Schwerter-Zylus 03 - Schwerter im Nebel
Vogelkäfigen hindurchbückte. Dann fummelte er an einem Kästchen herum. Vier Paar Augen folgten seinen Bewegungen. Als er zurückkehrte, hielt er etwas Schimmerndes in der Hand. Er setzte es in der Mitte des Tisches ab.
»Da«, sagte er und trat etwas zurück. »Ich sagte dir ja, der Stein steht einer Königin gut an – und das stimmt ja wohl auch.«
Atemlose Stille herrschte in dem Zimmer. Die beiden Diebe hinter den Wandbehängen beugten sich gierig vor, lösten lautlos die Verschnürung der Säcke und ließen ihre Füße wie Katzenpfoten über den blanken Boden streichen.
Der Mausling schwenkte die Angelleine durch das Dachfenster, mied vorsichtig jeden Kontakt mit den Ketten der Käfige und ließ die Klaue absinken, bis sie über der Mitte des Tisches hing wie eine Spinne, die sich auf einen ahnungslosen Käfer stürzen will.
Atya hatte die Augen aufgerissen. Neue Würde, neues Selbstvertrauen spiegelte sich in Muulshs Haltung. Das Juwel glitzerte wie ein dicker, durchsichtiger Blutstropfen.
Die beiden Diebe rüsteten sich zum Sprung. Der Mausling bewegte vorsichtig die Leine und peilte sein Ziel an, ehe er die Klaue fallen ließ. Atya streckte begierig den Arm aus und näherte sich dem Tisch.
Doch alle diese Vorbereitungen wurden auf einen Schlag unterbrochen.
Es erklang das Surren von Flügeln. Ein tintenschwarzer Vogel, kaum größer als eine Krähe, flatterte durch ein Seitenfenster herein und kam in den Raum gesegelt wie ein Stück Schwärze, das sich von der Nacht draußen gelöst hatte. Beim Aufprall rissen seine tiefen Krallen armlange Kratzer in die Tischplatte. Dann neigte der Eindringling den Kopf, stieß ein lautes, widerhallendes Krächzen aus und stürzte sich auf Atya.
Ein unvorstellbares Chaos brach aus. Die präparierte Klaue wurde auf halbem Wege gestoppt. Die beiden Diebe versuchten mühsam das Gleichgewicht zu halten, um nicht gesehen zu werden. Muulsh schwang die Arme und brüllte: »Husch! Husch!« Atya brach zusammen.
Der schwarze Vogel schwebte dicht an der Frau vorbei, wobei seine Flügel an den silbernen Käfigen entlangstrichen, und entschwand in der Nacht.
Wieder herrschte Schweigen. Die kleinen Singvögel waren durch das Eindringen ihres diebischen Artgenossen völlig verschreckt. Die Angelschnur verschwand durch das Deckenfenster nach oben. Die beiden Diebe bewegten sich hinter den Vorhängen und schlichen lautlos auf eine Tür zu. Ihre verwirrten und angstvollen Blicke wichen professionellem Bedauern.
Atya kniete am Boden, die zierlichen Hände vor das Gesicht gepreßt. Ein Schaudern lief über Muulshs massigen Körper, und er eilte auf sie zu.
»Hat es ... hat es dich ... verletzt? Dein Gesicht! Das Biest hat nach dir geschlagen.«
Atya ließ die Hände sinken und enthüllte ein unversehrtes Gesicht. Sie starrte ihren Mann an. Übergangslos wurde das Starren zu einem wutentbrannten Blick, zu einem überschäumenden Kessel der Gefühle.
»Du nutzloser Dummkopf!« schrillte sie. »Wenn es nach dir ginge, hätte mir das Ungeheuer ein Auge auspicken können! Warum hast du nichts getan! Husch! Husch! hast du geschrien, als das Biest nach mir hackte, und der Edelstein ist für immer verloren! Oh, du armseliger Waschlappen!«
Sie fuhr hoch und zog mit entschlossener Miene einen Schuh vom Fuß. Muulsh trat protestierend den Rückzug an und wurde von den Vogelkäfigen gestoppt.
Ein hingeworfener Mantel kennzeichnete die Stelle, an der sich der Graue Mausling von seinem Freund getrennt hatte. Er eilte an die Dachkante und entdeckte Fafhrds riesige Gestalt auf den Dächern des benachbarten Lagerhauses. Der Barbar starrte in den mondhellen Himmel. Der Mausling nahm den Umhang auf und sprang über die schmale Gasse auf das nächste Dach.
Als der Mausling seinen Freund erreichte, grinste Fafhrd zufrieden, und seine weißen Zähne blitzten in der Dunkelheit. Seine Körpergröße und das metallbesetzte Leder, das er um Arme und Hüfte trug, paßten ebensowenig in das zivilisierte Lankhmar wie sein langes kupferfarbiges Haar, sein lebhaftes Gesicht und seine bleiche Nordlingshaut, die im Mondlicht gespenstisch schimmerte. Auf seinem schweren Lederhandschuh saß ein Adler mit weißer Kappe, der dann und wann seine Federn aufstellte und ein gurgelndes Geräusch von sich gab, als der Mausling näherkam.
»Nun sag mir bloß, ich könnte bei Vollmond nicht mit dem Adler jagen«, rief er freudig aus. »Ich weiß nicht, was da in dem Zimmer geschehen ist oder ob du Glück gehabt
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