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Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei

Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei

Titel: Schwerter-Zylus 02 - Schwerter und Teufelei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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hatte. »Ich habe dich hereinkommen hören. Du schläfst noch nicht.«
    Es hatte keinen Sinn mehr. »Du hast auch nicht geschlafen, Mutter?«
    »Wenn man alt ist, schläft man wenig.«
    Das stimmte nicht, überlegte er. Mor war nicht alt, nicht einmal nach den gnadenlosen Maßstäben der Eis-Öde. Zugleich war es doch richtig. Mor war so alt wie der Stamm, wie die Öde, wie der Tod.
    Mor sagte langsam – Fafhrd wußte, daß sie auf dem Rücken lag und nach oben starrte: »Ich bin einverstanden, daß du Mara zur Frau nimmst. Nicht erfreut, aber einverstanden. Wir brauchen hier ein paar starke Hände, solange du nur Tagträumen nachhängst und deine Gedanken wild verschießt – wie Pfeile, die nie ein Ziel finden – und solange du Schauspielerinnen und Tandwerk nachstellst. Außerdem hast du Mara ein Kind gemacht, und ihre Familie ist nicht völlig ohne Ansehen.«
    »Mara hat heute mit dir gesprochen?« fragte Fafhrd. Er versuchte, seiner Stimme nichts anmerken zu lassen, doch seine Frage kam seltsam erstickt heraus.
    »Wie es jedes gute Schneemädchen tun sollte. Nur hätte sie es mir früher sagen müssen. Und du sogar noch eher. Aber du hast doppelt und dreifach den Hang zur Geheimnistuerei von deinem Vater geerbt – ebenso wie seine Neigung, die Familie zu vernachlässigen und sich nutzlosen Abenteuern hinzugeben. Nur daß die Krankheit in dir noch schlimmere Formen annimmt.
    Seine Leidenschaft waren kalte Berggipfel, während du dich zur Zivilisation hingezogen fühlst – jener Pestbeule des heißen Südens, wo es keine natürliche Kälte zur Bestrafung der Dummen und Bequemen gibt, keine Kälte, die auf die Wahrung der Sitten achtet. Aber du wirst noch feststellen, daß es eine Hexenkälte gibt, die dir in Nehwon überallhin folgen kann. Schon einmal ist das Eis nach Süden gewandert und hat alle südlichen Länder bedeckt – zur Strafe für eine frühere sündige Zeit. Und wo das Eis einmal gewesen ist, kann die Hexerei es wieder hinschicken. Du wirst das noch erkennen und deine Krankheit überwinden – oder du wirst Erfahrungen machen müssen, wie sie auch dein Vater gemacht hat.«
    Fafhrd versuchte, die Beschuldigung des Gattenmordes vorzubringen, die ihm heute morgen so leicht über die Lippen gekommen war, doch die Worte blieben ihm – nicht in der Kehle, sondern schon im Gehirn stecken, über das er plötzlich nicht mehr allein zu befehlen schien.
    Mor hatte schon vor langer Zeit sein Herz erstarren lassen. Jetzt ließ sie auch in seinen geheimsten Gedanken Kristalle erstehen, die alles verzerrten und ihn daran hinderten, die Waffe nüchtern erfüllter Pflichten und kühlen Verstandes gegen sie einzusetzen, die ihm bisher seine Eigenständigkeit bewahrt hatten. Er hatte das Gefühl, als wollte ihn der ganze Kosmos auf ewig umschließen – eine Welt, in der die Starrheit des Eises identisch war mit der Starrheit der Moral und der Starrheit aller Gedanken.
    Als fühlte sie ihren Sieg und gestattete sich ein wenig Freude darüber, sagte Mor im gleichen monotonen, nachdenklichen Tonfall: »Aye, dein Vater bereut inzwischen den Grand Hanack, die Weiße Klippe, die Eiskönigin und alle seine anderen Berglieben. Sie können ihm nicht mehr helfen. Sie haben ihn vergessen. Endlos starrt er aus augenlosen Höhlen zu dem Heim auf, das er verschmähte und sich jetzt ersehnt, das jetzt so nahe und doch so unerreichbar fern ist. Seine Fingerknochen scharren schwach in der gefrorenen Erde, er versucht sich vergeblich unter ihrem Gewicht zu regen ...«
    Fafhrd hörte ein leises Kratzen; vielleicht bewegte sich ein vereister Ast am Zeltleder, doch seine Haare richteten sich auf. Als er hochfahren wollte, stellte er fest, daß er sich nicht rühren konnte. Die Schwärze war wie eine gewaltige Last.
    Er fragte sich im ersten Augenblick, ob ihn Mor etwa neben seinen Vater unter die Erde gezaubert hatte. Und doch bedrückte ihn ein Gewicht, das größer war als acht Fuß frostharter Erde. Es war das Gewicht der gesamten tödlichen Eis-Öde, der Tabus und Verachtung und Engstirnigkeit des Schnee-Clans, der Piratengier und Beutelust Hringorls, es war die Last Maras fröhlicher Selbstaufgabe und ihres wachen, doch halbblinden Geistes, und es war vor allem Mor mit Fingerspitzen voller Eiskristalle, die sie zu einem Zauberbann verwob.
    Und dann dachte er an Vlana.
    Vielleicht war es dieser Gedanke, der die Befreiung brachte. Vielleicht kroch ein Stern über den schmalen Rauchabzug des Zeltes und schickte seinen winzigen

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