkündete er feierlich und trat in den Hintergrund zurück, um Richard Löwenherz Platz zu machen, der sich vor dem immer noch knienden Harold aufbaute. »Harold of Huntingdon«, begann dieser mit einem Lächeln in den grauen Augen. »Sprecht mir nach: Ich schwöre, Tapferkeit, Mut und Großzügigkeit zu meinen höchsten Tugenden zu erheben.« Mit einem kleinen Räuspern entfernte Harold den Kloß in seiner Kehle und wiederholte die Worte so laut und deutlich, dass sie auch für die in den hintersten Reihen stehenden Zuschauer gut vernehmbar waren. »Ich schwöre, Verrat und üble Taten zu meiden, meinem Lehnsherrn treu und ergeben zu dienen und den Pflichten eines christlichen Ritters ohne Einschränkungen nachzukommen.« Als auch diese Worte von der vom Meer ins Landesinnere fächelnden Brise zerstreut worden waren, trat Löwenherz auf den Knaben zu, zog das Schwert und berührte ihn damit leicht auf jeder Schulter. »Ihr dürft Euch erheben, Harold, Earl of Huntingdon.« Er machte eine kleine, bedeutungsvolle Pause. »Und Earl of Leicester.« Um ein Haar hätte Harold das Gleichgewicht verloren und wäre hintenübergekippt.

Weitere Kostenlose Bücher