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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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    »Es kann nicht mehr lange dauern, bis Ihr an der Reihe seid, Nathan«, flüsterte Curd von Stauffen dem nervös auf der Stelle tretenden Nathan ins Ohr. Die grauen Augen des Juden zuckten mit einer Mischung aus Neugier und Misstrauen durch den von Pechfackeln erleuchteten Raum, dessen schmale Fensterschlitze durch schwere Gitter geschützt wurden, bevor sie auf dem Gesicht des Tempelritters zum Ruhen kamen. Um den Mund des Ritters lag ein verärgerter Zug, der sich in der steilen Falte zwischen den beinahe schwarzen Brauen widerspiegelte. Die starken Hände des jungen Mannes lagen beherrscht an dem breiten Gürtel, der sein Templergewand zusammenhielt, und die gestrafften Schultern signalisierten Selbstbewusstsein und Stolz. Auf Bitten Rahels hatte er den Kaufherrn in die Zitadelle begleitet, in die er von einem Boten des Großwesirs beordert worden war, obgleich er nach der Geschichte, die das Mädchen ihm erzählt hatte, anfangs vor Wut gekocht hatte. Wie konnte der Mann es wagen, eine Christin in falschem Glauben zu erziehen?! Da Rahel ihn jedoch angefleht hatte, es niemandem weiterzuerzählen, hatte er schließlich eingelenkt und dem Ziehvater des Mädchens eröffnet, dass er vorhatte, sie sobald als möglich zu ehelichen und aus der Stadt zu bringen – Mitgift hin oder her. Die kleine Schwierigkeit, dass er immer noch ein Gefangener des Sultans war, gedachte er bei der heutigen Audienz aus dem Weg zu räumen.
    Wie enttäuscht war er, als sie bei ihrer Ankunft in der Festung eine scheinbar endlose Schlange von prächtig gewandeten Männern vorfanden, die augenscheinlich dieselbe Vorladung erhalten hatten wie Nathan. Über vier Stunden warteten sie bereits in der mit farbenfrohen Mosaiken geschmückten Vorhalle des Audienzsaales, und mit jedem Mann, der nach dem Treffen mit mürrischer Miene die Flügeltür durchschritt, sank Curds Zuversicht. Nach einem weiteren Öffnen und Schließen der Tür ließ er sich zum wiederholten Mal mit schmerzenden Beinen auf eine der mit dicken, purpurroten Kissen gepolsterten Bänke sinken, die die Wände säumten, nur um wenige Atemzüge später wieder aufzuspringen, als der Herold des Sultans endlich Nathans Namen verlas. Erschrocken zuckte der Angesprochene zusammen und strich sich mit der Handfläche über den dunkelblonden, von einer seidenen Kappe bedeckten Schopf. »Aber die anderen waren doch vor mir«, wunderte sich der Jude, folgte dem Aufruf jedoch ohne Zögern und betrat – gefolgt von Curd – den scheinbar endlos langen Raum, in dessen Mitte ein schmaler roter Teppich auf den erhöht stehenden Thron zuführte.
    Wie Effekt heischend!, fuhr es Curd durch den Kopf, als er neben Nathan in eine tiefe Verbeugung sank, aus der sie ein durchdringendes Händeklatschen wieder auffahren ließ. Nur langsam gewöhnten sich die Augen des Templers an die seltsame Beleuchtung, und er blinzelte irritiert, als die Gestalt, die auf dem hochlehnigen Stuhl am Kopfende des Raumes thronte, Form annahm. »Ihr seid Nathan, nicht wahr?« Zu seinem maßlosen Erstaunen war es weder der Sultan, noch der respektvoll im Hintergrund wartende Großwesir, der sie empfing, sondern die schöne Schwester Salah ad-Dins, deren saphirblaue Gewänder das glänzende Pechschwarz ihres über die Schultern fallenden Haars gekonnt hervorhoben. Mit einer eleganten Bewegung überkreuzte sie die schlanken Beine, wobei zur offenkundigen Beschämung des sittsamen Juden ein hauchdünnes Kettchen an ihrem Knöchel aufblitzte. Ein etwas zu durchsichtiger Schleier war gerade so weit vor den sinnlichen Mund gezogen, dass man die vollen Lippen erahnen konnte, und an ihren Fingern blitzten kostbar geschliffene Juwelen. Der Rest ihres Gesichtes lag im Schatten des tief in die Stirn reichenden Seidenüberwurfes. »Ich nehme an, Ihr ahnt, warum ich Euch habe rufen lassen«, stellte sie nüchtern fest, während sie mit der Rechten nach einem hölzernen Rechengerät griff, dessen dünne Scheibchen sie gelangweilt an einem Stab auf und ab schob. Mit bescheiden niedergeschlagenen Augen schüttelte der Jude den Kopf und erwiderte leise: »Nein, Prinzessin, ich habe nicht die leiseste Ahnung.« Ihr samtiges Lachen schien dem Großwesir ein Zeichen zu sein, da er – kaum war es verklungen – aus den Schatten einer Säule auf die beiden Männer zutrat und Nathan ohne viele Umschweife eröffnete:
    »Der Sultan braucht Geld für den Krieg gegen die Ungläubigen.« Der fette Bauch des frühzeitig ergrauten Staatsbeamten

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